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Eklat um Corona-Impfstoff: EU will Antworten – Astrazeneca wehrt sich


"Wir behandeln Europa fair"
Impfstoff-Chaos: EU will Antworten – Astrazeneca wehrt sich

Von afp, reuters, dpa, aj

Aktualisiert am 27.01.2021Lesedauer: 3 Min.
Logo des Impfstoff-Herstellers Astrazeneca: Streit mit der EU über Lieferengpässe.Vergrößern des BildesLogo des Impfstoff-Herstellers Astrazeneca: Streit mit der EU über Lieferengpässe. (Quelle: Dado Ruvic/reuters)
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Der Druck auf den Pharmakonzern Astrazeneca wegen gekürzter Impfstoff-Lieferungen nimmt zu. Die EU fordert Antworten. Nun äußert sich der Chef des Konzerns: Die EU-Kommission habe das Vakzin zu spät bestellt.

Im Streit über knappe Corona-Impfstoffe versucht die Europäische Union an diesem Mittwoch erneut, den Hersteller Astrazeneca zur raschen Lieferung vertraglich zugesicherter Mengen zu bewegen. Die EU-Kommission hat Vertreter des britisch-schwedischen Konzerns (für 18.30 Uhr) zur Krisensitzung mit Experten der EU-Staaten geladen.

Hintergrund ist die Ankündigung der Pharmafirma, nach der für diese Woche erwarteten Zulassung zunächst weniger Impfstoff zu liefern als vereinbart. Statt 80 Millionen Impfdosen sollen nach EU-Angaben bis Ende März nur 31 Millionen ankommen. Den angegebenen Grund – Probleme in der Lieferkette – will die EU nicht gelten lassen. Sie fordert Vertragstreue.

Die Brüsseler Behörde steht selbst in der Kritik, weil Impfstoff in der EU knapp ist und bisher prozentual weit weniger Menschen immunisiert wurden als etwa in Großbritannien oder Israel. Das liegt zum Teil daran, dass die Mittel in der EU eine Marktzulassung statt nur einer Notfallzulassung bekommen sollen, was länger dauert. So hat die Impfkampagne später begonnen. Inzwischen sind Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna zugelassen. Astrazeneca wäre Nummer drei. Doch ausgerechnet dieser Konzern kündigte Lieferengpässe an.

Astrazeneca: EU-Kommission bestellte Impfstoff zu spät

Astrazeneca-Chef Pascal Soriot hat derweil den Verdacht zurückgewiesen, sein Unternehmen liefere eigentlich für die EU bestimmte Impfdosen an andere Länder. Astrazeneca verkaufe das Vakzin "nicht anderswo für Profit", versicherte Soriot in einem am Dienstagabend veröffentlichten Interview mit einem Verbund europäischer Zeitungen, zu dem das deutsche Blatt "Die Welt" gehört. Astrazeneca habe seinen Impfstoff gemeinnützig entwickelt, "wir verdienen damit kein Geld", betonte der Unternehmenschef. Er fügte hinzu: "Ich denke, wir behandeln Europa wirklich fair."

In der EU-Kommission hatte es auch den Verdacht gegeben, Engpässe bei der Belieferung der Europäischen Union mit dem Astrazeneca-Vakzin könnten darauf zurückzuführen sein, dass der britisch-schwedische Hersteller Großbritannien und andere Nicht-EU-Länder mit ungekürzten Mengen des Impfstoffs beliefert.

Soriot hob hervor, dass Astrazeneca seinen Liefervertrag mit Großbritannien drei Monate früher als mit der EU geschlossen habe. Auch bei der Belieferung Großbritanniens habe es "Anfangsprobleme" gegeben. Dort habe es aber drei Monate mehr Zeit gegeben, um diese Probleme zu beheben. In der EU befinde sich Astrazeneca zwei Monate hinter dem ursprünglichen Plan.

Berichte über geringere Wirksamkeit bei Senioren abgewiesen

Berichte deutscher Medien, die Wirksamkeit des Astrazeneca-Impfstoffs sei bei älteren Menschen nur gering, wies Soriot zurück. Das "Handelsblatt" hatte berichtet, bei dem Vakzin werde nur mit einer Wirksamkeit von acht Prozent bei den über 65-Jährigen gerechnet. Soriot nannte diese Zahl falsch: "Wie kann man annehmen, dass Prüfbehörden rund um den Globus ein Mittel zulassen, das nur acht Prozent Wirksamkeit hat?"

Auch das Bundesgesundheitsministerium hatte am Dienstag die Berichte über eine geringere Wirksamkeit des Astrazeneca-Präparats bei Senioren dementiert. Es sprach von einer möglichen Verwechslung von Zahlen. Aus den genannten Daten lasse sich keine geringe Wirksamkeit bei Älteren herleiten, erklärte das Ministerium. Bekannt sei aber "seit dem Herbst, dass in den ersten eingereichten Studien von Astrazeneca weniger Ältere beteiligt waren als bei den Studien anderer Hersteller".

Das Astrazeneca-Vakzin ist bislang nicht in der EU zugelassen. Eine Entscheidung der europäischen Arzneimittelbehörde EMA über die Zulassung des Präparats wird für Freitag erwartet.

Lauterbach: Kritik an Astrazeneca nicht ganz gerecht

Die EU hatte schon im August bis zu 400 Millionen Impfdosen von Astrazeneca bestellt und nach eigenen Angaben 336 Millionen Euro für Entwicklung und Fertigung vorgestreckt. Nach Darstellung der EU-Kommission hätte Astrazeneca seit Oktober auf Halde produzieren müssen, damit der Impfstoff sofort nach der Zulassung in der EU bereitsteht. Schon am Montag hatte die EU Aufklärung vom Hersteller verlangt, doch vorerst ohne Erfolg.

Auch SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der "Rheinischen Post": "Die EU hat relativ spät zu wenig Impfstoff eingekauft. Die massive EU-Kritik an Astrazeneca und anderen Herstellern ist daher nicht ganz gerecht."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen afp und dpa
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