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Corona: Geimpfte oder Genesene – wer ist besser geschützt?


Corona-Studien im Überblick
Geimpfte oder Genesene – wer ist besser geschützt?


Aktualisiert am 06.10.2021Lesedauer: 5 Min.
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Corona-Impfung: Schützen die Vakzine besser vor Corona, als eine vorangegangene Infektion?Vergrößern des Bildes
Corona-Impfung: Schützen die Vakzine besser vor Corona, als eine vorangegangene Infektion? (Quelle: Ralph Lueger/imago-images-bilder)

Wer von einer Corona-Infektion genesen ist, hat Antikörper entwickelt und ist vor einer erneuten Infektion geschützt. Ähnliches gilt für eine Impfung. Doch welcher Schutz ist wirksamer?

Überall dort, wo künftig die 2G-Regel gilt, sind nur noch Corona-Geimpfte oder Genesene zugelassen. Beide haben Antikörper gegen SARS-CoV-2 gebildet und sind sowohl für sich selbst vor einer Infektion geschützt, als wohl auch weniger ansteckend als Ungeimpfte. Jetzt gibt es allerdings Unklarheit und unterschiedliche Forschungsergebnisse zu der Frage, ob Geimpfte oder Genesene besser geschützt sind. Im Fokus der Diskussion stehen vor allem zwei Preprint-Studien aus Israel und Oxford.

Vergleich der Studienergebnisse aus Israel und Oxford

Zunächst hieß es in der Studie aus Israel, die "natürliche Immunität" durch eine durchgemachte Infektion biete einen "länger anhaltenden und stärkeren Schutz vor Infektionen, symptomatischen Erkrankungen und Krankenhausaufenthalten" bei der Delta-Variante. Verglichen wurden Genesene und mit dem Impfstoff von Biontech Geimpfte. Demnach soll das Risiko, an Covid-19 zu erkranken bei Geimpften 27-mal höher als bei Genesenen sein, das Risiko einer Krankenhauseinweisung soll achtmal höher sein.

In der Oxford-Studie hingegen wurde untersucht, wie gut die Impfstoffe von Biontech, Moderna und Astrazeneca gegen die Delta-Variante wirken. Dabei kamen die Wissenschaftler für das Vakzin von Moderna zu dem Schluss: "Die Wirksamkeit von zwei Dosen bleibt mindestens so groß wie der Schutz, der durch eine vorherige natürliche Infektion geboten wird."

Was ist mit Genesenen, die zusätzlich geimpft sind?

Die Forscher aus Israel kamen zu dem Schluss, dass Genesene, die zusätzlich eine Dosis des Biontech-Impfstoffs erhalten hatten, stärker vor einer erneuten Infektion geschützt waren als diejenigen, die das Virus einmal hatten und noch ungeimpft waren. In ihrer Analyse verglichen die Forscher mehr als 14.000 Menschen, die eine bestätigte SARS-CoV-2-Infektion hatten und noch ungeimpft waren, mit einer ähnlichen Anzahl Genesener, die eine Dosis des Biontech-Impfstoffs erhalten hatten. Das Team stellte fest, dass die ungeimpfte Gruppe doppelt so häufig erneut infiziert wurde wie die einzeln geimpfte.

Der Charité-Virologe Christian Drosten erklärte zudem kürzlich im NDR-Podcast, dass der Schutz am besten ist, wenn man geimpft und genesen ist: "Dann weiß ich, bin ich richtig langhaltig belastbar immun und werde nur noch alle paar Jahre überhaupt mal dieses Virus sehen, genau wie ich die anderen Coronaviren auch immer mal wieder sehe. Das kann ich als relativ gesunder Erwachsener so für mich verantworten." Es gäbe natürlich Bevölkerungsgruppen, die dies nicht könnten, wie Ältere und Immungeschwächte. Bei diesen Gruppen lasse die Immunisierung schneller nach.

Wie viele Menschen sind in Deutschland betroffen?

Bisher haben sich in Deutschland rund vier Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert, die allermeisten von ihnen gelten als Genesene, ein kleiner Teil ist verstorben oder aktuell erkrankt.

Zudem sind mittlerweile rund 62 Prozent der Gesamtbevölkerung vollständig gegen das Coronavirus geimpft. Die meisten der Geimpften sind zwischen 18 und 59 Jahre alt, mittlerweile sind aber auch rund 25 Prozent der 12- bis 17-Jährigen vollständig geimpft. Die meisten Menschen in Deutschland haben das Vakzin von Biontech/Pfizer (114 Millionen gelieferte Impfdosen) erhalten, um das es auch in den beiden Studien geht. Moderna steht an Platz 2 mit rund 13 Millionen gelieferten Impfdosen nach Astrazeneca mit 14,4 Millionen ausgelieferten Dosen.

Wann lässt der Schutz für Geimpfte und Genesene nach?

Die Wissenschaftler aus Israel haben zusätzlich auch auf Daten von Genesenen geschaut, die bereits 2020 infiziert waren. Dabei stellten sie fest, dass die natürliche Immunität nach einigen Monaten nachlässt. Trotzdem waren auch diese Genesenen der Studie zufolge besser vor einer erneuten Infektion geschützt als Geimpfte.

Für Geimpfte gibt es noch keine gesicherten Werte, wann der Immunschutz nachlässt. Die Rede ist häufig von Werten zwischen sechs und zwölf Monaten, mittlerweile ist aber auch bekannt, dass bei Älteren und Immungeschwächten der Antikörperspiegel bereits früher absinken kann, als bei jungen, gesunden Geimpften.

Wie wurden die beiden Studien durchgeführt?

Die Studie aus Israel arbeitet mit einer Datenbank der zweitgrößten Krankenkasse Israels, der Maccabi Healthcare Services (MHS), mit rund 2,5 Millionen Versicherten. Für die Forschung wurden laut ORF die Daten von Zehntausenden Männern und Frauen ausgewertet. Die Wissenschaftler zeichneten die Infektionen, Symptome und Krankenhausaufenthalte der Israelis zwischen dem 1. Juni und dem 14. August auf, als die Delta-Variante in Israel vorherrschte.

Unter der Leitung von Koen B. Pouwels von der Oxford-Universität untersuchte ein Team aus britischen Forschungseinrichtungen für die Studie aus Oxford viele Haushalte in Großbritannien. Als Grundlage dienten dem Team Daten des Office for National Statistics Covid-19 Infection Survey. Sie verglichen die Zeiträume von 1. Dezember 2020 bis 16. Mai 2021, als Alpha dominierte und 17. Mai 2021 bis 1. August 2021, als die Delta-Variante bereits grassierte. Dafür betrachteten die Forscher Informationen von 384.543 beziehungsweise 358.983 Personen.

Was sagen Experten zu den Studienergebnissen?

Beide Studien wurden bisher im Preprint veröffentlicht und somit noch nicht unabhängig begutachtet. Allerdings gibt es natürlich bereits Experten, die ihre Meinung zu den Forschungsergebnissen kundgetan haben.

"Das ist ein Lehrbuchbeispiel, wie natürliche Immunität wirklich besser ist als Impfungen", kommentiert beispielsweise die schwedische Immunologin Charlotte Thalin laut ORF die Studie aus Israel. "Meines Wissens ist das die erste Studie, die das im Zusammenhang mit Covid-19 zeigt."

Die Studie zeigt die Kraft des menschlichen Immunsystems, aber Experten für Infektionskrankheiten betonen im Fachmagazin "Science" auch, dass die Impfstoffe gegen Covid-19 dennoch einen hohen Schutz vor schweren Krankheiten und Todesfällen bieten. Und sie warnen davor, dass eine absichtliche Ansteckung bei Ungeimpften äußerst riskant wäre. "Wir wollen nicht, dass die Leute sagen: 'Okay, ich sollte rausgehen und mich anstecken, ich sollte eine Infektionsparty veranstalten'", sagt Michel Nussenzweig, Immunologe an der Rockefeller University im "Science"-Artikel. "Weil jemand sterben könnte." Ähnlich besorgt zeigt sich laut "Science" auch Marion Pepper, Immunologin aus Seattle. Die Studie zeige die Vorteile der natürlichen Immunität, aber "berücksichtigt nicht, was dieses Virus mit dem Körper macht, um an diesen Punkt zu gelangen."

Unabhängig von den Studien sind sich Experten schon lange uneins darüber, welcher Immunschutz besser wirkt. So zitiert der "Focus" den Virologen Alexander Kekulé, der demnach davon ausgeht, dass die Infektion zu einer breiteren Immunantwort führt und den Körper vielschichtiger stimuliert als die Impfung. Auf der anderen Seite steht dem Artikel zufolge unter anderem der Immunologe Carsten Watzl, der "durch Impfungen mit einem noch besseren, möglicherweise mehrjährigen Schutzeffekt vor schweren Verläufen bis hin zum Tod" rechnet. Damit würden ihm zufolge höhere Antikörperspiegel erreicht als bei der natürlichen Infektion.

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Wissenschaftler weisen bei der Studie aus Israel zudem unter anderem darauf hin, dass eine prospektive Studie, die regelmäßig alle Teilnehmer testet im Vorteil gegenüber einer solchen retrospektiven Studie sei. Zudem sei es eine große Einschränkung, dass Covid-19-Tests freiwillig seien und nicht Teil der Studie. So könnten Vergleiche verfälscht sein, weil sich zuvor Infizierte mit leichten Symptomen vielleicht weniger wahrscheinlich haben testen lassen als Geimpfte. Zudem wird in Israel nur mit Biontech-Impfstoff geimpft, auf die anderen in Deutschland zugelassenen Impfstoffe lässt sich die Studie also nicht übertragen.

Sollten Sie sich gegen das Coronavirus impfen lassen?

Auch in der Gruppe der Geimpften der Studie aus Israel infizierten sich weniger als 1,5 Prozent der Teilnehmenden, was deutlich für eine Impfung spricht. Hinzu kommt: Unter allen Infizierten mussten nur neun im Krankenhaus behandelt werden, acht von ihnen waren geimpft – gestorben ist in dieser Studie niemand am Coronavirus, weder die Geimpften, noch die Genesenen.

Und auch für Genesene spricht einiges für eine Impfung: Laut "Spiegel" ergab eine US-Untersuchung, dass vor allem bei jungen Menschen und Menschen mit geringer Viruslast bereits kurze Zeit nach der Genesung keine Antikörper gegen SARS-CoV-2 mehr nachweisbar seien. In Deutschland empfiehlt auch die Ständige Impfkommission (Stiko) die Impfung für Genesene.

Welcher Schutz ist nun wirklich besser?

Zusammenfassend muss gesagt werden, dass es auf diese Frage noch keine wissenschaftlich fundierte Antwort gibt. Verschiedene Studien mit unterschiedlichen Ergebnissen geben jeweils die eine oder die andere Richtung vor, letztlich scheint aber gesichert, dass es weder ratsam ist, sich absichtlich zu infizieren, noch auf eine Impfung zu verzichten. Und auch Genesene sollten sich nicht darauf verlassen, dass ihr Antikörperspiegel lange ausreichend hoch genug bleibt.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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