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Trinkwasser: Chemikalien – wie sicher ist unser Leitungswasser wirklich?


Unsichtbar
Die stille Gefahr im Wasser

MeinungEine Kolumne von Dr. med. Yael Adler

05.07.2025 - 12:51 UhrLesedauer: 5 Min.
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Wasser: Wie sicher ist unser Trinkwasser angesichts von Chemikalien? (Quelle: Thomas Trutschel/imago)
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Die Qualität unseres Trinkwassers steht zunehmend in der Kritik. Chemikalien und Mikroplastik sorgen Umweltmediziner, denn sie belasten unseren Organismus.

Dass unser Körper wochenlang ohne Nahrung auskommt, aber nur wenige Tage ohne Wasser schon tödlich sein können, ist bekannt. Wir sollten es besonders in diesen Tagen, an denen die Temperaturen immer wieder die 30-Grad-Marke knacken, besonders verinnerlichen. Wir brauchen es schließlich als Multifunktions-Lebenssaft für unseren Organismus: Es mischt bei allen Stoffwechselvorgängen mit, regelt unseren Temperaturhaushalt, schmiert die Gelenke und hilft uns, Nahrung aufzulösen und zu verdauen. Proteine, Kohlenhydrate und Fette werden zur weiteren Verwendung aufbereitet und in unsere Zellen geschwemmt. Außerdem bringt es in seiner eigenen Konsistenz eine Menge wichtiger Mineralstoffe ins Spiel. Erwachsene benötigen bei normaler Belastung zwei bis drei Liter Wasser am Tag, davon stammen rund 500 bis 900 Milliliter aus fester Nahrung.

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Yael Adler
(Quelle: Markus Höhn)

Zur Person

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Dermatologie, Venerologie, Phlebologie und Ernährungsmedizin (DGEM). Ihre Bücher "Haut nah" und "Darüber spricht man nicht" standen auf Platz 1 der "Spiegel"-Bestsellerliste. Ihr neuestes Buch "Genial ernährt! – Klüger essen, entspannter genießen, besser leben" wurde gerade veröffentlicht. Mehr

Unser Leitungswasser in Deutschland ist verhältnismäßig gut trinkbar. Beim Geschmack gibt es regionale Unterschiede, aber wenigstens dominiert bei uns nur in seltenen Fällen das markante Chlor, das wir aus dem Sommerurlaub im Süden kennen oder von gelegentlichen Reisen in die USA. Wenn Sie Leitungswasser bevorzugen, können Sie es hierzulande also gerne frisch gezapft aus dem Hahn zu sich nehmen. Lassen Sie es aber vorher einen Moment laufen, bis es schön kalt aus der Leitung kommt: Das erste Wasser, das in der Leitung abgestanden ist, können Sie für das Gießen Ihrer Pflanzen verwenden.

Sollten Sie dennoch ein gewisses Unbehagen verspüren: Die Trinkwasserqualität wird in Deutschland durch die Versorger nach der Trinkwasserverordnung regelmäßig geprüft – in eigens dafür ausgestatteten Laboren, die die umfassendsten und präzisesten Ergebnisse liefern. Die Trinkwasserverordnung basiert auf EU-Recht und wird erfreulicherweise ständig angepasst. Die Ergebnisse dieser Tests gehen an die zuständigen Gesundheitsämter, die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben streng überwachen.

Ewigkeitschemikalien im Wasser

So weit, so gut – doch auch der Chor der Kritiker ist groß. Es sind Umweltmediziner, Toxikologen, Hersteller von Umkehrosmose- und Ionenaustauschgeräten und sogar einige Esoteriker. Diese Kritiker führen durchaus berechtigt ins Feld, dass man viele, insbesondere neuartige Substanzen einfach nicht messen würde und daher gar keine umfassende Aussage zur Qualität treffen könne. Ganz nach dem Motto: "Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß." Natürlich würden wir uns alle wünschen, dass sich überhaupt keine gesundheitlich bedenklichen Stoffe in unserem Wasser befinden. Zunehmend berichten aber auch die Medien und staatliche Behörden von giftigen Kontaminationen mit Chemikalien.

Besonders problematisch sind sogenannte "Ewigkeitschemikalien" wie PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) – sie sind extrem langlebig, können sich im Körper anreichern und stehen im Verdacht, hormonelle Störungen, Krebs und Immunveränderungen zu fördern. Auch Mikroplastik und sogar Nanoplastik – also winzige Kunststoffpartikel, die aus Verpackungen, Textilien oder Reifenabrieb stammen – werden zunehmend im Leitungs- und Mineralwasser nachgewiesen. Sie passieren Kläranlagen, können in Organe und Zellen eindringen, oxidativen Stress verursachen, das Immunsystem belasten und stehen im Verdacht, die Blut-Hirn-Schranke zu überwinden. Die langfristigen Gesundheitsfolgen sind noch nicht abschließend erforscht, doch erste Studien zeigen: Diese Partikel sind alles andere als harmlos.

Mineralwasser im Fokus

Sind die Zeiten, in denen wir bedenkenlos den Wasserhahn für ein Glas Leitungswasser aufdrehen konnten, dann doch bald vorbei? Und wie verhält es sich mit abgefülltem Mineralwasser?

Tatsächlich gab es auch hier in jüngerer Vergangenheit alarmierende Schlagzeilen, die uns aus den Medien entgegen sprudelten. So hat Ökotest einmal in 14 von 54 getesteten Mineralwässern mit Kohlensäure Verunreinigungen gefunden und einen erhöhten Gehalt an kritischen Stoffen – darunter Schwermetalle wie Bor, Chrom, Nickel, Uran und Rückstände von Pestiziden. Teilweise konnte auch eine zu hohe Keimbelastung des Wassers festgestellt werden. Gerade für Ältere, Menschen mit Immunschwäche oder Kleinkinder kann dies schon gesundheitsgefährdend sein.

Die Stiftung Warentest wiederum mahnt, dass die Mineralwasserquellen besser geschützt werden müssten. Verunreinigungen gelangten unter anderem über die Landwirtschaft – Chemie oder "wo eine Gülle ist, ist auch ein Weg" – und über Abwässer aus Industrie, Haushalten und Kliniken ins Grundwasser. Keine schöne Vision: die pharmazeutische "Grundversorgung" frisch aus dem Hahn.

Auch manche Flasche hält nichts von Qualität. Flaschen, in denen Mineralwasser verkauft wird, wurden in Tests beanstandet: 44 Prozent der Wasser aus PET-Flaschen enthielten Mikroplastikpartikel, die in unserem Organismus, unseren Zellen gerne als lebenslange Dauergäste Quartier nehmen. Spitzenreiter mit 500.000 Partikeln pro Liter war ein stilles Wasser aus einer PET-Einwegflasche.

Was da beinahe ein bisschen Hoffnung macht: Japanische Forscher haben inzwischen ungiftiges Plastik entwickelt, das sich in Seewasser komplett auflöst. Na, bitte!

Filter verschlimmern oft

Wer das Problem ganz objektiv und unbestechlich zu Hause lösen will, muss jedoch auch mit Schwierigkeiten rechnen, denn der unübersichtlich große Markt an Wasserfiltern mit unterschiedlichen Technologien ist mit Vorsicht zu betrachten. Manche Filter setzen ihrerseits Schadstoffe frei oder vergammeln, sodass das Wasser, das ursprünglich frisch und unschuldig aus der Leitung kam, schnell mal keimig werden kann. Zudem sind solche Filter auch nicht gerade billig.

Tatsächlich gelten Umkehrosmose-Filteranlagen als eine der effektivsten Methoden zur Wasserreinigung. Dabei wird das Wasser unter hohem Druck durch eine halbdurchlässige Membran gepresst, die nahezu alle gelösten Stoffe – einschließlich Schwermetallen, Bakterien, Viren, PFAS, Pestiziden und Medikamentenrückständen – zurückhält. Das Ergebnis ist sehr reines Wasser, das jedoch auch wichtige Mineralstoffe verliert, die jedoch auch über die Nahrung zugeführt werden.

Unser Körper ist ein eigenes Klärwerk

Nun wieder die gute Nachricht: Ein besonders positiver Faktor in all der verwässerten Problematik sind wir selbst. Denn eigentlich ist jeder Mensch sein eigenes, ganz persönliches Klärwerk. Unser Körper verfügt über mehrere Entgiftungssysteme. Die Leber ist unser Hauptentgiftungsorgan. Sie filtert das Blut und wandelt schädliche Stoffe in weniger schädliche oder wasserlösliche Substanzen um, die leichter ausgeschieden werden können. Schadstoffe werden durch Enzyme chemisch umgewandelt und dann an Substanzen geklebt, um sie wasserlöslicher zu machen, damit sie über den Urin oder den Darm ausgeschieden werden können. Auch die Nieren filtern das Blut und entfernen wasserlösliche Abfallprodukte und Giftstoffe, die dann im Urin landen.

Die Lungen entfernen flüchtige Substanzen wie Kohlendioxid und einige gasförmige Giftstoffe durch die Atmung. Knoblauch ist zwar alles andere als ein Schadstoff, aber ein anschauliches Beispiel dafür, wie flüchtige Verbindungen, in diesem Fall Schwefelverbindungen, durch die Lunge ausgeschieden werden können. Man merkt es am charakteristischen Geruch der Atemluft nach dem Verzehr.

Der Darm scheidet Giftstoffe über den Stuhl aus, die zum Teil aus der Leber über die Galle dorthin gelangt sind.

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Wie lang geht das noch gut?

Die Haut, unser größtes Organ, hilft bei der Entgiftung durch Schwitzen, nicht wenige wasserlösliche Schadstoffe werden über den Schweiß ausgeschieden. Und das lymphatische System transportiert Abfallstoffe ab, die von Zellen produziert werden. Die Lymphe bringt sie in die Lymphknoten, bevor die Flüssigkeit wieder ins Blut gelangt. Auch das Gehirn entgiftet über das glymphatische System ein Netzwerk von Kanälen, das in der Nacht aktiv wird und Gehirnflüssigkeit nutzt, um Abfallprodukte, die sich im Wachzustand angesammelt haben, zu entfernen.

Fazit: Unser Körper mit seiner Hightech-Müllabfuhr kann so einiges kompensieren. Fragt sich nur, wie gut und wie lang.

Gönnen Sie sich ein fröhliches "Wasser marsch!" und kommen Sie gesund durch die Zeit!

Verwendete Quellen
  • Eigene Meinung
Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.

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