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Tschernobyl-Mitarbeiter hatte Angst vor "Tragödie für die Menschheit"


Russische Truppen in Atomanlage
Mitarbeiter in Tschernobyl: Fürchtete "Tragödie für die Menschheit"

Von dpa, t-online, Kgl

Aktualisiert am 10.04.2022Lesedauer: 3 Min.
Russische Truppen in der Ukraine (Symbolbild): Sie hielten die Atomanlage in Tschernobyl besetzt - und missachteten offenbar vollkommen, wie sensibel die Anlage ist.Vergrößern des BildesRussische Truppen in der Ukraine (Symbolbild): Sie hielten die Atomanlage in Tschernobyl besetzt - und missachteten offenbar vollkommen, wie sensibel die Anlage ist. (Quelle: Komsomolskaya Pravda/imago-images-bilder)
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Einen Monat lang besetzten russische Truppen die Atomruine in Tschernobyl. Nun berichten die ukrainischen Mitarbeiter über die Zustände während der Belagerung – und zeichnen ein katastrophales Bild.

Mitarbeiter des ehemaligen ukrainischen Kernkraftwerks Tschernobyl sorgen sich um ihre mutmaßlich nach Russland verschleppten Kollegen. "Es bekümmert uns", sagte Ingenieur Walerij Semjonow dem russischsprachigen Ableger des britischen Senders BBC. Die ukrainische Führung wirft Russland vor, die Belegschaft von Tschernobyl fast einen Monat lang als Geiseln im Bombenschutzkeller des Gebäudes festgehalten und dann gewaltsam nach Russland gebracht zu haben. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.

Kurz nach ihrem Einmarsch in die Ukraine am 24. Februar hatten russische Truppen Tschernobyl besetzt. Um die Wartungsarbeiten an dem 1986 havarierten Atomkraftwerk kümmerte sich aber weiter ukrainisches Personal. "Wir mussten ständig mit ihnen verhandeln und unser Bestes geben, um sie nicht zu beleidigen, damit sie unserem Personal die Verwaltung des Objekts erlaubten", sagte Ingenieur Semjonow in dem am Samstag veröffentlichten Interview.

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Strom fiel aus

Während der russischen Besatzung fiel zwischenzeitlich auch der Strom aus. Er habe damals heimlich Treibstoff von den russischen Soldaten gestohlen, um die Notstromgeneratoren am Laufen zu halten, erzählte der ukrainische Experte nun. "Ich hatte keine Angst um mein Leben. Ich hatte Angst vor dem, was passiert, wenn ich mich nicht um die Anlage kümmere. Ich hatte Angst, dass es eine Tragödie für die Menschheit gibt."

Noch heute lagern in Tschernobyl radioaktive Abfälle. In den vergangenen Tagen gab es mehrere Berichte, dass russische Soldaten in dem Wald Gräben ausgehoben haben und sich dabei angeblich selbst verstrahlt haben sollen. "Wir haben ihnen gesagt, dass sie das nicht tun sollten, dass es zu gefährlich ist – aber sie haben uns ignoriert", sagte Semjonow der US-Zeitung "New York Times".

Soldaten in den Wäldern, radioaktives Material in Gebäuden

Auch ein Team des amerikanischen Senders CNN besuchte Tschernobyl. Ihm gegenüber erklärte ein ukrainischer Soldat, dass speziell in den Räumen, in denen russische Soldaten gewohnt hätten, die Strahlung mittlerweile hoch sei. Die Soldaten seien in die umliegenden Wälder gegangen und hätten radioaktiven Staub zurück in die Gebäude getragen.

Die Strahlung sei auf einem Level, das bei einmaligem Kontakt nicht gefährlich sei, aber auf Dauer zu gesundheitlichen Schäden führen könne. Die Wälder um Tschernobyl sind noch heute das am stärksten verstrahlte Gebiet der Erde. "Es ist verrückt, wirklich", sagte der ukrainische Energieminister German Galushchenko gegenüber CNN. "Ich habe keine Ahnung, warum sie das getan haben", sagte er über die russischen Ausflüge in die Wälder.

Ohne Sonnenlicht auf engstem Raum eingesperrt

Die Ukrainer kritisieren vor allem den russischen Umgang mit dem Personal der Atomruine. "Unser Personal war vom ersten Tag der Belagerung hier und sie konnten erst einen Monat später ersetzt werden", sagt Galushchenko. "Wenn Menschen physisch und moralisch erschöpft sind, wenn sie mit Waffen bedroht werden und du täglich Druck von Soldaten hast, dann ist es ein sehr schwerer Job", so der Minister.

Vor allem seien aber die Soldaten der ukrainischen Armee, die das Gelände bewachten, schlecht behandelt worden, erklärt der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyy. Nach seinen Angaben wurden die Soldaten 30 Tage lang in einem unterirdischen Nuklearbunker aus Zeiten des Kalten Krieges eingesperrt – auf engstem Raum, ohne Sonnenlicht, frische Luft oder Kommunikation nach außen. "Am letzten Tag wurden sie von hier in eine unbekannte Richtung gebracht", so Monastyrskyy.

Er glaubt, die nun noch vermissten Männer seien als Kriegsgefangene über Belarus nach Russland gebracht worden, aber sicher sagen könne er es nicht. "Heute wissen wir leider nichts über ihr Schicksal", sagt er.

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