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Belarus: Diese fünf Dinge muss die EU jetzt gegen Lukaschenko tun


Proteste in Belarus
Das muss die EU jetzt gegen den Fake-Präsidenten tun

MeinungVon Ralf Fücks und Marieluise Beck

Aktualisiert am 18.08.2020Lesedauer: 3 Min.
Meinung
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Alexander Lukaschenko: Die Rechtmäßigkeit seiner Wiederwahl ist heftig umstritten.Vergrößern des Bildes
Alexander Lukaschenko: Die Rechtmäßigkeit seiner Wiederwahl ist heftig umstritten. (Quelle: Dmitri Lovetsky/dpa-bilder)

In Belarus demonstrieren Tausende, die EU befasst sich in einem Sondergipfel mit der Lage im Land. Statt nur Solidarität zu versprechen, müsste Europa endlich handeln.

Bis vor ein paar Wochen lag Belarus im toten Winkel der europäischen Öffentlichkeit. Ein hartes autoritäres Regime, ein vorsintflutlicher Alleinherrscher, kaum Aussicht auf Veränderung. Das hat sich gründlich gewandelt. Wer ein Herz für die Ideale der friedlichen Revolution von 1989/90 hat, schaut mit Sympathie auf dieses Land. Immer mehr Menschen gehen auf die Straße und fordern Lukaschenkos Rücktritt.

Es gibt keine Regie, keine organisierte Kampagne – die Bewegung ist spontan, selbstorganisiert, ohne eine klare Führung. Auch die Arbeiter der Staatsbetriebe, bislang ein Rückhalt für den letzten Alleinherrscher westlich Russlands, pfeifen ihn aus. Angesichts massiver Wahlfälschungen und der exzessiven Gewalt gegen friedliche Proteste verliert der Diktator jeden Rückhalt in der Bevölkerung. Der Ruf nach Freiheit lässt sich nicht mehr unterdrücken.

Ralf Fücks und Marieluise Beck leiten das Zentrum Liberale Moderne in Berlin. Sie engagieren sich seit vielen Jahren für Demokratie und Menschenrechte in Mittel-Osteuropa.

Inzwischen schließen sich auch ehemalige Minister, Journalisten des Staatsfernsehens und Angehörige der Sicherheitskräfte der Opposition an. Als letzten Rettungsanker beschwört Lukaschenko den Unionsstaat mit Russland und behält sich vor, Putin um „brüderliche Hilfe“ zu bitten. In dieser Situation ist eine entschiedene Haltung der Bundesregierung und der EU gefordert. Das bedeutet vor allem:

  • Die europäischen Demokratien müssen auf die sofortige Freilassung der vielen Tausend Festgenommenen drängen und die Sanktionen verschärfen, falls das Regime weiter mit Gewalt gegen die außerparlamentarische Opposition vorgeht. Besonders dringlich ist das Schicksal der rund 80 Frauen und Männer, die seit Beginn der Proteste spurlos verschwunden sind.
  • Der Schlüssel für eine friedliche Lösung in Belarus ist die Wiederholung der Präsidentschaftswahl. Sie war von A bis Z eine Farce. Die Opposition wurde massiv behindert, die Wahlergebnisse massiv gefälscht. Es springt zu kurz, lediglich eine „Überprüfung“ der Wahl zu fordern, wie es die Bundesregierung angekündigt hat. Dafür gibt es keine belastbare Grundlage. Eine legitime politische Autorität kann nur aus einer Wiederholung der Präsidentschaftswahl und einer anschließenden Neuwahl des Parlaments hervorgehen. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) muss gewährleisten, dass die Wahlen frei und fair verlaufen. Dafür sollte sich die EU stark machen.
  • Lukaschenko spielt auf Zeit. Nachdem es nicht gelungen ist, die Proteste mit Blendgranaten, Gummiknüppeln, Verhaftungen und Misshandlungen zu ersticken, bekundet er jetzt seine Kompromissbereitschaft, will aber weiter das Heft in der Hand behalten. Darauf darf sich die EU nicht einlassen. Lukaschenko hat seit der Fake-Wahl vom 9. August kein legitimes politisches Mandat mehr. Er ist nur noch ein Fake-Präsident, der so schnell wie möglich abtreten muss, um den Weg für einen Neuanfang frei zu machen.
  • Eine russische Militärintervention ist gegenwärtig nicht wahrscheinlich. Das politische Risiko wäre hoch, und der Kreml besitzt andere Möglichkeiten, die Entwicklung in Belarus in seinem Sinn zu beeinflussen. Aber Putin hat diese Option nach seinem Telefonat mit Lukaschenko ausdrücklich offengelassen. In dieser Frage sollten Angela Merkel und die EU sehr klar sein. Der Kreml muss wissen, dass eine militärische Intervention in Belarus empfindliche Sanktionen nach sich ziehen würde.
  • Im Unterschied zur Ukraine im Jahr 2014 drehen sich die Proteste in Belarus nicht um eine Entscheidung zwischen Russland und Europa. Auf dem Maidan gab es ein Meer von EU-Fahnen, auf den Kundgebungen in Minsk sind allein die weißrussischen Farben zu sehen. Es geht um faire Wahlen, Rechtsstaatlichkeit und ein Leben in Freiheit. Das sollte die EU ebenso respektieren wie die russische Führung. Berlin und Brüssel sollten sich für nichts anderes als die demokratischen Werte einsetzen, für die auch die Menschen in Belarus kämpfen – das aber ohne Wenn und Aber.

Die friedliche Revolution in Belarus verdient unsere volle Solidarität. Ein demokratisches Belarus wäre ein Gewinn für die Freiheit und Sicherheit Europas.

Die im Gastbeitrag geäußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wider und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online.de-Redaktion.

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