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Holger Stromberg: Starkoch servierte DFB-Team veganes Essen


"Dann war Ruhe im Salon"
Starkoch Holger Stromberg servierte DFB-Team veganes Essen

InterviewVon Sebastian Berning

10.08.2022Lesedauer: 6 Min.
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Holger Stormberg bekochte auch Thomas Müller.Vergrößern des Bildes
Holger Stormberg bekochte auch Thomas Müller. (Quelle: imago images / Collage t-online)

Der Nationalmannschaft wurde stets Fleisch serviert. Doch dann bekochte Stromberg die Fußballer auf einmal vegan. Das kam nicht bei allen gut an.

Lange dachte man, man müsse Fleisch essen, um groß und stark zu werden. Besonders Sportler müssten doch Fisch, Rind und Hühnchen auf dem Teller haben, um Spitzenleistungen erzielen zu können. Dass dem nicht so ist, hat Sternekoch Holger Stromberg bewiesen. Der kochte nämlich nicht nur im "ZDF-Fernsehgarten" oder bei "Punkt 12", sondern von 2007 bis 2017 auch für die deutsche Fußballnationalmannschaft. Es gab oft Gemüse, es gab sogar vegane Kost und nicht nur Thomas Müller ließ sich dafür begeistern, wie Stromberg sich erinnert.

Der Koch hat gerade ein neues Buch veröffentlicht, "Zukunft kochen". Dieses soll dem Leser eine "planetengesunde Ernährung" schmackhaft machen. Also weg von CO2-Treibern wie Fleisch, hin zu gesunden und umweltfreundlichen Alternativen. Ein Ansatz, den er schon bei seiner Zeit mit der Nationalmannschaft verfolge, wie er verrät. Dass das Fernsehen dies allerdings noch nicht verstanden hat, ist für ihn nicht nachvollziehbar.

t-online: Sie kochen meist vegetarisch oder vegan. Wie nahm die Nationalmannschaft Ihren Speiseplan auf?

Holger Stromberg: Ich habe mir das nicht ausgesucht, sondern bin durch Zufall an eine Zielgruppe geraten, die vor Kraft strotzt. Die Spieler waren super sportlich und hatten keine Gewichtsprobleme. Ich wollte die Mannschaft mit fleischlosem, vegetarischem und veganem Essen begeistern.

Ist Ihnen das bei den Kickern gelungen?

In den zehn Jahren, die ich für die Spieler gekocht habe, konnte ich nicht alle, aber sicherlich die meisten kulinarisch begeistern. Ich habe die erste vegane Buffetmahlzeit bei der Mannschaft eingeführt.

Aber das war nicht Ihre erste Amtshandlung, als Sie 2007 zum DFB-Koch wurden, oder?

Nein, da war ich schon gut drei Jahre dabei. Vorher hätte ich mich das nicht getraut (lacht). Das erste Mal, dass ich veganes Essen angeboten habe, werde ich nie vergessen: Das war in Frankfurt und ich hatte zittrige Knie. Die Spieler hätten hereinkommen und sich darüber beschweren können, was ich ihnen serviere.

Wie haben sie reagiert?

Nun, es war keine Highlight-Stimmung. Aber irgendwann während des Essens kam Thomas Müller zu mir und sagte: "Ach, heute mal vegan, cool. Dann mach mir doch mal ein Tellerchen, wie du denkst." Ein paar Minuten später kam er wieder und meinte, ich solle noch einen machen. Es schmecke besser, als er gedacht habe. Und das hat er so laut gesagt und dann war Ruhe im Salon.

Waren nach Thomas Müller alle begeistert oder gab es auch welche, die sich dagegen aufgelehnt haben?

Natürlich wollten einige Spieler gerne auch Fleisch essen, aber im Grunde kam das gut an. Es waren eher andere Mitarbeiter und Betreuer, die nicht ganz so begeistert waren. Es gab also nicht nur Applaus, aber ich wollte in puncto Ernährung etwas umstellen. Man kann auch nicht immer denselben Fußball spielen. Oliver Bierhoff hat sogar mal gesagt, ich müsste immer wieder Reizpunkte setzen und was anderes probieren.

Aber Fleisch gab es noch?

Natürlich, aber ich habe versucht, den Fleisch- wie generell tierischen Konsum deutlich zu reduzieren. Besonders bei der WM in Brasilien. Dort war es unerwartet schwer, immer qualitativ hochwertiges Fleisch oder Geflügel zu bekommen. Das unterstützte meinen Plan.

Inwiefern?

Es gab hauptsächlich Gemüse, Früchte, Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide und Reis. Auch mal Fisch, aber nur sehr wenig Fleisch, keinerlei Wurst- und so gut wie keine Milchprodukte.

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Das ist auch der Ansatz Ihres neuen Buches: "Zukunft kochen: Kreativ kochen, gesund genießen, nichts verschwenden". Zum Kochen gehört natürlich auch der Einkauf. Können Verbraucher im Supermarkt überhaupt alles verstehen und richtig machen?

Die Gesellschaft wird mit Nahrungsmittel-Verwirrungstaktik konfrontiert. Es kommen immer mehr Produkte immer schneller auf den Markt. Es gibt immer mehr Tabellen, Siegel, Labels und andere Sprüche auf den Verpackungen. Aber mit dieser Flut an Informationen wird das Wichtigste meist verfehlt – Orientierung!

Woran kann man sich orientieren, um mit gutem Gewissen Lebensmittel zu kaufen?

Ich empfehle einen Schritt, der bereits vor dem Gang in den Supermarkt kommt. Es ist lohnenswert, sich zu Hause mit dem Thema Zutaten auseinandersetzen. Was liegt da in meinem Warenkorb? Zeitgleich die Ziele der eigenen Ernährung zu hinterfragen sowie die Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Budget oder Zeit zur Zubereitung und Arbeitsalltag. Orientierung für die Antworten auf Fragen und hin zu Lösungen findet man durch Bücher wie meines. Aber auch durch den Austausch mit Freunden, Familie oder Experten. Mit ein wenig Recherche, die man einmal und nur von Zeit zu Zeit mal machen sollte, geht man gezielter in den Laden.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie planetengesund eingekauft haben?

Zehn Jahre.

Das ist lang.

Aber ich bin ein Pionier. Ich möchte den Menschen helfen, dass sie nicht so lange brauchen. Wir haben zudem ein Klimaziel und das müssen wir erreichen. Nahrungsmittel sind ein wichtiger Faktor, um CO2 zu reduzieren. Ganz offen: Wir haben diese zehn Jahre, die ich zum Orientieren gebraucht habe, nicht mehr. Wir brauchen jetzt schnelle Lösungen, müssen ins Tun kommen, um bessere Gewohnheiten zu etablieren.

Wie lange würde ich brauchen, um mir dieses Wissen anzueignen?

Man kann sich heute viel besser informieren als damals. Ich gehe so weit: In konzentrierten acht Stunden erstellen Sie einen nachhaltigen Einkaufszettel und wissen, was gut oder weniger gut ist.

Wäre dieser Nachhaltigkeitsaspekt für Kochshows im TV nicht super?

Ich verstehe auch nicht, warum es das nicht gibt. Vor ein paar Monaten habe ich mit einem Entertainment-Manager gesprochen und der hat mich das auch gefragt. Am Ende des Tages wird es so was bestimmt geben. Vermutlich aber leider von Protagonisten vorgetragen, die das überhaupt nicht in ihrer Seele tragen. Sondern es werden Kollegen engagiert, die man kennt, weil sie oft im Fernsehen zu sehen sind. Ich habe in einem Kochduell bei Vox mitgemacht und hätte das am liebsten mittendrin abgebrochen ...

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Warum?

Ich habe von Kind auf gelernt, dass man mit Essen nicht spielt. Und das habe ich auch immer allen gesagt. Im "ZDF-Fernsehgarten" konnte ich immer machen, was ich wollte und Themen ansprechen, die ich als wichtig erachte. Das war toll. Auch "Punkt 12" war eine super Sache, aber da musste ich oft zeitliche Kompromisse eingehen. Zum Erreichen der Nachhaltigkeitsziele sind Motivation, Verständnis und ganz wichtig Teamwork entscheidend. Wir alle entscheiden mit unserer Auswahl beim Essen heute über das Klima von morgen.

Halten Sie also an einem nachhaltigen Showkonzept fest?

Ja, das wäre etwas, worin ich großen Mehrwert sehe. Aber eben nicht wie üblich, nur um die Leute nur zu bespaßen, sondern auch um Wissen zu vermitteln. Also nicht nur Entertainment, sondern Infotainment. Ich habe oft das Gefühl, dass die Sendelandschaft es scheinbar nicht hinkriegt, dieses wichtige Thema so zu verpacken, dass es den Leuten Spaß macht.

Sprechen Sie darüber mit Produzenten?

Ja, bereits sehr oft. Aber ich habe es aufgegeben, Menschen hinterherzulaufen. Ich muss mich nicht im Fernsehen sehen. Ich finde nur, dass solche Sendungen fehlen und deswegen biete ich meine Unterstützung an. Es würde dem Planeten sowie den Menschen deutlich helfen, wenn man sie mit Ernährungssendungen an die Hand nimmt, das notwendige Wissen vermittelt.

Sie meinen, die meisten Kochshows im deutschen Fernsehen seien gar nicht dafür da, um den Leuten das Kochen näherzubringen?

Es gibt die eine oder andere Ausnahme, bei der ich sage, dass es anders ist. "Kitchen Impossible" finde ich eine sehr tolle Sendung.

Warum gerade dieses Format?

Weil man da was über die Küche verschiedener Länder lernt. Man sieht, dass auch ein Sternekoch die einfachsten Dinge nicht beherrschen kann. Und das finde ich sehr ehrlich und sehr gut. Aber es hilft nicht bei dem Thema, zu dem ich ein Buch geschrieben haben. Es gibt schon das eine oder andere Sendeformat, das sehr gut ist. Aber konsequent eine Sendung zur Primetime zu machen, fehlt. Das muss sich ändern.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview mit Holger Stromberg
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