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Tatort "Amour fou" in Berlin: Verbrannt an der freien Liebe?


"Amour fou" in Berlin-Neukölln
Die Illusion von der freien Gesellschaft

von Verena Maria Dittrich

Aktualisiert am 06.06.2017Lesedauer: 2 Min.
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Die Berliner Kommissare Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) sind sich fremd.Vergrößern des Bildes
Die Berliner Kommissare Rubin (Meret Becker) und Karow (Mark Waschke) sind sich fremd. (Quelle: rbb/Andrea Hansen)

Ein Lehrer, der sich für Migrantenkinder einsetzt, wird ermordet. Seine Leiche liegt verkohlt in einer Berliner Datsche. Rubin und Karow ermitteln im Umfeld des Getöteten und stoßen schnell auf ein mögliches Motiv: Der Lehrer war schwul.

Die Hauptstadt erwacht. Die Straßenzüge muten verklebt an. Bewohner, die wie blasse Abziehbilder ihrer selbst wirken, streifen durch die Gassen. Eine von ihnen ist Nina Rubin (Meret Becker), die Kommissarin hatte Nachtschicht. Ihr Familienleben leidet unter dem Job, doch Rubin liebt und braucht den Moloch.

Im Puls der unförmigen und dreckigen Stadt fühlt sie sich lebendig. Ein Leben im Strom der modernen Zivilisation, ein Leben, das dem Lehrer, Enno Schopper entrissen wurde. Seine verbrannten Überreste bilden den Auftakt zum Berliner "Tatort: Amour fou", einer verschmutzten, rauen Parabel auf die Stadt an der Spree und die Illusion eines freien vorurteilslosen Zusammenlebens.

Enno arbeitete an einer Neuköllner Gesamtschule. Er wollte den überwiegend von Migrationshintergrund geprägten Kindern eine Zukunft aufzeigen. Allen voran seinem Ziehsohn Duran (Justus Johanssen), ein Junge, den Enno und sein Ehemann Armin (Jens Harzer) dabei erwischten, wie er mit seinen Kumpels sein Auto anzündete. "Erst die Schwuchtelkarre, dann die Schwuchtel", stand in der Schule an den Wänden.

Für Enno und seinen Mann ist Liebe nicht nur ein Wort, sie wird gelebt. Der Lehrer machte aus seinem Privatleben kein Geheimnis. Warum auch? Schwulsein sollte in unserer modernen Zeit kein Thema mehr sein. Ist es aber. Und das liegt nicht nur an den antiquierten Ansichten einiger Kulturen. Denn unsere freiheitsliebende Gesellschaft ist homophober, als sie es sich selbst eingestehen möchte.

Die Angst vor dem System

Rubins Partner Karow (Mark Waschke) ermittelt unterdessen auf seine eigene Art: Erst kippt er mit dem Witwer des Lehrers in einer Bar ein paar Drinks, dann schlägt er bei ihm zu Hause auf, inklusive Übernachtung. Sexuelle Schwingungen liegen in der Luft.

Kollegin Rubin kann Karows Verhallten nicht einordnen. Die beiden Beamten sind sich fremd. Das Gefühl aus Furcht liegt wie eine klebrige Decke über allen: über den Jungs, die Schwule klatschen wollen, über dem Mädchen Jasna (Lisa Vicari), das Durans Kind in sich trägt und über Ennos Ehemann Armin, der nicht weiß, wem er sich anvertrauen kann.

Diese Furcht kulminiert, als sich herausstellt, dass Enno Schopper noch lebt. Der verbrannte Tote entpuppt sich als Durans Vater, der seinen Sohn aus der, in seinen Augen unnatürlichen Beziehung zu dem schwulen Ehepaar befreien wollte. Aus einem Streit wurde ein Kampf, aus dem Kampf Notwehr, aus der Notwehr Mord. Die Angst vor dem pseudo-toleranten System, das die Lebensweise schwuler Männer noch immer ablehnt (wenn auch nicht offensichtlich), ließ den Lehrer nicht zur Polizei gehen.

Der Verlierer ist die Gesellschaft, die sich durch ihre starre Sichtweise auf die Möglichkeiten zwischenmenschlicher Beziehungen einem unerschöpflichen Spektrum an Liebe und Entwicklung verwehrt.

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