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Gerettet aus der Corona-Krise: Das passierte auf meinem Rückholflug


Bewaffnete Polizisten am Airport
Das passierte auf meinem Corona-Rückholflug

Von Janna Halbroth

30.03.2020Lesedauer: 4 Min.
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Deutsche Reisende werden in Australien zu ihrem Rückholflug gebracht: Die Bundesregierung hat Zehntausende Urlauber aus dem Ausland zurückgeholt.Vergrößern des Bildes
Deutsche Reisende werden in Australien zu ihrem Rückholflug gebracht: Die Bundesregierung hat Zehntausende Urlauber aus dem Ausland zurückgeholt. (Quelle: Richard Wainwright/AAP/dpa-bilder)

175.000 deutsche Touristen hat die Bundesregierung wegen der Corona-Krise bisher zurückgeholt. Eine von ihnen war t-online.de-Redakteurin Janna Halbroth. Sie berichtet von eindrücklichen Erlebnissen.

"Oh, wie schön ist Panama" heißt es im gleichnamigen Kinderbuch von Janosch. Zwar riecht das Land nicht wirklich von oben bis unten nach Bananen, wie es der kleine Bär sich vorstellt, schön ist das Fleckchen Erde in Mittelamerika trotzdem. Und dennoch: Während der Coronoakrise wollten zahlreiche Urlauber natürlich in erster Linie weg, nach Hause in ihre Heimat. Darunter waren auch wir.

Das Gefühl in einem fremden Land eingesperrt zu sein, während eine Pandemie nicht nur die Heimat, sondern auch das gewählte Urlaubsland befällt, ist nicht schön. Man fühlt sich hilflos und machtlos. Man weiß nicht, wie es weitergeht und wünscht sich einfach nur nach Hause zu kommen. Eine Nachricht von der eigenen Regierung kann einem da schon ein starkes Gefühl von Sicherheit geben.

Nur kurze Zeit nachdem in Panama ein Aus- und Einreiseverbot nach Europa veranlasst wurde, machte das Auswärtige Amt auf eine Liste aufmerksam, in die sich gestrandete Urlauber eintragen konnten. Als diese digitale Liste schon nach wenigen Stunden zusammenbrach, sanken zugegebener Maßen unsere gerade erst aufkommenden Hoffnungen, bald nach Hause geflogen zu werden. Doch dann ging alles plötzlich sehr schnell.

Fehler schnell erkannt und Lösung gefunden

Denn man erkannte schnell das Problem des eigenen Systems und lagerte die Liste an den größten europäischen Softwarehersteller aus. SAP war fortan dafür verantwortlich alle Daten der gestrandeten Urlauber zu sammeln und siehe da: Nur wenige Tage später wurden alle Panama-Touristen aufgefordert, sich in der Hauptstadt einzufinden, von da werde ein Flug organisiert.

In Panama folgte auf das europäische Ein- und Ausreiseverbot zeitnah ein internationales Flugverbot. Nur einen Tag nachdem dieses in Kraft trat, bekamen wir eine weitere E-Mail. Wir seien für den ersten Flug nach Frankfurt eingetragen. Was für eine Erleichterung und was für eine organisatorische Meisterleistung der Regierung, der Lufthansa und der Botschaft in Panama.

Besonders Letztere legte sich ins Zeug, organisierte sogar noch einen Shuttlebus zum Flughafen. Denn ausgerechnet am Abflugtag verhängte das lateinamerikanische Land dann doch noch eine völlige Ausgangssperre. Als wir am Flughafen ankamen, herrschte bei uns eine bedrückende Stimmung. Das Gebäude wurde von bewaffneten Polizisten überwacht. Alle Eingänge waren verschlossen, bis auf einen. Doch sobald wir das Gebäude betraten, löste sich die beklemmende Stimmung und wandelte sich in Erleichterung. Es schien so, als habe man es geschafft.

Trotz Atemmaske kann man ein Lächeln erkennen

Das lag auch an den Mitarbeitern vor Ort. Panamaisches Bodenpersonal geleitete uns in die richtige Schlange, scherzte und mir fiel erstmals auf, dass man ein lächelndes Gesicht trotz Mundschutz an freundlichen Augen erkennen kann.

Mit nur wenigen Minuten Verspätung konnten wir endlich in den Flieger einsteigen. Überraschend unaufgeregt spazierten wir alle diszipliniert auf unsere Plätze in der bereitgestellten Lufthansa-Maschine. Der Pilot meldete sich zu Wort, erklärte, dass er sich freue, uns nach Hause zu bringen und dass man uns dort schon erwarten würde. Die Maschine muss wohl plötzlich einige Kilogramm mehr auf der Ladefläche gehabt haben, wenn auch nur jeder zweite einen so dicken Kloß im Hals hatte wie ich.

Die Kabinenbesatzung gab in dieser schwierigen Situation ihr Bestes, stets ein strahlendes Lachen aufzulegen und geduldig Kopfhörerkabel auseinanderzuzwirbeln, während man sich in Gedanken ständig fragte, ob man den Job in einem Monat, in einer Woche, oder in ein paar Tagen überhaupt noch machen kann. Muss schwierig sein. Der Service an Board war diesmal anders, aber niemand hat sich daran gestört. Statt des obligatorischen Tomatensafts oder einem Brandy zum Einschlafen bekam jeder eine 1,5-Liter-Flasche Wasser in die Hand gedrückt. Das war aber auch in Ordnung.

Angemerkt hat man den Flugbegleitern bei der Rückholaktion von Panama nach Frankfurt kaum etwas. Lediglich als es uns Passagieren bei der Landung überkam und wir in ein längst veraltetes und eingestaubtes Verhaltensmuster zurückfielen, war bei dem einen oder anderen Teammitglied ein Zeichen der Rührung in den Augen zu erkennen. Wir Passagiere klatschten. Wir klatschten vor Erleichterung, klatschten, um uns für die starke Leistung aller zu bedanken.

Nach dem Applaus erklärte eine Stewardess durch die Lautsprecher, dass die Lage gerade sehr schwierig sei, man nicht wüsste, wie es weitergehe, man aber froh sei, uns nach Hause geflogen zu haben.

Wir haben viel erlebt, haben viele Menschen getroffen, die uns geholfen und sich gekümmert haben. Und am Ende erging es uns tatsächlich wie dem kleinen Tiger und dem kleinen Bären in der Geschichte von Janosch. Denn die beiden lustigen Zeitgenossen klettern während ihrer scheinbaren Reise nach Panama auf einen Baum und sehen ihre Heimat erstmals aus einer ganz anderen Perspektive. Nach einem langen Weg kommen die beiden wieder in ihrem Zuhause an und fühlen sich dort fortan viel wohler. Wer hätte wohl geahnt, dass in einer Kindergeschichte so viel Wahrheit stecken kann.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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