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Unterschiedliches Gehalt bei gleicher Tätigkeit: So hilft Ihnen das Gesetz


Gleicher Lohn?
So finden Sie heraus, wie viel Geld Ihre Kollegen verdienen


Aktualisiert am 04.03.2024Lesedauer: 6 Min.
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Arbeitskollegen sitzen am Schreibtisch (Symbolbild): Trotz Entgeltgleichheitsgebot verdienen Frauen im gleichen Job weniger Geld.Vergrößern des Bildes
Arbeitskollegen sitzen am Schreibtisch (Symbolbild): Trotz Entgeltgleichheitsgebot verdienen Frauen im gleichen Job weniger Geld. (Quelle: Tom Werner/getty-images-bilder)

Das Entgelttransparenzgesetz soll helfen, die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern zu schließen. Was es kann und wie Sie es nutzen.

In Deutschland gilt eigentlich das Entgeltgleichheitsgebot. Das heißt, Arbeitgeber dürfen für gleiche oder gleichwertige Arbeit nicht deshalb weniger Lohn oder Gehalt zahlen, weil die oder der Angestellte ein bestimmtes Geschlecht hat.

Trotzdem geht das Einkommen von Frauen und Männern in der Realität selbst dann auseinander, wenn beide in gleichwertiger Position die gleiche Leistung und Qualifikation einbringen. 6 Prozent beträgt diese Lohnlücke, im Fachjargon bereinigter Gender-Pay-Gap genannt.

Die Vermutung liegt nahe, dass zumindest ein Teil dieser Lücke auf Diskriminierung zurückzuführen ist. Aber auch Erwerbsunterbrechungen und phasenweise Teilzeit könnten den Verdienstunterschied erklären. Mehr zum Unterschied zwischen bereinigtem und unbereinigtem Gender-Pay-Gap lesen Sie hier.

Abhilfe schaffen soll das sogenannte Entgelttransparenzgesetz. Es erlaubt bestimmten Arbeitnehmern, Auskunft darüber einzuholen, was ihre Kollegen verdienen. Wir erklären, wer diesen Auskunftsanspruch hat, wie Sie ihn nutzen und warum es rechtens sein kann, wenn ein Unternehmen keinen gleichen Lohn für gleiche Arbeit zahlt.

Am Wochenende sprechen wir im "Tagesanbruch"-Podcast mit Familienministerin Lisa Paus anlässlich des Equal Pay Days über die Lohnlücke zwischen Männern und Frauen und wie diese kleiner werden kann. Die Folge finden Sie am Samstagmorgen hier auf t-online oder auf allen Podcastplattformen wie Spotify oder Apple Podcasts.

Was ist das Entgelttransparenzgesetz?

Das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG), mit vollem Namen "Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen", soll Beschäftigte dabei unterstützen, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit besser durchzusetzen. In der Praxis hilft es damit vor allem Frauen. Es gilt seit dem 6. Januar 2018 und umfasst drei Bausteine:

  • Einen individuellen Auskunftsanspruch für Beschäftigte,
  • die Aufforderung an Arbeitgeber, die Entgeltstrukturen im Betrieb zu prüfen,
  • die Pflicht der Arbeitgeber, über den Stand der Gleichstellung und Entgeltgleichheit zu berichten.

Das Gesetz soll ungerechtfertigte Einkommensunterschiede offenlegen, die unter anderem nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verboten sind. So soll das Gesetz auch helfen, die Lohnlücke zu schließen. Was damit hingegen nicht möglich ist: Auskunft über das individuelle Gehalt einzelner Kollegen zu erhalten (mehr dazu unten).

Gut zu wissen: Das Auskunftsrecht gilt auch für Selbstständige, die ihr Einkommen vorwiegend von einem Arbeitgeber beziehen. Dazu hat das Bundesarbeitsgericht im Sommer 2020 ein Grundsatzurteil gefällt (8 AZR 145/19).

Für welche Unternehmen gilt der Auskunftsanspruch?

Der im Entgelttransparenzgesetz verankerte Auskunftsanspruch gilt für private und öffentliche Unternehmen mit mindestens 200 Beschäftigten. Um von ihm Gebrauch machen zu können, müssen in Ihrem Betrieb mindestens sechs Angestellte des anderen Geschlechts in gleicher oder gleichwertiger Position arbeiten. Als gleichwertig gilt eine Tätigkeit dann, wenn sich die Beschäftigten bei Bedarf gegenseitig ersetzen können.

Diese sechs Leute bilden die Vergleichsgruppe, für die der Arbeitgeber dann das sogenannte Vergleichsgehalt ermitteln muss. Das heißt, Sie können daraus keine Rückschlüsse auf das Gehalt einzelner Kolleginnen oder Kollegen ziehen.

Im Gegenzug erfahren auch die Beschäftigten der Vergleichsgruppe nicht, was Sie verdienen. Als Messwert nutzt man den Median, einen Mittelwert, der nicht mit dem Durchschnitt zu verwechseln ist. Darüber hinaus muss der Arbeitgeber erklären, nach welchen Kriterien und nach welchem Verfahren die Gehälter festgelegt sind.

Median: Während beim Durchschnitt alle Werte addiert und dann durch die Anzahl der Werte geteilt werden, geht man beim Median anders vor: Man reiht die Werte auf und teilt sie dann an der Stelle, an der es genau gleich viele Werte größer und kleiner gibt. Ein zentraler Vorteil des Median: Er ist robust gegen Werte, die sich stark von den anderen unterscheiden. Ein Rechenbeispiel: Wir haben die Zahlen 1, 5, 8, 20, 30 vorliegen. Der Median dieser Zahlen ist 8, der Durchschnitt hingegen 12,8.

Für welche Unternehmen gelten Prüfverfahren und Berichtspflicht?

Diese Bausteine des Entgelttransparenzgesetzes gelten für private und öffentliche Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten. Arbeiten Sie in einer solchen Firma, muss Ihr Arbeitgeber nicht nur den mittleren Wert der Bruttogehälter der Vergleichsgruppe mitteilen, sondern einen Bericht über die Gehaltsstruktur im gesamten Unternehmen abgeben.

Wie nutze ich den Auskunftsanspruch?

Erste Anlaufstelle für Arbeitnehmer ist der Betriebsrat. Gibt es keinen, müssen Sie sich direkt an den Arbeitgeber wenden – anonym ist Ihre Anfrage dann aber nicht mehr. Das Gesetz schreibt die Text-, aber nicht die Schriftform vor. Eine E-Mail reicht also aus. Ein Musterformular des Bundesfamilienministeriums gibt es hier zum Download.

In dem Antrag müssen Sie auch angeben, auf welche Vergleichsgruppe Sie sich beziehen, was Sie selbst verdienen und in welcher Position Sie arbeiten.

Bis wann muss der Chef antworten?

In der Regel innerhalb von drei Monaten. Arbeitgeber, die an einen Tarifvertrag gebunden sind oder ihn anwenden, unterliegen hingegen keiner Frist. Sie dürfen außerdem einfach auf die Tarifregelung verweisen, um zu erklären, nach welchem Verfahren die Gehälter festgelegt wurden.

Und was mache ich mit der Auskunft?

Erst einmal nichts. Zumindest nicht nach dem Entgelttransparenzgesetz, denn darin geht es nur um Informationen. Finden Sie mit seiner Hilfe etwa heraus, dass das Einkommen der Vergleichsgruppe höher ist als Ihres, ergeben sich daraus keine rechtlichen Folgen. Ihr Arbeitgeber schuldet Ihnen also beispielsweise nicht die offengelegte Lohndifferenz.

Das liegt daran, dass es durchaus Gründe geben kann, die unterschiedlich hohe Gehälter trotz gleichwertiger Tätigkeit rechtfertigen. Etwa wenn Fachkräftemangel herrscht und der Arbeitgeber jemanden nur deshalb einstellen konnte, weil er sie oder ihn mit einem höheren Gehalt gelockt hat.

Nur wenn eine Diskriminierung vorliegt – aufgrund von Geschlecht, aber auch Rasse, Religion, Weltanschauung, Alter oder Behinderung – ist das rechtlich relevant. Andernfalls ist es Sache des Arbeitgebers zu entscheiden, wie er Arbeit entlohnt.

Um herauszufinden, was der wahre Grund für die Lohnlücke ist, müssen Sie Klage einreichen. Im Januar 2021 urteilte das Bundesarbeitsgericht, dass der Arbeitgeber darlegen muss, warum nicht Diskriminierung der Grund für den geringeren Verdienst ist. Kann er das nicht, stehen die Chancen gut, dass er Ihnen die Lohndifferenz zahlen muss – und eine Entschädigung für die Diskriminierung (Az. 8 AZR 488/19).

Möchten Sie lieber nicht klagen, können Sie die Auskunft aber auch anderweitig nutzen: als Druckmittel in der nächsten Gehaltsverhandlung.

Was, wenn der Chef nicht reagiert oder die Auskunft ablehnt?

Gibt ein Arbeitgeber ohne Tarifbindung innerhalb der Frist keine Antwort, muss er bei einem eventuellen Gerichtsverfahren beweisen können, dass er die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer nicht benachteiligt hat.

Er kann den Antrag aber auch ablehnen, weil er die Tätigkeit nicht für gleichwertig hält. Dann muss er das nachvollziehbar begründen. "Die Darlegungs- und Beweislast im Prozess liegt am Ende bei dem Arbeitnehmer, es sei denn, der Arbeitgeber verletzt diese Auskunftsverpflichtung", sagt Nathalie Oberthür, Vorsitzende des Ausschusses Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins.

Was, wenn mein Betrieb weniger als 200 Mitarbeiter hat?

Das Entgeltgleichheitsgebot gilt auch in Betrieben mit weniger als 200 Mitarbeitern. Das heißt, auch hier können Sie verlangen, dass Sie genauso bezahlt werden wie Ihre Kolleginnen oder Kollegen, die einer vergleichbaren Tätigkeit nachgehen. Allerdings haben Sie keinen Auskunftsanspruch, der Ihnen helfen könnte, mögliche Verdienstunterschiede transparent zu machen.

Haben Sie Zweifel daran, dass in Ihrem Betrieb Entgeltgleichheit herrscht, bleibt Ihnen daher nur, das Gespräch mit Ihrem Arbeitgeber zu suchen. Wenn vorhanden, können Sie auch den Betriebs- oder Personalrat um Unterstützung bitten.

Hilft das Entgelttransparenzgesetz, die Lohnlücke zu schließen?

Nicht wirklich. Das zeigt der zweite Bericht, mit dem die Bundesregierung 2023 die Wirksamkeit des Gesetzes überprüft hat. Demnach nutzen nur wenige Beschäftigte ihr Recht, nach dem Verdienst ihrer Kollegen zu fragen. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wertete den Bericht als sehr ernüchternd und kündigte eine Novelle an. Künftig soll das Gesetz auch auf Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten ausgedehnt werden.

Dem Gutachten zufolge hat die Mehrheit der Beschäftigten weder eine Auskunft verlangt noch plant sie, das in absehbarer Zukunft zu tun. "Konkret geben 4 Prozent der Beschäftigten an, eine Auskunftsanfrage gestellt zu haben", schrieben die Autoren des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung der Universität Tübingen.

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Zwei Drittel der Beschäftigten wissen demnach nichts von ihren Auskunftsrechten – obwohl rund 86 Prozent der befragten Verantwortlichen in Betrieben und Dienststellen den Anspruch auf Auskunft kennen. Daraus lasse sich schlussfolgern, so die Gutachter, dass Betriebe und Dienststellen den Auskunftsanspruch den Beschäftigten "nicht aktiv kommunizieren".

"Unter dem anderen Drittel sehen manche keinen Mehrwert in einer Auskunft, oder sie fürchten, dass ein Auskunftsersuchen von ihren Vorgesetzten negativ bewertet werden könnte", stellen die Gutachter fest. In einigen Betrieben wurde demnach auch nicht festgelegt, wer für die Beantwortung der Auskunftsanfragen verantwortlich ist – was Beschäftigte vom Nachhaken abhalten könnte.

Immerhin: Der bereinigte Gender-Pay-Gap hat sich von 2018 auf 2022 um einen Prozentpunkt verringert. Er liegt nun bei 6 statt 7 Prozent.

Was kann ich sonst noch tun?

Unabhängig davon, ob Sie einen Auskunftsanspruch haben, steht es Ihnen jederzeit frei, selbst auf Ihren Arbeitgeber zuzugehen und Ihr Gehalt neu zu verhandeln. Gute Vorbereitung ist dafür das A und O.

Die Verhandlungstrainerin Ljubow Chaikevitch empfiehlt Frauen, zunächst ihren Marktwert ordentlich auszuarbeiten. Oft helfe schon eine simple Onlinerecherche. "Man kann sich aber auch Mentorinnen oder Mentoren suchen, Menschen aus der Branche gezielt ansprechen", rät sie. "Auch um herauszufinden, welche überdurchschnittlichen Gehälter möglich sind." Lesen Sie hier, wie viel Geld mehr bei einer Gehaltserhöhung möglich ist.

Werden Sie immer wieder vertröstet, könnten Sie einen Jobwechsel in Erwägung ziehen. Einen Fehler sollten sie laut Chaikevitch dabei aber nicht machen: "Frauen bewerben sich oft nur auf Stellen, für die sie alle Kriterien erfüllen. Männer sagen sich viel häufiger, 'Ach, komm, ich probier's einfach mal'."

Welches Gehalt Sie im neuen Job erwartet, können Sie jetzt übrigens schon in der Stellenanzeige sehen: Die Online-Jobplattform Stepstone veröffentlicht neuerdings Gehaltsspannen zu allen Stellenanzeigen. Das soll vor allem Frauen helfen, da sie sich bei Gehaltsforderungen deutlich unwohler fühlen als Männer.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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