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Demonstration in Stockholm: Proteste gegen Handke bei Nobelpreisverleihung


Proteste gegen Handke bei Nobelpreisverleihung

Von dpa
Aktualisiert am 10.12.2019Lesedauer: 3 Min.
Peter Handke (l) erhΓ€lt den Nobelpreis von KΓΆnig Carl XVI.
Peter Handke (l) erhΓ€lt den Nobelpreis von KΓΆnig Carl XVI. Gustaf von Schweden in der Konzerthalle in Stockholm. (Quelle: Henrik Montgomery/TT NEWS AGENCY/AP/dpa./dpa)
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Stockholm (dpa) - Begleitet von Protesten ist der ΓΆsterreichische Schriftsteller Peter Handke in Stockholm mit dem diesjΓ€hrigen Literaturnobelpreis ausgezeichnet worden.

Neben ihm nahmen am Dienstag auch die polnische Autorin und PreistrÀgerin für das Jahr 2018, Olga Tokarczuk, sowie zwâlf Wissenschaftler in den Kategorien Medizin, Physik, Chemie und Wirtschaft ihre Nobelmedaillen und -diplome bei einer feierlichen Zeremonie im Stockholmer Konzerthaus entgegen. Zeitgleich zum anschließenden Nobelbankett wurde auf dem nahegelegenen Norrmalmstorg gegen die Vergabe an Handke wegen dessen umstrittener Positionierung im Jugoslawien-Konflikt protestiert.

Der Vorsitzende des Nobelkomitees, Anders Olsson, ließ die Kontroverse in seiner Laudatio auf Handke unerwÀhnt. Als Schwedens Kânig Carl XVI. Gustaf die Auszeichnung überreichte, gab es aus dem Publikum hâflichen Applaus und keine Pfiffe. Die Akademie hatte ihre Entscheidung für Handke im Vorfeld vehement verteidigt. Man müsse zwischen der Person und ihrem literarischen Werk unterscheiden, hatte sie erklÀrt.

Handke hatte sich im Jugoslawien-Konflikt stark mit Serbien solidarisiert und nach Ansicht von Kritikern die von Serben begangenen Kriegsverbrechen bagatellisiert oder geleugnet. 2006 hielt er bei der Beerdigung des sechs Jahre zuvor gestΓΌrzten serbischen FΓΌhrers Slobodan Milosevic eine Rede. Dass die Schwedische Akademie ausgerechnet ihn auszeichnete, erzΓΌrnte nicht nur Organisationen wie die MΓΌtter von Srebrenica und die Gesellschaft fΓΌr bedrohte VΓΆlker. Staaten wie das EU-Land Kroatien und die TΓΌrkei verzichteten aus Protest gegen Handke auf die Teilnahme ihrer Botschafter an der Preisverleihung.

Zum abendlichen Protest auf dem Norrmalmstorg, auf dem bereits zu Balkankriegszeiten Kundgebungen gegen den Konflikt abgehalten worden waren, kamen nach SchΓ€tzungen der Polizei zunΓ€chst etwa 400 Teilnehmer. "Handkes Literatur schreibt die Geschichte um, er stellt einen Genozid infrage, der bewiesen worden ist", sagte eine der Initiatorinnen, Teufika Sabanovic, der Deutschen Presse-Agentur. Sie glaube nicht daran, dass sich Handke eines Tages doch noch bei den VΓΆlkermordopfern entschuldigen werde. Handke habe bereits auf der Pressekonferenz in der Schwedischen Akademie eine goldene Gelegenheit verstreichen lassen, auf Fragen zu seiner Haltung zum Jugoslawien-Konflikt angemessen zu antworten, sagte Sabanovic.

Auf der Demonstration sagte die Teilnehmerin Halima Subasic, sie sei zu dem Protest gekommen, um ihre SolidaritÀt mit den Vâlkermordopfern zu zeigen. "Man kann das alles nicht vereinfachen und bloß sagen, man müsse zwischen Literatur und der Person unterscheiden."

Bereits am Vormittag hatten Demonstranten schwedischen Medienberichten zufolge direkt vor dem Konzerthaus ein Transparent in die HΓΆhe gehalten, auf dem Handke aufgefordert wurde, bei den Opfern des VΓΆlkermords von Srebrenica um Entschuldigung zu bitten.

"Wie kΓΆnnt ihr es wagen, Peter Handke den Nobelpreis zu geben?", fragte auch der Theaterregisseur und Schriftsteller Jasenko Selimovic, der 1992 als FlΓΌchtling aus Sarajevo nach Schweden gekommen war, in einem Meinungsbeitrag in der schwedischen Zeitung "Dagens Nyheter". Den Leugner eines VΓΆlkermords mit der Auszeichnung zu belohnen, sorge auch dafΓΌr, dass die Geschichte revidiert werde. "Der Beschluss wird die Schwedische Akademie auf ewig verfolgen." Der tΓΌrkische PrΓ€sident Recep Tayyip Erdogan meldete sich am Dienstag ebenfalls zu Wort und bezeichnete Handke als "rassistische Person" und "MΓΆrder".

Der Zerfall Jugoslawiens zu Beginn der 1990er Jahre war mit Àußerst blutigen Kriegen zwischen Serbien und anderen Nachfolgestaaten einhergegangen. Allein in Bosnien gab es 100 000 Tote und zwei Millionen Vertriebene. Auch wenn alle Seiten Kriegsverbrechen begingen, belegen Erkenntnisse der Zeitgeschichtsforschung sowie die Rechtssprechung des Internationalen Jugoslawien-Tribunals in Den Haag, dass die Kriege von Milosevic geplant und initiiert wurden und dass die meisten und schwersten GrÀuel auf dessen Konto gingen.

Die Wahl der weiteren diesjΓ€hrigen NobelpreistrΓ€ger war ΓΌberwiegend gelobt worden, auch die des FriedensnobelpreistrΓ€gers Abiy Ahmed. Der Γ€thiopische MinisterprΓ€sident hatte seinen Nobelpreis am Dienstag zuvor bereits auf einer Verleihung in Oslo ΓΌberreicht bekommen. Der Literaturnobelpreis war 2018 wegen eines Skandals ausgefallen, deshalb gab es in diesem Jahr zwei PreistrΓ€ger: Olga Tokarczuk fΓΌr 2018 und Handke fΓΌr 2019.

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