Mitglied der iranischen Revolutionsgarden erschossen
Ein Mitglied der Eliteeinheit wurde in der NΓ€he seines Wohnsitzes erschossen. Kurz nach ihrer Freilassung zeigt sich eine Schauspielerin wieder ohne Kopftuch.
Im Iran ist staatlichen Medien zufolge ein AngehΓΆriger der mΓ€chtigen Revolutionsgarden erschossen worden. Der Mann sei in der NΓ€he seines Wohnsitzes am Dienstagabend in der Hauptstadt Teheran getΓΆtet worden, hieΓ es in einer Polizeimitteilung, die am Mittwoch von der staatlichen Nachrichtenagentur Irna zitiert wurde. Er soll "von vier Kugeln vor seinem Haus" getroffen worden sein, nachdem er "von Unbekannten ins Visier genommen worden war".
Laut Irna ermittle die Polizei weiter zu dem Vorfall. Rund um den Tatort seien "Hinweise auf EinbrΓΌche" festgestellt worden. Das Exilmedium "Iran International" mit Sitz in London berichtet am Donnerstag hingegen, dass der Mann von den Revolutionsgarden selbst getΓΆtet worden sein soll β der genannte Grund: dass er Demonstranten gegenΓΌber "nachsichtig" gewesen sei. Das will das Medium aus mehreren Quellen erfahren haben. Ein Mann habe die SchΓΌsse abgegeben und sei dann auf einem Motorrad geflΓΌchtet. UnabhΓ€ngig ΓΌberprΓΌfen lassen sich die Angaben nicht.
Chamenei: "Wir alle haben SchwΓ€chen"
Die islamische Republik Iran wird seit September von regierungskritischen Protesten erschΓΌttert, die das Regime gewaltsam niederschlagen lΓ€sst. Hunderte Demonstranten sind in den vergangenen Monaten gestorben, Tausende inhaftiert. In Haft werden einige Menschen verschiedenen Berichten aus dem Land zufolge gefoltert, auch sexualisierte Gewalt soll gegen die Inhaftierten eingesetzt werden.
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In den zurΓΌckliegenden Monaten waren auch mehrere Mitglieder der Revolutionsgarden, der Eliteeinheit des Landes, getΓΆtet worden. AusgelΓΆst vom Tod der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im Polizeigewahrsam stΓΌrzte Teheran in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten. Die 22-JΓ€hrige war vor mehr als drei Monaten wegen eines VerstoΓes gegen die im Iran geltenden islamischen Kleidungsvorschriften festgenommen worden.
Kopftuchzwang soll durch andere Methoden verfolgt werden
Inzwischen sind immer mehr Frauen in Irans Metropolen in der Γffentlichkeit ohne Kopftuch zu sehen. WΓ€hrend die sogenannte Sittenpolizei, die auch Amini festgenommen hatte, fast vollstΓ€ndig von den StraΓen verschwunden ist, soll der Kopftuchzwang durch andere Methoden wie etwa VideoΓΌberwachung verfolgt werden.
Das Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei versucht unterdessen, mit Worten die Lage zu deeskalieren: "Schlecht sitzende KopftΓΌcher" seien nach Worten des religiΓΆsen FΓΌhrers nicht "entgegen von Religion und Revolution". "Schlecht oder locker sitzende KopftΓΌcher sind nicht richtig. Aber es bedeutet nicht, dass wir sie entgegen von Religion und Revolution betrachten sollten", wurde Chamenei am Mittwoch von Irna zitiert. "Wir alle haben SchwΓ€chen, die wir beheben mΓΌssen, und alles, was wir beheben kΓΆnnen, wird besser." Nach der Islamischen Revolution 1979 wurden im Iran strenge islamische Kleidungsvorschriften eingefΓΌhrt, die auch kontrolliert werden.
Teheran droht nach Karikaturen in franzΓΆsischer Zeitschrift
Von Chamenei waren am Mittwoch in der franzΓΆsischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" Karikaturen verΓΆffentlicht worden. Das AuΓenministerium bezeichnete diese als Reaktion in einer Mitteilung als "beleidigend und unangemessen". Der franzΓΆsische Botschafter wurde einbestellt, schrieb die Nachrichtenagentur Tasnim auf Twitter.
Immer wieder verspottet "Charlie Hebdo" iranische Politiker. Das Magazin wurde deshalb bereits von der Islamischen Republik auf eine Sanktionsliste gesetzt. "Wir lassen nicht zu, dass die franzΓΆsische Regierung ΓΌber das Ziel hinausschieΓt", hieΓ es der Mitteilung des Ministeriums.
Bei den am Mittwoch verΓΆffentlichten Karikaturen handelt es sich um Einsendungen seines Wettbewerbs #MullahsGetOut. "Wir wollten den Kampf der Iraner fΓΌr ihre Freiheit unterstΓΌtzen, indem wir ihren vorsintflutlichen religiΓΆsen AnfΓΌhrer lΓ€cherlich machen und ihn in den MΓΌlleimer der Geschichte werfen." Eine der ausgewΓ€hlten Zeichnungen zeigt Chamenei, wie er sich an einem Strick in einem See aus Blut vor dem Ertrinken zu retten versucht.
Die neue Ausgabe von "Charlie Hebdo" hat ebenfalls eine Karikatur zum Iran auf dem Titel, der auf der Webseite der Zeitschrift zu sehen ist. Abgebildet ist eine nackte Frau, die auf dem RΓΌcken liegt. MΓ€nner mit langen GewΓ€ndern, BΓ€rten und Turban laufen hintereinander in ihre Vagina. Dazu der Spruch: "Mullahs geht zurΓΌck, wo ihr herkommt!"
Schauspielerin auf Kaution wieder frei
Derweil ist die bekannte iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti nach mehr als zwei Wochen Haft aus dem berΓΌchtigten Ewin-GefΓ€ngnis auf Kaution freigelassen worden. Dies berichtete die reformorientierte Zeitung "Shargh". Alidoosti war Mitte Dezember im Zusammenhang mit den landesweiten Protesten im Iran verhaftet worden. Sie hatte sich zuvor mit der Frauenbewegung solidarisiert und auf Instagram ein inzwischen gelΓΆschtes Bild ohne das im Iran obligatorische Kopftuch verΓΆffentlicht.
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Der Schauspielerin wurden nach ihrer Verhaftung "Verbreitung von Falschinformationen und UnterstΓΌtzung von konterrevolutionΓ€ren Kreisen" vorgeworfen. Bilder in sozialen Medien sollen zeigen, wie Alidoosti kurz nach ihrer Freilassung sich wieder ohne ein Kopftuch in der Γffentlichkeit zeigte.
Die 38-JΓ€hrige zΓ€hlt zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen Irans. Zu Alidoostis bekanntesten Filmen gehΓΆren unter anderem die Dramen "The Salesman" sowie "Alles ΓΌber Elly", beide unter der Regie des zweifachen Oscar-Gewinners Asghar Farhadi. Im vergangenen Jahr feierte sie bei den Filmfestspielen in Cannes die Premiere ihres neuesten Films "Leila's Brothers". Die ΓΆffentliche VorfΓΌhrung des Films in den iranischen Kinos wurde vom Kultusministerium verboten.
- Nachrichtenagentur dpa und AFP
- iranintl.com: "Exclusive - Sources say Basij commander killing was inside job by Iran guards" (englisch)
- twitter.com: @GolinehAtai
- cnn.com: How Iran's security forces use rape to quell protests (englisch)