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Syrien: Todbringende Offensive von Donald Trump


Zivile Opfer in Syrien
Trumps todbringende Offensive

spiegel-online, Christoph Sydow

24.03.2017Lesedauer: 3 Min.
Suche nach Opfern: Syrische Zivilisten und Weißhelme nach einem Luftangriff in Aleppo.Vergrößern des BildesSuche nach Opfern: Syrische Zivilisten und Weißhelme nach einem Luftangriff in Aleppo. (Quelle: AFP-bilder)
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"Wir führen einen politisch korrekten Krieg gegen den IS. Wir müssen die Familien der Terroristen ausschalten. Wir müssen sie in Grund und Boden bomben." Das hatte Donald Trump im Wahlkampf angekündigt. Zwei Monate nach seiner Amtsübernahme als US-Präsident zeichnen sich möglicherweise die ersten Folgen ab.

Seit dem 20. Januar ist die Zahl der zivilen Opfer bei US-Luftangriffen im Norden Syriens deutlich gestiegen. Allein in den vergangenen Tagen trafen US-Bomben mehrere zivile Ziele: Am vorigen Donnerstag wurden bei einem Luftangriff im Dorf al-Jina rund 40 Menschen getötet.

Kinder unter den Opfern

Das Pentagon behauptet, ein Treffen von Qaida-Kommandeuren angegriffen zu haben. Augenzeugen vor Ort und Menschenrechtsgruppen berichten, dass bei dem Angriff eine Moschee getroffen wurde und die Opfer Zivilisten sind. Auf einer Liste mit Opfernamen, die von den Weißhelmen veröffentlicht wurde, stehen 10- und 14-jährige Kinder.

Am Wochenende bombardierte die US-Luftwaffe unter anderem einen Bauernhof und eine Bäckerei in der Nähe der IS-Hochburg Rakka. Bei diesen Angriffen kamen nach übereinstimmenden Berichten von Medien der syrischen Opposition, Anti-IS-Aktivisten und der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mindestens zehn Zivilisten ums Leben.

"Keine Anhaltspunkte"

Am Dienstagmorgen traf ein US-Angriff eine Schule in dem Ort al-Mansura rund 25 Kilometer westlich von Rakka. In dem Gebäude hatten Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Bei dem Luftschlag wurden nach Angaben von Augenzeugen mindestens 30 Zivilisten getötet.

Wie schon nach dem Angriff auf die Moschee in al-Jina bestreitet das Pentagon in einer ersten Stellungnahme, dass es zivile Opfer gegeben habe. Dafür gebe es derzeit "keine Anhaltspunkte", man werde dem aber nachgehen, sagte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums. Es ist üblich, dass das Militär erst Tage oder Wochen später sogenannte Kollateralschäden einräumt.

USA töten inzwischen mehr Zivilisten als Russland

Der Informationsdienst "Airwars", der zivile Opfer des Kriegs gegen den IS registriert, hat seit Beginn von Trumps Amtszeit 45 US-Luftangriffe mit rund 200 getöteten Zivilisten in Syrien gezählt. "Die Intensität der Angriffe 2017 ist beispiellos", so "Airwars".

2016 kamen pro Monat im Schnitt 35 Zivilisten bei Luftschlägen der US-geführten Koalition im Irak und Syrien ums Leben. Unter Trump hat sich die Zahl vervielfacht. Laut der Zählung des Portals sind seit Januar mehr Zivilisten in Syrien durch amerikanische als durch russische Luftschläge getötet worden.

Kriterien gelockert?

Wenige Tage nach seinem Einzug ins Weiße Haus forderte Trump das Pentagon in einem Memorandum auf, einen neuen Plan für den Kampf gegen den IS auszuarbeiten. Der US-Präsident bat darin ausdrücklich um "Veränderungen bei allen Einsatzregeln und Beschränkungen, die über die Anforderungen des Völkerrechts hinausgehen".

Im Klartext heißt das unter anderem, dass Trump das US-Militär aufforderte, die Kriterien bei der Auswahl der Ziele von Luftangriffen zu lockern. Unklar ist, ob die neue Regierung die Einsatzregeln tatsächlich gelockert hat. Die steigende Zahl der zivilen Opfer deutet allerdings darauf hin.

Barack Obama hatte im Juli 2016 noch ein Dekret unterzeichnet, das die Zahl der getöteten Zivilisten beim Anti-IS-Kampf minimieren sollte. Darin betonte der damalige Präsident, dass die USA bei ihren Missionen Standards anwendeten, die über denen liegen, die das Völkerrecht vorschreibt.

Trump lässt dem Pentagon größere Freiheiten

Ehemalige US-Regierungsbeamte zeigten sich schon vor Wochen wegen Trumps Kurs alarmiert. In einem offenen Brief appellierten sie an den neuen Verteidigungsminister James Mattis, die veränderten Einsatzregeln bei Luftangriffen zu überdenken. "Die Vereinigten Staaten haben immer Wert daraufgelegt, ziviles Leid in bewaffneten Konflikten zu minimieren, weil es richtig ist und weil es strategisch sinnvoll ist", heißt es in dem Schreiben.

Klar scheint bislang nur, dass Oberbefehlshaber Trump dem Pentagon größere Freiheiten bei militärischen Entscheidungen gewährt. Die "New York Times" berichtete bereits am Wochenende unter Berufung auf ranghohe Regierungskreise, dass das Militär unter dem neuen Präsidenten größere Autonomie genieße.

An sorgfältiger Prüfung nicht gelegen

Das berge jedoch die Gefahr, dass die Entscheidungen der Generäle für die Ausführung militärischer Operationen nicht ausreichend geprüft würden. Unter anderem zeigte sich das bei einer missglückten Kommandoaktion gegen eine mutmaßliche Qaida-Zentrale im Jemen. Bei dem Einsatz Ende Januar wurden zahlreiche Zivilisten und ein US-Soldat getötet. Kritiker werfen dem Oberbefehlshaber vor, die Operation einfach durchgewinkt zu haben.

Die Aussagen von Trump im Wahlkampf und sein Memorandum an das Pentagon zeigen jedoch, dass dem US-Präsidenten an der sorgfältigen Prüfung von Angriffen seines Militärs offenbar gar nicht gelegen ist.

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