Krisenstaat in Westafrika Mali wählt einen neuen Präsidenten

In Mali wird an diesem Wochenende ein neuer Präsident gewählt. Die Sicherheitslage hat sich seit dem Wahlsieg des Amtsinhabers dramatisch verschlechtert.
Im Saharastaat Mali hat am Sonntag die Präsidentenwahl begonnen. Die acht Millionen Wähler sollen entscheiden, ob der 71-jährige Staatschef Ibrahim Boubacar Keita trotz der wachsenden Gewalt im Land eine zweite Amtszeit bekommt.
Seit seinem Wahlsieg vor fünf Jahren hat sich die Sicherheitslage dramatisch verschlechtert. So gibt es einen Aufstand der Tuareg-Volksgruppe und Angriffe radikaler Islamisten vor allem im Norden und in der Mitte des Landes.
Zu Keitas zwei Dutzend Rivalen gehören Geschäftsleute und ein Astrophysiker. Wegen der Gewalt fällt die Wahl in Teilen des Landes aus. EU-Beobachter hatten die Regierung deswegen am Samstag aufgefordert, eine Liste mit den betroffenen Ortschaften zu veröffentlichen. Erste Ergebnisse sollen gegen Ende der Woche bekanntgegeben werden.
Angesichts der zunehmenden Gewalt versuchen auch andere Staaten, Mali zu stabilisieren. So hilft die Bundeswehr mit bis zu 1.100 Soldaten im Rahmen des UN-Einsatzes Minusma. Frankreich ist mit Tausenden Soldaten in seiner früheren Kolonie vertreten.
Große Chancen für amtierenden Staatschef
Die größten Chancen bei der Abstimmung werden dem amtierenden Staatschef Keïta zugerechnet. Sein wichtigster Herausforderer, Oppositionsführer Soumaïla Cissé (68), könnte sich jedoch nach Meinung von Experten genügend Stimmen sichern, um eine Stichwahl in zwei Wochen zu erzwingen.
Der wüstenhafte Norden Malis ist das Rückzugsgebiet mehrerer mit Al-Kaida verbundener islamistischer Terrororganisationen. Die Fundamentalisten gewinnen jedoch zunehmend auch im bevölkerungsreicheren Zentrum Malis Einfluss. Die rund 14.000 Mann starke UN-Friedensmission bemüht sich um eine Stabilisierung Malis.
Stabilität in Mali zu erreichen, ist auch für Deutschland wichtig: Zum einen ist der Staat ein Transitland für Migranten, zum anderen wäre der Norden bei einem Staatszerfall das perfekte Rückzugsgebiet für radikale Islamisten aller Art – und das nur eine Landesgrenze vom Mittelmeer entfernt. Das ist nicht weit hergeholt: 2012 übernahmen mit Al-Kaida verbundene Islamisten in Folge eines Tuareg-Aufstands die Macht im Norden des Landes. Erst durch eine französische Militärintervention 2013 wurden die Islamisten zurückgedrängt.
Glaubwürdige Wahl ist unwahrscheinlich
Doch im Zentrum und im Norden des Landes – ein Gebiet etwa von der doppelten Fläche Deutschlands - kontrollieren die Islamisten wieder weite Landstriche. Dort wird nur eine Minderheit der Menschen abstimmen, was eine glaubwürdige Wahl unwahrscheinlich macht, wie die Experten der Denkfabrik International Crisis Group (ICG) erklären.
Die deutschen Soldaten sind vor allem im nordöstlichen Gao stationiert. Für die Bundeswehr ist die UN-Mission knapp hinter Afghanistan der zweitgrößte Auslandseinsatz. Er kostet pro Jahr derzeit etwa 270 Millionen Euro. Für Entwicklungshilfe hingegen bekommt Mali von Deutschland seit 2013 im Schnitt jährlich nur rund 70 Millionen Euro.
Die Islamisten können indes nach Meinung vieler Experten nur nachhaltig besiegt werden, wenn der malische Staat gestärkt wird. Mali ist eines der ärmsten Länder der Welt. Fast die Hälfte der Kinder im Grundschulalter – rund 1,2 Millionen – gehen laut UN-Kinderhilfswerk nicht zur Schule. Jedes neunte Kind stirbt demnach noch vor dem fünften Geburtstag (Deutschland: etwa jedes 250. Kind).
- dpa, rtr