Einigung auch gegen deutschen Widerstand

Gegen den Widerstand Deutschlands hat sich die Mehrheit der EU-Staaten für strengere Regeln bei Abgastests – sowohl bei der Zulassung neuer Fahrzeugtypen als auch bei bereits im Straßenverkehr fahrenden Autos.
Die Länder einigten sich mit qualifizierter Mehrheit darauf, dass die EU-Kommission mehr Aufsichtsrechte erhalten soll und bei Manipulationen von Abgastests Strafen verhängen kann.
Bleibt ein Mitgliedstaat bei einem Verdacht auf Abgasmanipulationen völlig untätig, kann die EU-Kommission künftig eingreifen und Strafen von bis zu 30.000 Euro pro Fahrzeug verhängen.
Deutscher Wirtschaftsstaatssekretär mit Sonderwünschen
Deutschland hatte im Vorfeld zunächst versucht, die Entscheidung nochmals zu verschieben. Die Bundesregierung stimmte nun aber zu, wie Wirtschaftsstaatsekretär Matthias Machnig sagte. Er hoffte, dass einige deutsche Änderungswünsche im weiteren Verfahren noch berücksichtigt werden.
Machnig forderte in Brüssel eine Reihe von Änderungen, darunter die Einrichtung einer Clearingstelle für Streitfälle zwischen Mitgliedsländern sowie eine Neudefinition, was eine illegale Abschalteinrichtung ist.
In der Bundesregierung hatte es über das Thema EU-Abgastests Streit zwischen dem SPD-geführten Umweltministerium und dem Verkehrsressort unter CSU-Minister Alexander Dobrindt gegeben.
EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska bedauerte dagegen, dass der Vorschlag ihrer Behörde an mehreren Stellen aufgeweicht wurde. Sie verwies darauf, dass die Zulassung für Fahrzeugtypen nach dem Ratsvorschlag nicht nach fünf Jahren erneuert werden muss, sondern unbefristet gilt. Zudem gebe es keine einheitlichen Strafen für Autobauer in den Mitgliedstaaten.
Noch in diesem Jahr kommen neue Abgastests
Die EU-Staaten müssen ihre Position noch mit dem EU-Parlament im sogenannten Trilog-Verfahren abstimmen, bevor die neuen Regeln Gesetz werden.
Die EU führt ab Ende 2017 neue Tests ein, die den Verbrauch und Schadstoffausstoß im Alltagsbetrieb wiedergeben sollen. Um die Kontrollmechanismen dafür drehen sich die aktuellen Diskussionen in der EU.
Hintergrund der Pläne sind der Abgas-Skandal – der bei Volkswagen seinen Anfang nahm – sowie der Schutz der Bürger und der Umwelt vor Gefahren durch den Schadstoffausstoß.
Europäische Union verlangt härtere Vorgehensweise
Nach geltendem EU-Recht müssen nationale Behörden prüfen, ob ein Fahrzeugtyp die EU-Normen erfüllt, bevor die Autos in den Ländern verkauft werden dürfen. Verstößt ein Hersteller gegen rechtliche Verpflichtungen, müssen die nationalen Behörden aktiv werden – etwa durch angeordnete Rückrufe oder Sanktionen.
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Die EU-Kommission hat bereits Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland, Großbritannien und fünf andere Staaten eingeleitet, weil die dortigen Stellen nicht energisch genug gegen Verstöße bei Abgastests vorgegangen sein sollen. Gegen Italien wurde Mitte Mai ebenfalls ein Verfahren wegen möglicher Manipulationen bei Fiat-Chrysler gestartet. In Frankreich ermittelt die Justiz gegen den Autobauer Renault.