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Proteste in Belarus: Wie Lukaschenko systematisch die Wahrheit unterdrückt


Angriffe auf Reporter
Wie Lukaschenko systematisch die Wahrheit unterdrückt


28.08.2020Lesedauer: 3 Min.
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12. August: Sicherheitskräfte gehen gegen eine junge Frau vor, die sich klar als Journalistin erkennbar gemacht hat.Vergrößern des Bildes
12. August: Sicherheitskräfte gehen gegen eine junge Frau vor, die sich klar als Journalistin erkennbar gemacht hat. (Quelle: Russian Look/imago-images-bilder)

In Belarus zieht das Regime die Zügel wieder an. Neben mehreren Hundert Demonstranten wurden zuletzt auch Dutzende Journalisten festgenommen. Der Kampf gegen die Presse hat bei Lukaschenko System.

Bei den Protesten in Belarus (Weißrussland) geht das Regime von Präsident Alexander Lukaschenko wieder mit großer Härte gegen Demonstranten vor. Nachdem die Uniformierten bis Anfang dieser Woche kaum eingeschritten waren, nahmen sie am Donnerstag in Minsk und anderen Städten wieder mehr als 250 Menschen fest, wie Aufnahmen zeigen. Es war die höchste Zahl seit Tagen.

Unter den vielen Festgenommenen waren auch wieder Dutzende Journalisten. Nach Angaben des belarussischen Journalistenverbandes kamen gestern etwa 50 Journalisten in Polizeigewahrsam, die meisten vorübergehend. Unter ihnen seien auch ausländische Reporter gewesen, darunter eine Korrespondentin der Deutschen Welle. Ein schwedischer Journalist sollte an diesem Freitag ausgewiesen werden.

Schon in den vergangenen Wochen hatten Medienschaffende in Belarus immer wieder von Misshandlungen und Festnahmen berichtet. Der belarussische Journalistenverband dokumentierte allein in den vergangenen zwei Wochen 90 Fälle von Repression gegen Berichterstatter. Betroffene sprachen von Verletzungen durch Gummigeschosse und Polizeischläge, von tagelangem Einsperren ohne Nahrung, von mutwillig zerstörter Ausrüstung und beschlagnahmter Technik. Mehrere Dutzend Journalisten wurden vor Gericht gestellt, einige sogar zu kurzen Gefängnisstrafen verurteilt.

Festnahmen und beschlagnahmte Technik

Unter den am Donnerstag festgenommenen Reportern war auch Alexandra Boguslawskaja von der Deutschen Welle. Sie zählte nach Angaben des Innenministeriums zu einer Gruppe Journalisten, die zwecks Überprüfung der Presseakkreditierung auf eine Polizeistation mitgenommen wurden. Boguslawskaja, die laut ihrem Sender über einen gültigen Presseausweis verfügt, berichtete später, sie sei für mehrere Stunden festgehalten worden. Personen in zivil, die Sturmmasken trugen, hätten von ihr und ihren Kollegen verlangt, dass sie ihre Smartphones freischalten. Einige der Journalisten hätten sich dem gebeugt und anschließend die Wache verlassen dürfen. Sie aber habe sich geweigert.

Festgenommen wurden auch Reporter der BBC, von Radio Free Liberty, des belarussischen Portals tut.by und der russischen, regierungskritischen Nachrichtenplattform Lenta.ru, sowie andere Lokaljournalisten. Ebenfalls gestern führten Beamte der Finanzermittlungsbehörden den Mitgründer der beliebten Nachrichtenseite Kyky.org, Alexander Wasilewitsch, aus seinem Büro ab und durchsuchten die Redaktion des Medienunternehmens. Inzwischen wurde Wasilewitsch offiziell in Gewahrsam genommen.

Vier Zähne verloren und die Nase gebrochen

Schlimmer hatte es zuvor Jan Roman getroffen, der für den Fernsehsender Belsat arbeitet. Roman wurde nach Angaben seines Arbeitgebers am 11. August von Mitgliedern der Sondereinheit OMON zusammengeschlagen und ins Gesicht getreten. Der Reporter soll dabei vier Zähne verloren und eine gebrochene Nase sowie einen gebrochenen Wangenknochen davongetragen haben.

Die Belsat-Korrespondentin Alena Dubowik wurde nach Angaben des Senders drei Tage in einer berüchtigten Untersuchungshaftanstalt in Minsk festgehalten. Dort soll sie mehrfach von einer Wärterin geschlagen und getreten worden sein. Nach ihrer Freilassung wurde sie wegen schlimmer Schmerzen im Bauchbereich in ein Krankenhaus gebracht.

Für Schlagzeilen sorgten auch die Berichte des italienischen Reporters Claudio Locatelli. Nach eigenen Angaben wurde Locatelli mehrere Tage lang von der Polizei ohne Essen festgehalten. Dank des Einschreitens der italienischen Botschaft in Minsk kam der Reporter wieder frei. Der "Zeit" berichtete er im Anschluss von brutalsten Übergriffen der Sicherheitskräfte.

Er und andere Kollegen sollen bei ihrer Festnahme ohne Vorwarnung mit Knüppeln zusammengeschlagen worden sein. Im Gefängnis seien sie dann zu Dutzenden in Zellen eingesperrt und immer wieder misshandelt worden. Locatelli berichtete, er hätte die Zelle mit Menschen aus Russland, der Ukraine, der Türkei, Polen oder der Schweiz geteilt, darunter Reporter wie er. Besonders schlimm aber sei es den Belarussen ergangen: "Vor allem einen Mann kann ich nicht vergessen. Wir hörten, wie er geschlagen wurde und schrie und schrie. Dann schien er zu würgen. Ich glaube, er hat sich an seinem eigenen Blut verschluckt. Und dann hörten wir nur noch dieses dumpfe Geräusch. Bumm. Er war einfach umgefallen."

Unabhängige Presse wird systematisch unterdrückt

Menschenrechtsorganisationen haben wiederholt die Gewalt gegen Reporter und Demonstranten angeprangert. Mitte des Monats appellierte Reporter ohne Grenzen (RSF) an die Europäische Union, die für das brutale Vorgehen Verantwortlichen zu bestrafen. "Eine solche Verfolgung der Medien in Europa ist völlig inakzeptabel", sagte die stellvertretende Chefredakteurin von RSF, Catherine Monnet. "Wir fordern eine nachdrückliche Verurteilung dieser offensichtlichen Verstöße gegen das Recht auf Information."

Das Regime in Belarus gilt als das repressivste in ganz Europa. Laut RSF werden Journalisten und Blogger in dem Land systematisch bedroht, Nachrichtenseiten blockiert und Informationen unterdrückt. Die Fernsehsender stünden komplett unter staatlicher Kontrolle. Unabhängige Medienschaffende seien gezwungen, aus dem Ausland zu berichten. Die Organisation führt Belarus in seinem Index der Pressefreiheit auf Platz 153. Schlechter ist kein anderes Land in Europa platziert.

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