Auch Deutsche unter Delegation Schüsse bei Diplomaten-Besuch – scharfe Kritik an Israel

Bei einem Besuch europäischer Diplomaten im Westjordanland haben israelische Soldaten in die Luft geschossen. Die Empörung ist groß.
Das israelische Militär hat eingeräumt, eine Delegation europäischer Diplomaten im Westjordanland beschossen zu haben. Zur Begründung hieß es am Mittwoch, die Kolonne sei von der genehmigten Route abgewichen. "Die Delegation wich von der genehmigten Route ab und betrat ein Gebiet, in dem sie nicht autorisiert waren zu sein", erklärte das Militär. Soldaten hätten "Warnschüsse" abgegeben, "um sie auf Abstand zu halten".
Verletzte oder Schäden wurden nicht gemeldet. Der Vorfall ereignete sich während eines von der Palästinensischen Autonomiebehörde organisierten Besuchs internationaler Diplomaten in dem Gebiet. Unter den Diplomaten befanden sich Vertreter der EU, Italiens, Spaniens und Deutschlands. Das Auswärtige Amt verlangte von der israelischen Regierung Aufklärung, wie es zu Schüssen kommen konnte.
Außenamt kritisiert Israel ungewöhnlich scharf
"Diesen unprovozierten Beschuss verurteilt das Auswärtige Amt scharf. Wir können von Glück reden, dass nichts Schlimmeres passiert ist", sagte eine Sprecherin laut einer Mitteilung. Ein deutscher Diplomat und ein Fahrer aus dem Vertretungsbüro Ramallah seien Teil der Delegation gewesen, die die Stadt Dschenin im Norden des Palästinensergebiets besuchte, hieß es weiter. Diese auf der Plattform X verbreiteten Aufnahmen sollen den Vorfall zeigen:
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Die Gruppe war nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Koordinierung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde und der israelischen Armee unterwegs gewesen. "Die unabhängige Beobachterrolle der Diplomatinnen und Diplomaten vor Ort ist unverzichtbar und stellt in keinster Weise eine Bedrohung für israelische Sicherheitsinteressen dar", betonte die Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Die israelische Regierung müsse die Unverletzlichkeit von Diplomatinnen und Diplomaten respektieren.
Europäer fordern Konsequenzen von Israel
Auch die EU reagierte verärgert auf den Beschuss. "Wir fordern Israel eindringlich auf, diesen Vorfall zu untersuchen und diejenigen zur Verantwortung zu ziehen, die dafür verantwortlich sind und das Leben von Diplomaten bedrohen", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Das spanische Außenministerium erklärte: "Wir stehen in Kontakt mit anderen betroffenen Ländern, um gemeinsam auf das Geschehene zu reagieren, das wir aufs Schärfste verurteilen."
Der italienische Außenminister Antonio Tajani kündigte an, den israelischen Botschafter in Rom einzubestellen. Das Außenministerium der Palästinensischen Autonomiebehörde erklärte, dass "die Delegation eine offizielle Mission unternahm, um die humanitäre Lage zu begutachten und zu bewerten sowie die anhaltenden Verstöße Israels zu dokumentieren".
Seit Beginn eines Militäreinsatzes im Januar in der Stadt Dschenin zur Bekämpfung von Militanten hat das israelische Militär Dutzende von Palästinensern getötet und zahlreiche Häuser im Westjordanland zerstört.
- Nachrichtenagenturen dpa und Reuters