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Geburt im Flugzeug oder Schiff: Welche Staatsbürgerschaft?


Welche Staatsbürgerschaft gilt?
Wenn der Kreißsaal über den Wolken oder mitten im Ozean liegt

t-online, Silke Asmußen

05.09.2016Lesedauer: 5 Min.
Babys kommen nicht nur im Krankenhaus zur Welt.Vergrößern des BildesBabys kommen nicht nur im Krankenhaus zur Welt. Doch welcher Geburtsort wird bei einer Geburt über den Wolken eingetragen? (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)

Gar nicht so selten kommen Babys ungeplant im Flugzeug, auf dem Schiff oder auf einer Landstraße zur Welt. Welche Staatsbürgerschaft erhält das Kind, und was steht als Geburtsort in seinem Pass? Wir beleuchten die komplexen Regelungen.

Generell setzen Reiseveranstalter der Reiselust von Frauen in der Schwangerschaft klare Grenzen, um Geburten über den Wolken oder auf See möglichst zu vermeiden. Viele Fluggesellschaften akzeptieren Schwangere nur bis zur 36. Schwangerschaftswoche als Passagiere, oft wird schon zuvor eine ärztliche Flugtauglichkeitsbescheinigung verlangt. Tickets für Kreuzfahrten bekommen werdende Mütter in der Regel nur bis zur 24. Schwangerschaftswoche.

Passagiere und Crew werden in der Luft zu Geburtshelfern

Doch hin und wieder machen Babys ihren Eltern einen Strich durch die Rechnung. Im August 2016 kam etwa während des Fluges von Dubai nach Manila ein Mädchen an Bord einer Maschine der Cebu Pacific zur Welt - zwei Monate zu früh. Bei der Geburt der kleinen Haven standen zwei zufällig mitreisende Krankenschwestern der Mutter zur Seite. Befindet sich kein medizinisch ausgebildeter Passagier im Flugzeug, muss die - dafür geschulte - Crew als Geburtshelfer einspringen.

Staatsangehörigkeit der Eltern entscheidend

Von etwa drei bis vier "unterwegs" geborenen Kindern im Jahr weiß das Standesamt Frankfurt. Um die Staatsangehörigkeit dieser Babys festzulegen, müssen laut Standesbeamtin Angelika Roth die Umstände jeder Geburt individuell betrachtet werden. Nach deutschem Recht hänge die Staatsangehörigkeit des Kindes von der Staatsangehörigkeit beziehungsweise vom Aufenthaltsstatus der Eltern ab. Doch das ist nicht die einzige Regelung.

Grundsätzlich bestimme jeder Staat selbst, auf welche Weise seine Staatsangehörigkeit erworben werde, sagt Johannes Dimroth, Sprecher des Bundesministeriums des Inneren (BMI), im Gespräch mit t-online.de.

Demnach bekommen Kinder entweder die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern (Abstammungsprinzip) – und zwar unabhängig davon, wo sie geboren sind. Oder sie werden Staatsbürger des Staates, in dem sie zur Welt kommen (Territorial- oder Geburtsortprinzip).

Ermittlung der Staatsangehörigkeit kann knifflig werden

Das klingt einfach, doch die Frage der Staatsangehörigkeit kann schnell komplex werden. Bei einer Geburt im Flugzeug spiele etwa die Flugstrecke eine Rolle dabei, welche Staatsangehörigkeit das Kind erhalte und welcher Geburtsort künftig im Ausweis stehe, erläutern Mitarbeiter der Flugsuchmaschine swoodoo.com auf Anfrage von t-online.de.

Aus Sicht der Vereinten Nationen wird ein Kind in dem Land geboren, in dem das Flugzeug registriert ist. Dieses so genannte Territorialrecht tritt aber nur in Kraft, wenn sich das Flugzeug auf exterritorialem Gebiet befindet, etwa über dem offenen Ozean. Fliegt das Flugzeug über Land, gilt die Lufthoheit des überflogenen Staates.

In USA greift Bodenrecht

Daher gilt in jeder Maschine das Recht des Staates, in dessen Luftraum sie sich befindet. Außerdem ist entscheidend, ob im zum Zeitpunkt der Geburt überflogenen Land das Bluts- oder das Bodenrecht gilt.

In den USA greift laut swoodoo.de das Bodenrecht. Das heißt: Ein Kind, das im amerikanischen Luftraum einschließlich der 18-Meilen-Zone geboren wird, hat automatisch die US-Staatsbürgerschaft. Befinde sich allerdings ein in den USA registriertes Flugzeug auf dem Weg in die Heimat noch über dem Hoheitsgebiet eines Drittlandes, werde das Neugeborene nach US-Recht trotzdem amerikanischer Staatsbürger. Es sei denn, der betreffende Drittstaat habe eine abweichende gesetzliche Regelung.

Regelung für die deutsche Staatsangehörigkeit

Im Normalfall erhält ein in der Luft oder auf dem Meer geborenes Kind zunächst die Staatsangehörigkeit der Eltern. So bekommt etwa nach Paragraf 4 des deutschen Staatsangehörigkeitsgesetzes ein Kind die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn ein Elternteil deutscher Staatsbürger ist.

BMI-Sprecher Dimroth erklärt, dass es dabei nicht darauf ankommt, wo das Kind zur Welt kommt. Ob es zusätzlich die Staatsbürgerschaft des Landes erhalte, zu dem das Flugzeug oder Schiff gehört oder in dessen Hoheitsgebiet es sich bewegt, hänge vom Recht des jeweiligen Staates ab.

Reedereien verteilen Gesundheitsfragebögen

Sicher ist: Eine Geburt in der Luft oder auf See birgt ein erhöhtes Risiko für Mutter und Kind. Dagegen wollen sich auch die Reedereien bestmöglich absichern. Royal Caribbean gibt zum Beispiel direkt vor der Abfahrt am Pier einen Gesundheitsfragebogen aus, in dem eine Erklärung über eine mögliche Schwangerschaft verlangt wird. Schließlich sei eine intensivmedizinische Versorgung von Neugeborenen an Bord nicht möglich, sagt Peter U. Geisler, Sprecher der Royal Caribbean-Niederlassung in Frankfurt.

Manchmal passiert es trotzdem. So brachte im Januar 2016 auf der Queen Mary 2 die deutsche Lebensgefährtin des Filmproduzenten Christian Becker kurz vor der Ankunft in New York einen Sohn zur Welt - drei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin. "Unser Sohn ist da, nun ein Amerikaner. Das erste Kind, das im HighTech-Krankenhaus auf der 'Queen Mary 2' … geboren wurde!", zitierte die "Bild"-Zeitung den Vater des kleinen Benjamin Brooklyn.

Geburtsort: "auf See"

Wie schwierig die staatsbürgerliche Zuordnung werden kann, zeigt die Geburt eines Babys an Bord der "Independence of the Seas" im September 2015 in der Nähe von Puerto Rico. Die Mutter des Jungen ist nach Medienberichten eine Amerikanerin, in der Geburtsurkunde soll als Geburtsort "auf See" vermerkt sein.

Da der Luxusliner unter der Flagge der Bahamas fährt, hat das Kind nun möglicherweise die dortige Staatsangehörigkeit. Die Reederei Royal Caribbean, wollte sich dazu gegenüber t-online.de nicht äußern, um die Privatsphäre der Passagierin zu wahren.

Eintrag von Längen- und Breitengrad in den Pass

Weniger problematisch gestaltet sich bei einer Geburt "unterwegs" der Eintrag des Geburtsortes in den Pass des neuen Erdenbürgers. Für "Fluggeburten" gibt es eine eindeutige Regel. "Als Geburtsort ist nach internationalem Recht die Position des Flugzeuges mit Längen- und Breitengrad einzutragen", erklärt Julia Stadler Damisch, Regional Director bei swoodoo.de. Einige Länder gäben aber auch die Stadt an, bei der Mutter und Baby erstmals von Bord gegangen seien.

Bei Geburten auf See richte sich der Eintrag des Geburtsorts nach den Eintragungen in den Personenstandsregistern, sagt Johannes Dimroth. Sehe das Personenstandswesen bei einer Geburt auf einem internationalen Gewässer den Eintrag der Bezeichnung des Gewässers sowie der geographischen Koordinaten in den Urkunden vor, würden diese ebenfalls in den Pass und den Personalausweis übernommen.

Entbindung auf der Landstraße

Zu kuriosen Geburtsort-Einträgen im Pass kann es aber nicht nur auf Reisen kommen. Manchmal schafft es die Mutter nicht schnell genug ins Krankenhaus. Sei bei der Geburt in einem Fahrzeug der Ort bekannt, werde dieser als Geburtsort in das Geburtenregister eingetragen, erklärt Dimroth. Dabei könnten zusätzlich nähere Informationen zur Straße und zum Straßenkilometer vermerkt werden. Sei der Geburtsort nicht bekannt, werde eingetragen, wo die Mutter das Fahrzeug verlassen habe.

Geschenke und skurrile Namen für Bord-Babys

Nach Geburten in der Luft spendieren manche Airlines den Bord-Babys Bonusmeilen oder ein lebenslanges Recht auf Freiflüge. Und Eltern lassen sich vom ungewöhnlichen Geburtsort zu ungewöhnlichen Namen inspirieren: Ein Mädchen, das 2004 auf dem Virgin-Airlines-Flug von Lagos nach London geboren wurde, bekam den Namen Virginia. Ein Junge, der 2012 an Bord einer Maschine von Emirates Airlines zur Welt kam, soll schlicht "EK" genannt worden sein - nach dem Kennzeichnungscode des Fluges.

Geburtentourismus in die USA

Die Chance, dem Nachwuchs durch Niederkunft während eines Fluges eine vorteilhafte Staatsangehörigkeit zu verschaffen, nutzen einige Frauen zielgerichtet aus. Im Oktober 2015 wurde zum Beispiel der Fall einer schwangeren Taiwanesin bekannt, die es darauf angelegt haben soll, dass ihr Kind in den USA zur Welt kommt. Das Baby hatte es eilig und wurde noch während des Fluges geboren - im amerikanischen Luftraum.

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Da der Flieger in Alaska notlanden musste, damit Mutter und Kind in ein Krankenhaus gebracht werden konnten, prüft die Fluggesellschaft, ob gegen die Frau eine Schadenersatzforderung in Höhe von umgerechnet 30.000 Euro erhoben wird.

Nach einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) reisen vor allem gut situierte, hochschwangere Frauen aus China, Taiwan und Korea vermehrt zur Geburt ihrer Kinder an die Westküste der USA, um ihnen durch die US-Staatsbürgerschaft später eine Ausbildung an Top-Schulen und damit bessere Aufstiegschancen zu eröffnen.

Diese Privilegien sichert der 14. Zusatzartikel der US-Verfassung in Amerika geborenen Kindern von Nicht-US-Bürgerinnen zu. Im amerikanischen Kongress werde aber bereits darüber gesprochen, den Zusatzartikel anzupassen und nur noch Kindern mit mindestens einem Elternteil mit amerikanischer Staatsbürgerschaft oder Aufenthaltsgenehmigung einen US-Pass zuzusprechen, heißt es in der FAZ-Meldung.

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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