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Donald Trump angeklagt: So könnte der Ex-Präsident dem Gefängnis entkommen


Historische Anklage gegen Trump
Ihm droht Gefängnis


Aktualisiert am 09.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Historisch: Ex-US-Präsident Trump auch in Dokumentenaffäre angeklagt. (Quelle: Glomex)

Die neue Anklage könnte Donald Trump sogar eine Haftstrafe einbringen. Doch selbst bei einer Verurteilung muss er nicht unbedingt in den Knast.

Erstmals wird ein ehemaliger US-Präsident auf Bundesebene angeklagt. Wie heikel die Situation für Donald Trump sein muss, lässt sich schon allein daran ablesen, dass er selbst in die Offensive ging – und die Nachricht selbst verkündete, noch bevor das Justizministerium den Schritt offiziell macht. Mit einem wütenden Video-Statement auf seiner Social-Media-Plattform "Truth Social" versuchte er einmal mehr, die Deutungshoheit über sein Schicksal zu erlangen. "Ich bin ein unschuldiger Mann", beteuerte Trump.

Dabei wirken die insgesamt sieben Anklagepunkte, die Sonderermittler Jack Smith gegen ihn erhoben hat, äußerst schwer. Darunter sollen sein: das vorsätzliche Zurückhalten und der widerrechtliche Besitz von staatlichen Geheimdokumenten, Falschaussagen, konspiratives Verhalten, Behinderung der Justiz und Manipulation von Zeugen. Sollte Trump in diesen Punkten schuldig gesprochen werden, drohen ihm mehrere Jahre Haft.

Weil Trumps Umgang mit verteidigungsrelevanten Akten außerdem unter den sogenannten "Espionage Act" fallen soll, dürfte er nach einem Urteil gar kein öffentliches Amt mehr ausführen. Seine Präsidentschaftskandidatur und erst recht eine Rückkehr ins Weiße Haus wären für ihn dann wohl unerreichbar.

Was aber ist von diesem Prozess, der kommenden Dienstag in Miami seinen Anfang nehmen soll, zu erwarten? Eines scheint schon jetzt klar: Selbst dieser für ihn wirklich brenzlige Fall bietet Trump noch immer auch eins: viele Chancen. Und die wusste er in seinem bisherigen Leben immer besonders gut zu nutzen.

Florida als Heimspiel für Trump

Wie schon Trumps erste laufende Anklage, die Anfang des Jahres in New York publik wurde, wird auch sein Auftritt in der kommenden Woche in Florida zu einem kaum zu überbietenden Medienspektakel ausarten. Beim Schweigegeldfall in New York war die Bundesanwaltschaft gar nicht involviert. Schon deshalb stellt Miami eine neue, eine ganz andere Kategorie dar. Obwohl die Berichterstattung über Trump weitgehend negativ sein wird, bietet sie ihm einmal mehr die Möglichkeit, die Schlagzeilen zu bestimmen und seine Anhänger hinter sich zu versammeln.

Das amerikanische Justizsystem bringt es mit sich, dass Trump mit dem gewählten Verhandlungsort sogar einen gewissen Vorteil hat. Zwar werden die Geschworenen stets dazu verpflichtet, keinerlei politische Präferenzen in ihr Urteil einfließen zu lassen. Im Raum Miami aber dürften unter den für diesen Fall dann ausgewählten US-Bürgern wohl mehr Sympathisanten von Trump zu finden sein als etwa im überwiegend von Demokraten bewohnten Washington.

Ein Wettlauf gegen die Zeit

Was wie ein Vorteil für Trump erscheint, ist zugleich ein Nachteil. Mit der Entscheidung, den Prozess in Miami stattfinden zu lassen, können der Ex-Präsident und sein Team erstens schwerer behaupten, das Justizministerium würde den Fall gezielt in Washington verhandeln, um einen Schuldspruch mit einer demokratisch geneigten Jury gegen einen Republikaner wahrscheinlich werden zu lassen.

Zweitens hätten Trumps Anwälte wohl Monate lang darauf klagen können, dass der Prozess in seinem Heimatbundesstaat Florida stattfinden müsse. Denn die mutmaßlichen Verbrechen um die zurückgehaltenen Dokumente aus seiner Zeit als Präsident wurden weitgehend in Trumps Wohnsitz Mar-a-Lago begangen. Einer solchen Verzögerungstaktik hat Sonderermittler Jack Smith mit der Wahl des Standorts Miami wohl gezielt einen Riegel vorgeschoben.

Auch wenn dieser Schritt aus Sicht der Ankläger Zeit spart: Dass Trump jegliches Urteil gegen ihn rechtlich anfechten wird, steht außer Frage. Ob dieser Fall überhaupt bis zur Wahl im Herbst 2024 abgeschlossen sein wird, gilt zudem als unwahrscheinlich.

Rechtlich betrachtet könnte Trump also wieder einmal ungeschoren davonkommen. Denn einmal im Amt würde ihn die Immunität als Präsident wieder schützen. Nur ein Amtsenthebungsverfahren, für das die Demokraten aber erst wieder eine Mehrheit im Kongress bräuchten, könnte ihn dann stürzen.

Das Risiko für Trump steigt mit jedem weiteren Prozess

Politisch könnten Trump die sich nun immer weiter häufenden Prozesse trotzdem schaden. Zu dem New Yorker Fall um Schweigegeldzahlungen an den Pornostar Stormy Daniels und dem Dokumentenprozess in Miami kommen wohl noch zwei weitere: Im Bundesstaat Georgia droht ihm eine weitere Anklage wegen Beeinträchtigung der Wahlen. Trump hatte 2020 Druck ausgeübt, damit dort Stimmzettel für ihn gefunden werden sollten. Außerdem könnte der Sonderermittler Jack Smith Trump im Zusammenhang mit seiner Rolle als mutmaßlicher Anführer des Aufstands vom 6. Januar 2021 beim Sturm auf das Kapitol mit einem zweiten Prozess auf Bundesebene in Bedrängnis bringen.

Die Parteispitze hält zu ihm

Ob Trump wirklich Präsidentschaftskandidat oder gar am Ende wieder amerikanischer Präsident wird, hängt natürlich vor allem vom Verhalten der Wähler ab. Zumindest die auf ihn eingeschworene Parteibasis der Republikaner dürfte sich von den juristischen Entwicklungen kaum beeinflussen lassen. Im Gegenteil: Dieser mächtige Teil der auf Trump ausgerichteten Partei wird sich wohl erneut eher darin bestätigt fühlen, dass sich die Washingtoner Elite gegen ihren Anführer verschworen hat.

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Zumal nicht nur Trumps enge Verbündete wie die radikale Verschwörungsideologin Marjorie Taylor Greene seine Unschuld und eine von den Demokraten manipulierte Justiz propagieren. In einem Statement auf Twitter ließ der formal mächtigste Republikaner, Kevin McCarthy, als Sprecher des Repräsentantenhauses ebenfalls keinen Zweifel an der Erzählung Trumps aufkommen: "Heute ist wahrhaftig ein dunkler Tag für die Vereinigten Staaten von Amerika", schrieb McCarthy. Es sei "unerhört für einen Präsidenten, jenen Spitzenkandidaten anzuklagen, der sich ihm entgegenstellt".

Ob Trump mit all diesem Ballast die Wahlen im Jahr 2024 gewinnen könnte, lässt sich nicht seriös vorhersagen. Klar ist aber, dass es den Republikanern unter Trump zuletzt schwergefallen ist, Wahlen deutlich für sich zu entscheiden. Mit einem Kandidaten, der womöglich vier schwerwiegende Prozesse gegen sich laufen hat, wird so ein Vorhaben nicht leichter.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
  • nytimes.com: "Indictment Brings Trump Story Full Circle" (englisch)
  • washingtonpost.com: "Trump indicted in Mar-a-Lago classified documents investigation" (englisch)
  • cnn.com: "Trump's attorney confirms former president faces 7-count indictment" (englisch)
  • Donald Trumps Profil bei "Truth Social" (nur aus den USA abrufbar)
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