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Maria Furtwängler zur Frauenquote: "Ich weiß nicht, warum wir uns da so schwertun"


Über Frauenquote
Maria Furtwängler: "Ich weiß nicht, warum wir uns so schwertun"

InterviewVon Maria Bode

17.03.2021Lesedauer: 6 Min.
Interview
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Maria Furtwängler: Die Schauspielerin und Produzentin macht sich für feministische Themen stark.Vergrößern des Bildes
Maria Furtwängler: Die Schauspielerin und Produzentin macht sich für feministische Themen stark. (Quelle: IMAGO / Metodi Popow)

Als seriöse "Tatort"-Kommissarin ist sie besonders bekannt. Jetzt zeigt sich Maria Furtwängler in einer komödiantischen Rolle. Darüber und über den mühsamen Weg zur Gleichberechtigung spricht sie im Interview.

Chaotischer Dutt, Leoleggings, viel Pink und Glitzer – in der zweiten Staffel der Serie "Ausgebremst" spielt Maria Furtwängler eine Frau, die nicht nur optisch, sondern auch vom Charakter her das krasse Gegenteil zu ihrer bekanntesten Rolle, der "Tatort"-Kommissarin Charlotte Lindholm, ist. Das zu großen Teilen improvisierte Comedyformat spielt mit gesellschaftlichen Themen wie dem Feminismus.

Was sie als Feministin antreibt und weshalb sie sich für die Frauenquote einsetzt, erklärt Furtwängler unter anderem im Interview mit t-online.

t-online: Frau Furtwängler, die Filmbranche hat sich inzwischen gut an die Bedingungen der Corona-Pandemie angepasst. Leiden Sie beruflich noch darunter?

Maria Furtwängler: Kaum. Ich habe verschiedene Filme mit den Corona-Hygiene-Maßnahmen gedreht. Und meine Produktionsfirma Atalante hat die Krise sogar zum zweiten Mal zum Gegenstand eines zeitgemäßen Storytellings gemacht und eine zweite Staffel unserer im ersten Lockdown gedrehten Serie "Ausgebremst" auf den Weg gebracht. Das wäre ohne die tolle Kooperation mit den Sendern TNT und NDR nicht möglich gewesen.

Sie haben die Krise also genutzt?

Die Bedingungen sind einschränkend, aber die Film- und Fernsehbranche hat das Beste daraus gemacht. Viel schlimmer ist die Situation für die Künstlerinnen und Künstler, die auf Livedarbietungen angewiesen sind. Sie sind hart getroffen. Zum Beispiel eine Liveperformerin wie Carolin Kebekus, die wir als Gast bei "Ausgebremst" gewinnen konnten. Für sie und die Crew, die an solchen Liveprogrammen dranhängt, herrscht absoluter Stillstand. Wir, die Macherinnen und Macher von "Ausgebremst", unterstützen deshalb von der Krise betroffene Kunst- und Kulturschaffende.

Die meisten Menschen kennen Sie durch den "Tatort" als ernsthafte, souveräne und intellektuelle Kommissarin Charlotte Lindholm. Beate Harzer ist das Gegenteil: überzeichnet, chaotisch, verzweifelt, depressiv.

Ich mag Beate und ich liebe es, sie zu spielen. Beate hat eine gewisse Hysterie, eine Naivität und eine Selbstüberschätzung, aber sie hat auch ihre Qualitäten. Zudem gibt die Tatsache, dass vieles improvisiert ist, eine ganz andere schauspielerische Freiheit.

Ist eine improvisierte Rolle leichter oder schwieriger zu spielen als eine auswendig gelernte?

Interessanterweise ist es oft so, dass Leute glauben, man müsste sich bei Improvisationsstücken nicht groß vorbereiten, keinen Text lernen. Das ist ein Irrtum. Man muss die Figur sogar genauer kennen, um dann spontan aus der Figur heraus reagieren zu können. Das ist herausfordernd, macht aber auch Riesenspaß. Auch die Kolleginnen und Kollegen haben mich immer wieder überrascht, mit Dingen und Ideen, die sie sich ausgedacht hatten. Das war wunderbar und eine ganz andere Art der kreativen Arbeit.

Bei "Ausgebremst" wirken viele bekannte Namen mit: Jan Josef Liefers, Rosalie Thomass oder Axel Milberg beispielsweise.

Ja, zu meiner großen Freude. Bei anderen Projekten ist es schon mal so, dass man 20 Kolleginnen und Kollegen ansprechen muss, damit eine oder einer mitmacht. Hier gab es überall ein ganz schnelles "ja". Das zeigt auch, dass das Solidaritätsgefühl unter Schauspielerinnen und Schauspielern während der Corona-Zeit gewachsen ist. Allen ist klar, dass es eine besondere Zeit ist. Die Bereitschaft, unbürokratisch mitzumachen und zudem auf die Situation von Kulturschaffenden hinzuweisen, war riesig.

"Ausgebremst" spielt auch mit feministischen Themen. Sie sind Feministin und setzen sich proaktiv für die Frauenquote ein. Warum?

Indem man Frauen endlich auch in bisherige Männerdomänen reinlässt, werden sie gehört und bringen neue Impulse ein. Wir leben immer noch in einer Welt, in der die meisten Strukturen – ob in Unternehmen oder Politik –, die über unser Leben entscheiden, zu einer schlicht nicht plausiblen Mehrheit von Männern geführt werden. Männer also, die auch darüber bestimmen, wie das Leben von Frauen, Müttern und Kindern zu sein hat. Es kann nicht sein, dass wir da bei Weitem immer noch nicht paritätisch mit am Tisch sitzen. Ich hatte neulich ein Aha-Erlebnis …

… erzählen Sie!

Ich habe im Internet ein Bild mit Kamala Harris und den ihr vorangegangenen US-Vizepräsidenten gesehen. Kein einziger dieser 50 Herren musste sich zuvor gegen eine Frau durchsetzen, nicht ein einziger musste beweisen, dass er besser ist als eine talentierte Frau. Ganz offensichtlich hat es hier eine Männerquote gegeben – und zwar von 100 Prozent. Doch niemand hat sie benannt, geschweige denn in Frage gestellt. Weder die Männer noch wir Frauen. Ich weiß nicht, warum wir uns da so schwertun. Das müssen wir uns bewusst machen, wenn wir Hemmungen haben die Quote zu fordern, wenn junge Frauen sagen, ich will keine Quote, es soll nur die Qualität ausschlaggebend sein. Aber war denn die Qualität ausschlaggebend bei den 50 Herren Vizepräsidenten? Die Beharrlichkeit, mit der wir Menschen auf das Altbekannte zurückzugreifen, ist zu stark. Wir brauchen die Quote.

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Geht es Ihnen in Sachen Gleichberechtigung zu langsam voran?

Wenn wir das aktuelle Tempo beibehalten, leben wir erst in 258 Jahren in einer gleichberechtigten Welt. So lange wollen die meisten von uns nicht warten. Dass Veränderungen Zeit brauchen, muss man in Kauf nehmen. Doch es gibt Dinge, die sind zu keiner Zeit hinnehmbar.

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Welche?

Zuvorderst: Gewalt gegen Frauen. In Deutschland wird jeden dritten Tag eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner umgebracht. Die zahllosen Misshandlungen sind da nicht eingerechnet. Auch was Frauen, die sich in die Öffentlichkeit wagen, im Internet passiert oder droht, ist unzumutbar. Viele Frauen ziehen sich deshalb zurück – auch Politikerinnen oder Aktivistinnen, weil sie Erniedrigung und Gewaltandrohung im Netz nicht ertragen.

Ist das auch der Grund, warum Sie in den sozialen Netzwerken kaum präsent sind?

Ich bin einfach kein Digital Native. Das ist nicht meine Welt. Ich werfe mir das auch immer wieder vor und denke, ich sollte da mehr tun. Also nein: Die grassierende Belästigung im Netz hat nichts mit meiner Passivität zu tun. Es liegt nur an meiner Faulheit.

Was treibt Sie als Feministin an?

Ich reagiere sehr stark auf Ungerechtigkeit und habe besonders das Gefühl, dass ich mich engagieren muss, wenn es dabei um Frauen geht. Jüngere Frauen meinen häufig, sie hätten alle Möglichkeiten, keine Probleme und Feminismus sei Quatsch. Aber dann werden sie älter, bekommen Kinder und stellen fest: "Hoppla, jetzt merke ich den Unterschied."

Inwiefern?

Unter meinen Freundinnen habe ich sehr talentierte Frauen, die Top-Jobs haben. Der Mann hat aber auch einen Top-Job. Und beim Homeschooling in der Pandemie ist ganz klar, wer letztlich zu Hause bleibt: die Frau. Die Frauen müssen zusehen, dass alles läuft. Und zwar vollkommen unabhängig davon, in welcher sozialen Schicht sich das abspielt. Wir haben das Thema übrigens auch bei "Ausgebremst" eingebaut. Rosalie Thomass hatte eigentlich gar keine Zeit, hat dann aber doch die Rolle einer Direktorin mit Kindern im Homeoffice übernommen. Die wollte sie unbedingt spielen. Und sie hat es hinreißend gemacht. Mir war diese Thematik auch im Sinne der Solidarität unter Frauen und der Diversität wichtig.

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Warum?

Ich achte in meinen Produktionen gezielt auf Diversität. Geschlechterdiversität natürlich, aber auch jede weitere Diversität. Komödie und Satire darf ja im Grunde alles. Aber: Was wir uns so vorstellen und ganz lustig finden, ist es möglicherweise aus der Perspektive von jemandem, der mit migrantischem Hintergrund in Deutschland lebt, überhaupt nicht. Im Gegenteil. Vielleicht ist es sogar der falsche Weg, etwas zu erzählen. Wir dürfen nicht nur unsere Arme öffnen und einladen, sondern wir müssen auch wirklich zuhören, wenn die Einladung angenommen wird. Ich denke zu oft, ich weiß Bescheid. Aber: Ich habe keinen blassen Schimmer was es bedeutet, etwa wegen Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert zu werden, denn es ist schlicht nicht meine Lebensrealität.

Die zweite Staffel der Miniserie "Ausgebremst" mit dem Untertitel "Der 50. Geburtstag" läuft am 20. März 2021 auf TNT Comedy. Ab 18.35 Uhr sind dort alle sechs Folgen nacheinander zu sehen.

Wie auch schon bei der ersten Staffel gehen die Einnahmen an die KunstNothilfe, die im vergangenen Jahr zu Beginn der Corona-Krise ins Leben gerufen wurde, um die Kunst- und Kulturschaffenden zu unterstützen, die aufgrund der Pandemie gar nicht mehr oder nur noch in kaum Lebensgrundlagen sichernder Form ihrem Beruf nachgehen können.

Verwendete Quellen
  • telefonisches Interview mit Maria Furtwängler
  • Vorabsichtung von "Ausgebremst – Der 50. Geburtstag"
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