Folter steht an der Tagesordnung So brutal behandelt Russland ukrainische Kriegsgefangene

Die Belege für russische Folter an ukrainischen Soldaten mehren sich. Kiew will Moskau dafür auch juristisch belangen.
Eigentlich garantieren die Genfer Konventionen den Schutz von Kriegsgefangenen – auch Russland hat das Kerndokument des humanitären Völkerrechts unterzeichnet. Aussagen ukrainischer Kriegsgefangener und die Autopsien der in die Ukraine überstellten Leichen zeigen allerdings, dass sich Russland wohl nicht an die Regeln hält. Wie die Nachrichtenagentur "Associated Press" (AP) schreibt, deuten Zeugenaussagen und die Befunde der Gerichtsmediziner darauf hin, dass Folter an der Tagesordnung ist.
Oleksii Honcharov, der im Februar im Rahmen eines Gefangenenaustauschs befreit wurde, erklärte der AP: "Alle werden geschlagen – ohne Ausnahmen." Zum Ende seiner Gefangenschaft habe er kaum noch laufen können – und als er in die Ukraine zurückgekehrt war, sei bei ihm Tuberkulose diagnostiziert worden.
Kaum medizinische Versorgung für Folteropfer
Laut einem UN-Bericht aus dem vergangenen Jahr werden 95 Prozent der ukrainischen Gefangenen systematisch gefoltert – mit Schlägen, Elektroschocks, sexueller Gewalt, Schlafentzug und Scheinhinrichtungen. Autopsien der überstellten Leichen ergeben in der Ukraine als Todesursache oft Herzversagen – vor allem bei jungen Soldaten ein Indiz für Folter. Über die Dauer dieser Folter wird die Gesundheit der Soldaten immer schlechter – ihnen wird nur mit der minimalen medizinischen Versorgung geholfen.
Wie der Bericht ausführt, gibt es auch Folterfälle an ukrainischen Kriegsgefangenen – nach ihrer Gefangennahme und bevor sie in die offiziellen Gefangenenlager gebracht werden.
Hinterbliebene tappen lange im Dunkeln
In der Ukraine werden aufwendige Autopsien der überstellten, toten Soldaten unternommen – die Folterbefunde können vom Internationalen Strafgerichtshof als Beleg für russische Kriegsverbrechen genutzt werden. Teilweise wirke es dabei so, als ob Foltermahle erst nachträglich versteckt wurden – bei einigen der toten Soldaten fehlen zudem die inneren Organe.
Petro Yatsenko, ein Sprecher der ukrainischen Regierung, leitet daraus eine Taktik ab: "Sie behalten die Leichen, bis sie einen Zustand erreichen, in dem man nichts mehr feststellen kann."
Die Familien der ukrainischen Soldaten werden von der russischen Seite mitunter erst mit großer Verzögerung über die Todesfälle in Gefangenschaft informiert. Nach Monaten der Ungewissheit bekommen sie von der russischen Seite dann nur unvollständige Todesursachen.
- apnews.com: "Ukraine accuses Russia of systematic torture of POWs, citing autopsies and survivor accounts" (Englisch)
- un.org: "Treatment of prisoners of war and update on the human rights situation in Ukraine" (Englisch)