Vertrag mit Ex-Sowjetrepubliken Mini-Nato: Putin kann Truppen innerhalb eines Tages alarmieren

Die Streitkräfte ehemaliger Sowjetrepubliken können Russland nun schneller zu Hilfe kommen. Moskau hat auch eine neue Kommandostruktur beschlossen.
Russland hat die Möglichkeiten eines Militärbündnisses ehemaliger Sowjetrepubliken ausgeweitet. Das russische Parlament hat die Beistandsverpflichtungen der Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) verschärft. In dem 1992 zwischen ehemaligen Sowjetstaaten beschlossenen Vertrag ist es Mitgliedern erlaubt, zum Beispiel im Falle eines bewaffneten Konflikts Truppen in andere OVKS-Staaten zu entsenden. Eine solche Hilfe soll bereits innerhalb eines Tages möglich sein, zuvor waren es 30 Tage, berichtet das amerikanische Institut für Kriegsstudien (ISW).
- Die OVKS: Putins Mini-Nato
Ein "Formationskommando" soll in Zukunft die Streitkräfte befehligen, die in einen Mitgliedsstaat entsandt werden. Dieses Kommando dürfte nach Einschätzung des ISW von Russland dominiert sein. Der Rat für kollektive Sicherheit der OVKS hatte das Protokoll bereits im November 2024 genehmigt, Russland hat es jetzt ratifiziert.
Die OVKS-Übereinkunft wurde 1992 unterschrieben und 2002 in eine internationale Organisation überführt. Sie versteht sich als - wenn auch deutlich kleineres – Pendant zur Nato im postsowjetischen Raum. Ihm gehören Russland, Belarus, Armenien, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan an. Armenien hat allerdings 2024 angekündigt, aus dem Vertrag aussteigen zu wollen.
Institut: Russland will Streitkräfte unterordnen
Das ISW schätzt seit Langem, dass der Kreml versucht, die Streitkräfte ehemaliger Sowjetstaaten den russischen Streitkräften unterzuordnen, um eine multinationale kombinierte Armee im postsowjetischen Raum zu schaffen.
Putin hat bislang das OVKS genutzt, militärischen Einfluss auf ehemalige Sowjetrepubliken auszuüben, zum Beispiel in Armenien. Obwohl die dortige Regierung um russische Truppen bat, schickte Putin nur Beobachter.
Merz: Russland kann Nato nicht als Ganzes angreifen
Russland kann im Falle eines bewaffneten Konflikts mit der Nato auf die Ressourcen der OVKS-Mitgliedsstaaten zurückgreifen. Militärexperten haben in den vergangenen Monaten immer wieder davor gewarnt, dass Russland trotz des Kriegs gegen die Ukraine in wenigen Jahren in der Lage sei, Nato-Länder anzugreifen. Vor allem die baltischen Länder befürchten einen solchen Angriff, aber auch Finnland war erst kürzlich der Nato beigetreten, weil es zunehmend Spannungen mit Russland gibt.
Nach Ansicht von Bundeskanzler Friedrich Merz ist Russland nicht stark genug, um die Nato "als Ganzes" anzugreifen. Es gehe bei der jetzt beschlossenen Steigerung der Militärausgaben der Nato aber darum, Russland abzuschrecken, auch nur einen Teil der Nato anzugreifen, sagt Merz beim Gipfel des Militärbündnisses in Den Haag.
Nato-Generalsekretär Mark Rutte hatte vor Beginn des Bündnisgipfels vor Russlands Aufrüstung gewarnt. Die Geschwindigkeit, mit der sich Russland militärisch neu aufstelle, sei "wirklich atemberaubend und beängstigend", sagte Rutte bei einer Fragerunde in Den Haag. Wenn man sich nicht darauf vorbereite, werde man sich in drei bis fünf Jahren nicht mehr verteidigen können.
- understandingwar.org: "Russian Offensive Campaign Assessment, June 24, 2025" (Englisch)
- suspilne.media: "Держдума РФ спростила перекидання військ між державами-членами ОДКБ" (ukrainisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa