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Türkei: Kommunalwahl wird zum Polit-Krimi – Erdogans AKP verliert Ankara


Türkische Kommunalwahl wird zum Polit-Krimi

Von dpa, afp, aj

Aktualisiert am 01.04.2019Lesedauer: 3 Min.
Ankara: Anhänger der oppositionellen CHP-Partei gehen am Wahlabend auf die Straße.Vergrößern des BildesAnkara: Anhänger der oppositionellen CHP-Partei gehen am Wahlabend auf die Straße. (Quelle: Burhan Ozbilici/ap-bilder)
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Es war mehr als nur eine Kommunalwahl für Erdogan: Es war ein Test für seine Regierung. Nun wird es in den zwei wichtigsten Großstädten knapp für seine Partei AKP. Ob es heute endlich klare Resultate gibt?

Bei den landesweiten Kommunalwahlen waren alle Augen auf die Millionenmetropolen Istanbul und Ankara gerichtet, die seit Jahren von der AKP regiert werden. Am späten Abend lag AKP-Kandidat Binali Yildirim in Istanbul mit 48,7 Prozent praktisch gleichauf mit dem CHP-Kandidaten Ekrem Imamoglu, doch beanspruchte er den Sieg für sich. "Wir haben gewonnen", sagte der frühere Ministerpräsident vor jubelnden Anhängern.

Nach Auszählung von 98 Prozent der Wahlzettel trennten sie zu diesem Zeitpunkt nur knapp 5.000 Stimmen. Zeitgleich mit Yildirim hielt Imamoglu eine Pressekonferenz in Istanbul ab, bei der er dem AKP-Kandidaten "Manipulation" vorwarf, da noch nicht alle Stimmen ausgezählt seien. Spät in der Nacht beanspruchte er in einer Rede den Sieg in Istanbul. Die Ergebnisse zeigten, dass seine Partei uneinholbar vorne liege.

"Gemäß unseren Daten hat Ekrem Imamoglu gewonnen", sagte auch der CHP-Vorsitzende Kemal Kilicdaroglu bei einer Pressekonferenz. Für Kritik sorgte, dass die amtliche Nachrichtenagentur Anadolu seit Mitternacht die Ergebnisse auf ihrer Wahlwebsite nicht mehr aktualisierte. Schon bei Abstimmungen in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Manipulationsvorwürfe gegeben.

Während das Rennen in der Bosporus-Metropole in der Nacht nicht entschieden war, stand die AKP in der Hauptstadt vor dem Verlust des Rathauses. Nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmzettel lag der CHP-Kandidat Mansur Yavas mit 50,9 Prozent klar in Führung. Amtsinhaber Mehmet Özhaseki von der AKP erreichte nur 47 Prozent. Vor der CHP-Zentral in Ankara feierten in der Nacht hunderte Anhänger.

Erdogan reklamiert 16 Großstädte für sich

Bei einer Rede vom Balkon des AKP-Hauptquartiers vermied es Erdogan, die Niederlage seiner Partei in Ankara einzugestehen oder sich klar zum Wahlergebnis in Istanbul zu äußern. Stattdessen betonte der AKP-Vorsitzende, dass seine Partei im Bündnis mit der ultrarechten MHP landesweit 56 Prozent der Rathäuser erobert habe. Auch in Istanbul habe sie die Mehrheit der Bezirke gewonnen, sagte Erdogan. Die türkische Regierungspartei AKP will demnach die Bürgermeisterämter von 16 Großstädten erobert haben. In den Kommunalwahlen von 2014 hatte Erdogans islamisch-konservative AKP noch 18 Großstädte gewonnen.

Es wurde allerdings nicht unmittelbar klar, welche beiden Großstädte AKP-Bürgermeisterkandidaten aus Erdogans Sicht verloren hatten, denn die Wahlbehörde YSK hatte um kurz nach 23.00 Uhr Ortszeit damit aufgehört, über die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu Wahlergebnisse zu veröffentlichen. Da waren gerade mal rund 91 Prozent der Stimmen ausgezählt.

Zwei Tote in Wahllokal im Osten

Insgesamt verlief die Wahl recht ruhig. In der Osttürkei waren mehrere europäische Wahlbeobachter kurzzeitig festgehalten worden, unter ihnen zwei Italiener. Zwei Tote gab es im ostanatolischen Malatya, wo der Nachrichtenagentur DHA zufolge zwei Gruppen in einem Wahllokal im Bezirk Pötürge aneinandergerieten. Ein Mann habe eine Pistole gezogen und zwei andere getötet.

Der Chef der kleinen Oppositionspartei Saadet, Temel Karamollaoglu, schrieb auf Twitter, die Opfer seien Wahlbeobachter seiner Partei. Außerdem gab es Berichte über Prügeleien und Messerstechereien. Das Innenministerium zählte bis zum Nachmittag Ortszeit 310 "Vorfälle". Bei der Kommunalwahl von 2014 waren laut Innenministerium noch zwölf Menschen ums Leben gekommen.

Polizisten sicherten teilweise Wahllokale

Oppositionelle Medien wie Bianet oder Dokuz8Haber berichteten von Unregelmäßigkeiten; das Ausmaß der Wahlmanipulationen war aber nicht unmittelbar absehbar. Im Osten, wo die pro-kurdische Oppositionspartei HDP besonders stark ist, standen Sicherheitskräfte vielerorts gleich neben den Urnen. Laut Wahlgesetz dürfen sich Sicherheitskräfte nur auf Anfrage hin in direkter Umgebung der Urnen aufhalten. Ein dpa-Reporter berichtete aus der Stadt Diyarbakir, dass in einer Schule, die als Wahllokal dient, Polizisten an den Türen der Klassenräume postiert waren, in denen die Wähler ihre Stimme abgaben.



Die Grünen-Politikerin Margit Stumpp, die in der osttürkischen Stadt Diyarbakir zur Wahlbeobachtung unterwegs war, sagte, HDP-Abgeordnete hätten ihr von großen Diskrepanzen in den Wählerregistern erzählt. Rund 57 Millionen Türken waren landesweit aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Abstimmung fand in allen 81 Provinzen gleichzeitig statt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP
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