Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Extremwetter in Griechenland Dieses Urlaubsparadies ist jetzt in Gefahr

Hitze, Wasserknappheit, Waldbrände: Griechenland erlebt die Folgen der Klimakrise hautnah – und das mitten in der Urlaubssaison. Was bedeutet das für Reisende und die Zukunft des Tourismus?
Diese Höchstwerte sind kein Anlass zu jubeln: Griechenland erlebte im vergangenen Jahr den heißesten Sommer und den wärmsten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Kurz vor Ostern zogen verheerende Stürme über die Inseln Paros, Mykonos und Kreta. Sie brachten die schwersten Regenfälle seit 20 Jahren und zerstörten Häuser, Straßen, Brücken. Ganze Ortschaften waren von braunem Schlamm bedeckt. Die Aufräumarbeiten erfolgten im Akkord – damit der Ansturm der Touristen rechtzeitig zum Saisonstart beginnen konnte.
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Die Reisebranche ist eine der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes. Und der Sektor wächst. Laut der griechischen Zentralbank kamen im vergangenen Jahr 40,7 Millionen ausländische Touristen ins Land. 2023 waren es 36 Millionen, 34 Millionen Menschen reisten 2019 an.
Urlauber spüren immer häufiger Auswirkungen des Klimawandels
Die meisten internationalen Gäste kommen aus Deutschland. Rund 4,8 Millionen Deutsche im Jahr 2023, ein neuer Rekordwert. Und sie lassen auch das meiste Geld im Land. Allerdings spüren auch Urlauberinnen und Urlauber immer häufiger die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels. Das wird sich in Zukunft noch verstärken.
Auf Rhodos geriet 2023 ein Waldbrand außer Kontrolle und fraß sich bis an die Küste vor. 30.000 Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden, darunter viele Reisende. Viele konnten ihren Rhodos-Urlaub wegen der Brände nicht antreten oder mussten ihn abbrechen.

Zur Person
Die Lage ist extrem ernst, aber nicht hoffnungslos. Nach diesem Motto erklärt die freie Journalistin Sara Schurmann die großen Zusammenhänge und kleinen Details der Klimakrise, sodass jede und jeder sie verstehen kann.
Etwa in ihrem Buch "Klartext Klima!" – und jetzt in ihrer Kolumne bei t-online. Für ihre Arbeit wurde sie 2022 vom "Medium Magazin" zur Wissenschaftsjournalistin des Jahres gewählt.
Später im Jahr folgten massive Überschwemmungen, die auch viele Felder und landwirtschaftliche Flächen in Mitleidenschaft zogen und Ernten zerstörten. Viele Ferienorte wurden überflutet, weil die Kanalisation nicht auf so viel Wasser ausgelegt war. An den Stränden der griechischen Hafenstadt Volos führte das im Folgejahr zu einer weiteren Umweltkatastrophe: Millionen von Süßwasserfischen suchten aus den austrocknenden Seen Zuflucht im Meer, wo sie aber starben, weil sie im Salzwasser nicht leben können.
Akropolis wegen Extremhitze zeitweise geschlossen
Die Hitze hatte 2024 weitere gefährliche Auswirkungen. Im Juli erreichten die Temperaturen bis zu 43 Grad. Die Akropolis in Athen, Unesco-Weltkulturerbe, wurde daraufhin zeitweise zwischen 12 und 17 Uhr geschlossen, um Angestellte und Besuchende zu schützen. Es wurden Schutzräume eingerichtet, Polizei und Rettungsdienste mussten Reisenden helfen, die wegen der Hitze gesundheitliche Probleme hatten. Sechs Touristen, die sich bei Temperaturen über 40 Grad auf Wanderungen begeben hatten, starben, darunter ein 67-jähriger Deutscher.
Ein weiteres Problem im gesamten Mittelmeerraum ist die Trockenheit. Seit zwei Jahren kämpft Griechenland mit einer schweren Wasserknappheit. Besonders betroffen sind Inseln wie Naxos, Santorini und Kreta, die stark vom Tourismus abhängig sind. Die Wasservorräte in den Reservoirs schrumpfen, Quellen versiegen. Und weil es auf den Inseln keine Rohrleitungen und Pumpsysteme gibt, kommt das Wasser nicht bis zu den Feldern im Landesinneren. Auf Naxos konnte im Frühjahr 2024 nur ein Drittel der normalen Kartoffelmenge geerntet werden.
Die meisten Urlauber bekommen jedoch von dem Wassermangel nichts mit. Die Hotelanlagen am Meer werden von Entsalzungsanlagen versorgt – sonst wären die Reservoirs vermutlich schon völlig erschöpft. Bewohnerinnen und Bewohner werden aufgefordert, Wasser zu sparen; Touristen nicht.
Tourismus erhöht Druck auf Wasserressourcen
Auch die kleine Insel Sifnos war 2024 nach Monaten ohne Niederschlag und extremer Hitze auf Entsalzungsanlagen angewiesen. Als im Juni eine der vier Anlagen ausfiel, konnte die Wasserversorgung den Bedarf nicht decken. In einigen Häusern und Ferienunterkünften kam zehn Tage lang kein Wasser aus dem Hahn. Betroffene Touristen mussten in andere Unterkünfte umsiedeln; Ersatz zu finden war in der Hauptsaison allerdings nicht einfach.
Der massive Verbrauch im Tourismus erhöht den Druck auf die Wasserressourcen, etwa durch den Bedarf an Trinkwasser für Pools oder Wasserparks. Davor warnte auch der griechische Bürgerbeauftragte der Regierung, bei dem in den vergangenen Jahren zahlreiche Beschwerden zu den Folgen des Massentourismus im Land eingegangen waren. In einem 2024 erstmals veröffentlichten Bericht zum Tourismussektor kritisierte er die ökologischen Folgen des anhaltenden Wachstums und forderte tiefgreifende Reformen, um die Branche langfristig zu sichern.
Aktuell wird diskutiert, Pools mit Salzwasser zu füllen, um Trinkwasser zu sparen. Seit dem 1. April 2025 müssen Eigentümer in Griechenland außerdem ihre Grundstücke und Felder mähen und von Gestrüpp befreien, um Brände zu verhindern.
Tourismusindustrie muss klimaneutral werden
Das sind gute und nötige Schritte, um Urlauber vor Folgen der Erderhitzung zu schützen, die sich schon jetzt nicht mehr vermeiden lassen. Doch wirklich tiefgreifende Reformen müssten viel weiter reichen. 2023 war die Tourismusbranche für mehr als 18 Prozent der Emissionen Griechenlands verantwortlich. Wenn die Tourismusindustrie im Land erhalten und für Besucher attraktiv und sicher bleiben soll, muss sie klimaneutral werden und ihren Beitrag dazu leisten, dass die Erderhitzung und ihre Folgen sich nicht weiter zuspitzen.
Das macht auch die Erklärung zum Klimaschutz im Tourismus deutlich, die auf der Weltklimakonferenz 2021 in Glasgow vereinbart wurde. Die Emissionen in den Bereichen Verkehr, Infrastruktur, Unterkünfte, Aktivitäten, Essen und Trinken sowie Abfallmanagement müssen demnach konsequent gesenkt und so schnell wie möglich vor 2050 effektiv gestoppt werden. Ausgleichsmaßnahmen können zwar eine Rolle spielen, jedoch nur eine untergeordnete und nur als Ergänzung zu echten Reduktionen.
Schneller Gewinn überwiegt Klimaschutz
Zudem müssen Ökosysteme wie Wälder, Küsten und Seen geschützt und wiederhergestellt werden. Das unterstützt die Fähigkeit der Natur, Kohlenstoff abzubauen und zu speichern, sowie die biologische Vielfalt, Ernährungssicherheit und Wasserversorgung zu sichern. Da ein großer Teil des Tourismus in Regionen angesiedelt ist, die bereits stark von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, müsse zudem "sichergestellt werden, dass der Sektor betroffene und gefährdete Gemeinden beim Aufbau von Widerstandsfähigkeit, Anpassung und Katastrophenschutz unterstützen kann". Das würde sowohl die Bewohnerinnen und Bewohner vor Ort als auch den Tourismus und die Reisenden schützen.
Das Interesse der griechischen Regierung und der Tourismusbranche daran sollte hoch sein, könnte man meinen. In der Realität scheint es bei vielen gering zu sein. Da überwiegt offenbar der schnelle Gewinn vor der nachhaltigen Investition. Zumal ein nachhaltiger Tourismus sich auch auf die Anreise auswirken müsste: Solange es keine klimaneutralen Flüge gibt, bedeutet das dann: weniger Besucher. Und weniger Einnahmen.
- euronews.com: "Greece storms were made wetter and more destructive by climate change, study finds" (Englisch)
- statista.com: "Total number of inbound visitors in Greece" (Englisch)
- auswaertiges-amt.de: "Griechenland: Reise- und Sicherheitshinweise"
- greekreporter.com: "Seawater Pools Could Help Greece’s Islands Battle Drought" (Englisch)
- dw.com: "Greece's water shortages spare tourists, leave farmers dry" (Englisch)
- nytimes.com: "Greece’s Water Shortages" (Englisch, kostenpflichtig)
- euractiv.com: "Greece must reform to protect tourism, ombudsman says" (Englisch)
- statista.com: "Travel and tourism contribution to GHG emissions in Greece" (Englisch)
- elxis.com: "From April 1, landowners must clean their plots to prevent wildfires in 2025" (Englisch)
- oneplanetnetwork.org: "Glasgow Declaration: Climate Action in Tourism" (Englisch)