EU-Fan soll Frankreich vor den Rechten retten
Knapp drei Monate vor der PrÀsidentenwahl in Frankreich schlagen die Wellen hoch. Konservativen-Kandidat Fillon kÀmpft mit einer AffÀre. Polit-Jungstar Macron bekommt hingegen Zulauf. Kann er die Rechtspopulistin Marine Le Pen stoppen?
Die Kommentare zum französischen PrĂ€sidentschaftskandidaten Emmanuel Macron ĂŒberschlagen sich. Dem 39-jĂ€hrigen HoffnungstrĂ€ger scheint alles zu gelingen. Der ĂlysĂ©epalast ist zwar lĂ€ngst noch nicht erobert, aber scheinbar in Reichweite gelangt. "Die Dynamik ist auf seiner Seite", urteilt die Wochenzeitschrift "L'Express".
Umfragen sehen den JesuitenschĂŒler und frĂŒheren Wirtschaftsminister in der ersten Runde der PrĂ€sidentenwahl bei ĂŒber 20 Prozent. Er habe damit Chancen, in der entscheidende Stichwahl gegen die europafeindliche Rechtspopulistin Marine Le Pen zu gelangen - und die 48 Jahre alte Chefin des rechtsextremen Front National (FN) bei diesem Szenario auch deutlich zu schlagen.
Bisher fiel die Rolle des Le-Pen-Bollwerks dem konservativen Spitzenkandidaten François Fillon zu. Doch der 62-JĂ€hrige muss sich gegen VorwĂŒrfe wehren, seine Frau fĂŒr viel Geld im Parlament beschĂ€ftigt zu haben - seine Sympathiewerte fallen deshalb deutlich.
Macron will besseres VerhÀltnis zu Deutschland
Macron will im Gegensatz zu Le Pen Europa. Er fordert lautstark, das VerhÀltnis zum wichtigsten EU-Partner Deutschland zu verbessern: "Man kommt in Europa nicht voran, wenn man gegen die Deutschen ist", sagte er dem Radiosender France Inter.
Es sei an Frankreich, Reformen anzuschieben und damit auf der anderen Rheinseite wieder fĂŒr Vertrauen zu sorgen, lautet das harte Verdikt des Kandidaten. Das hört man in Frankreich von der politischen Spitzenebene nur ganz selten. Anfang Januar war er bereits in Berlin.
Links-Rechts-Schema durchbrechen
Macron diente zwar im ĂlysĂ©e unter PrĂ€sident François Hollande, das Parteibuch der Sozialisten hat der smarte Politstar aber schon lange abgegeben.
Sein Projekt heute: Das traditionelle Links-Rechts-Schema durchbrechen, "um auf unsere Herausforderungen zu antworten". Klar einzuordnen ist er bisher nicht, am ehesten ist er ein Liberaler, der dem Einzelnen seine Freiheit zugestehen will. Der einflussreiche Unternehmer, MĂ€zen und MiteigentĂŒmer der Zeitung "Le Monde", Pierre BergĂ© (86), unterstĂŒtzt Macron als einen potenziellen PrĂ€sidenten, "der uns zu einer Sozialdemokratie fĂŒhren wird".
Konkurrenten zeigen SchwÀchen
Der gebĂŒrtige Nordfranzose Macron profitiert knapp drei Monate vor der Wahl von SchwĂ€chen seiner Konkurrenten. Bei der bĂŒrgerlichen Rechten wachsen die Zweifel an Ex-Premier Fillon. In Kommentaren ist schon von einem "Plan B" die Rede, also einem neuen Kandidaten fĂŒr die Konservativen.
Auch Macron war Ziel von VorwĂŒrfen. Demnach soll er bis zu seinem RĂŒcktritt als Wirtschaftsminister im vergangenen August bereits 80 Prozent seines Jahresbudgets fĂŒr ReprĂ€sentationsausgaben verbraucht haben. Er habe keine Regeln verletzt, lautet die Antwort des AnwĂ€rters. FĂŒr seine politische Bewegung "En Marche!" sei kein einziger Euro geflossen.
Linksruck bei den Sozialisten
Die angeschlagenen Sozialisten wĂ€hlten am vergangenen Wochenende den Parteillinken BenoĂźt Hamon zu ihrem AnwĂ€rter fĂŒr den ĂlysĂ©epalast. Sozialdemokratisch eingestellte Abgeordnete gehen bereits auf Distanz, Macron profitiert davon.
Bei Macrons Bewegung "En Marche!" wird die potenzielle Spaltung der Parti Socialiste (PS) und ein absehbarer Zulauf aus dem linken Lager aber nicht bejubelt. "'En Marche!' hat nicht das Ziel, der Linken eine Wiederaufrichtung zu erlauben", unterstrich der Ex-Minister und Macron-AnhÀnger Jean Arthuis in der Zeitung "Le Figaro".
Faszinierende Persönlichkeit
Macron fasziniert auch als Person, und das nicht nur wegen der Beziehung zu seiner mehr als 20 Jahre Àlteren Frau Brigitte Trogneux, die er als seine Lehrerin kennen lernte. Er selbst wechselte spÀter aus der feinen Rothschild-Bank in die Politik und will, dass sein Beispiel Schule macht. Eine neue Regierung soll mit Vertretern der sogenannten Zivilgesellschaft sowie der Linken und der Rechten besetzt werden.
Details sind offen, sein Programm will der Kandidat bis Ende des Monats prĂ€zisieren. Vor allem die Konservativen mokieren sich darĂŒber. "Er (Macron) sagt, er habe ein Projekt, ich warte darauf", sagte unlĂ€ngst Fillon.
Viel Platz in der politischen Mitte
Da nicht klar ist, ob der bekannte Zentrumspolitiker François Bayrou wieder antritt, wird die politische Mitte nach dem Linksrutsch der Sozialisten und dem sehr wirtschaftsliberalen Auftreten Fillons de facto nur von Macron besetzt, meinen Kommentatoren. Sie weisen dabei aber auf Risiken hin. Wie kann man den Zustrom enttÀuschter Sozialisten managen, ohne Mitte-Rechts-WÀhler zu entfremden? - so laute eine der zentralen Fragen.