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Paxlovid: Kann die Corona-Pille die Impfung ersetzen?
Verschreibungspflichtig und kostenlos: Die Ema hat mit dem Corona-Medikament Paxlovid das erste Mittel zugelassen, das in Pillenform eingenommen werden kann. Was steckt hinter der Pille?
Die EU-Arzneimittelbehörde Ema hat grünes Licht für die Zulassung des Medikaments Paxlovid gegen Covid-19 gegeben. Das Mittel des US-Herstellers Pfizer könne bei Patienten eine schwere Erkrankung nach einer Corona-Infektion verhindern, teilte die Ema am Donnerstag in Amsterdam mit. Nach der Zulassung ist dies das erste Medikament gegen Covid, das oral eingenommen werden kann. Die Pille gilt als sehr effektiv. Die EU-Kommission muss der Zulassung noch zustimmen, das aber gilt als Formsache.
Was ist Paxlovid?
Paxlovid ist ein Corona-Medikament in Tablettenform. Es kombiniert dabei den neuen Wirkstoff Nirmatrelvir mit dem Medikament Ritonavir, das bereits zur Behandlung von HIV-Patienten eingesetzt wird. Patienten nehmen über einen Zeitraum von fünf Tagen zweimal täglich zwei Tabletten Nirmatrelvir und eine Tablette Ritonavir zu sich.
Die EU-Arzneimittelbehörde Ema unterstützte bisher bereits den Einsatz von Paxlovid für Notfälle. Damit konnte das Medikament bereits vor seiner Zulassung in der EU eingesetzt werden, die Entscheidung lag jeweils bei den nationalen Behörden. Das Bundesgesundheitsministerium in Deutschland arbeitet bereits an einer nationalen Zulassung. Nach Angaben von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurden eine Million Packungen Paxlovid geordert, die im gesamten Jahr 2022 geliefert werden sollen. "Das Mittel eignet sich insbesondere für die Behandlung ungeimpfter Risikopatienten", zitiert ihn das Ärzteblatt.
Das Medikament wird vom Biontech-Partner Pfizer in Deutschland vor allem in Freiburg hergestellt. Dort soll Medienberichten zufolge bereits mit der Verpackung begonnen worden sein.
Wer bekommt Paxlovid?
Paxlovid wird bei Risikopatienten mit leichten bis mittelschweren Krankheitssymptomen eingesetzt und senkt laut Pfizer die Gefahr einer Krankenhauseinweisung oder eines Todes um knapp 90 Prozent. Das Medikament verringert die Fähigkeit des Coronavirus, sich in den Körperzellen zu vermehren und bremst damit die Weiterentwicklung der durch das Virus ausgelösten Krankheit Covid-19.
Noch bis Ende April 2022 läuft eine Phase-III-Studie mit mehr als 2.200 Teilnehmern, die jeweils entweder mit dem Medikament oder einem Placebo behandelt werden. Die ersten Studienergebnisse sind der vfa zufolge positiv.
Pfizer-Chef Albert Bourla erklärte bereits zur Notfallzulassung in den USA, Paxlovid werde "die Art und Weise verändern, wie wir Covid-19 behandeln". Das Medikament werde "hoffentlich" helfen, das Gesundheitssystem und Krankenhäuser zu entlasten.
Allerdings: Bei der aktuellen Zahl der täglichen Neuinfektionen könnte auch das Medikament schnell knapp werden. "Im Grunde genommen muss man das als eine Art Triagesituation bezeichnen", sagte Dominik Groß, Leiter des Instituts für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin an der Uni Aachen, gegenüber welt.de, Ärzte müssten dann entscheiden, welche Patienten mit der Anti-Corona-Pille behandelt würden und welche nicht.
Welche Nebenwirkungen könnte Paxlovid auslösen?
Wie das Ärzteblatt berichtet, gibt es auch bei dem neuen Corona-Medikament mögliche Nebenwirkungen wie:
- Beeinträchtigung des Geschmackssinns
- Durchfall
- Bluthochdruck
- Muskelschmerzen
Welches Medikament gibt es noch?
Auch der US-Pharmakonzern Merck Sharp & Dohme (MSD) hat mit Molnupiravir ein antivirales Medikament gegen das Coronavirus entwickelt. Dessen Wirksamkeit liegt laut Unternehmensangaben aber bei lediglich 30 Prozent. In Großbritannien und Dänemark wurde es bereits zugelassen. In den USA wird eine Notfallzulassung geprüft.
Paxlovid und Molnupiravir haben den Vorteil, dass Patienten die Pillen einfach bei sich zu Hause einnehmen können. Andere Mittel wie das antivirale Medikament Remdesivir müssen dagegen intravenös und damit in Kliniken verabreicht werden.
Können Medikamente die Impfungen ersetzen?
Alle Experten sind sich bisher einig, dass Corona-Medikamente zwar eine wichtige Säule in der Bekämpfung der Pandemie bilden, nicht aber andere Säulen wie die Impfungen ersetzen können. So sind Medikamente teurer als Impfungen und in der Anwendung häufig komplizierter.
"Der große Gamechanger sind sicherlich die Impfstoffe, nicht die Therapeutika", so der Münchner Infektiologe Christoph Spinner gegenüber welt.de. Therapeutika seien jedoch eine wichtige Ergänzung für "Menschen, die beispielsweise wegen einer chronischen Erkrankung nicht geimpft werden und damit keinen vergleichbaren Immunschutz aufbauen können".