Politologe im Videointerview "Da kann ein Präsident fast immer tun, was er will"
Donald Trump geht gegen seine Kritiker vor – mit Soldaten, mit Polizei. Doch wie weit kann ein Präsident in den USA gehen?
Ein oppositioneller Politiker wird festgenommen, Demonstranten werden von schwer bewaffneten Einsatzkräften bedrängt – und US-Präsident Trump? Der setzt auf Eskalation: Er lässt im Inland Soldaten aufmarschieren.
Politologe Stephan Bierling sieht darin ein gefährliches Signal. Der Einsatz des Militärs in innenpolitischen Konflikten sei "hochproblematisch", warnt er – und stellt klar, worauf sich Amerikas Streitkräfte in solchen Momenten wirklich verpflichten.

Zur Person
Stephan Bierling ist Professor mit Schwerpunkt "Internationale Politik und transatlantische Beziehungen" an der Universität Regensburg. In seinem Buch "Die Unvereinigten Staaten: Das politische System der USA und die Zukunft der Demokratie" erklärt er, wie gespalten die USA wirklich sind.
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Proteste im ganzen Land – gegen Abschiebungen, gegen Polizeigewalt, gegen einen Präsidenten, der kompromisslos durchzuregieren scheint. Dagegen regt sich nun Widerstand.
“Das haben wir in den ersten dreieinhalb Amtsmonaten nicht gesehen. Und jetzt regt sich doch breiterer Widerstand. Was ganz normal ist in der amerikanischen Politik. Die ersten 100 Tage, da kann ein Präsident fast immer tun und lassen, was er will. Da hat er das öffentliche Mandat. Da kann er durchregieren. Aber dann ist es auch vorbei mit der Schonfrist, und das erleben wir im Moment.”
Doch Trump greift zu einem scharfen Mittel: dem Einsatz des Militärs im Inneren.
Was bedeutet es, wenn die Streitkräfte in innenpolitisch aufgeladene Situationen einbezogen werden?
“Das amerikanische Militär ist eine Bastion der Demokratie und der Freiheit in den USA. Wir dürfen nicht vergessen, dass die Amerikaner ihre Unabhängigkeit bekommen haben durch einen Kampf, durch die Milizen, durch das Militäre. Das heißt, die amerikanischen Militären sind auf die Verfassung vereidigt. Sie sind auf der Verteidigung dieser demokratischen Regierungsform vereidigt. Und deshalb ist es für das Militär hochproblematisch, wenn sie in Einsätze geschickt werden, die zumindest den Anschein haben, dass sie zur persönlichen, ja, Rache, Gelüsten des Präsidenten beitragen können. Da würde ich immer dem Militär vertrauen, dass, wenn es wirklich hart auf hart kommt, sie sich für die Verfassung und nicht für Donald Trump entscheiden.”
Derweil nutzt die Regierung die Polizei immer offensiver, um politische Gegner unter Druck zu setzen: Ein demokratischer Politiker wird verhaftet und in Handschellen abgeführt, weil er die Festnahme von Migranten verhindert haben soll.
Weshalb der Einsatz des Militärs "hochproblematisch" ist, sehen Sie hier oder oben im Video.
- Eigenes Interview mit Politologe Stephan Bierling
- Nachrichtenagentur Reuters
- Nachrichtenagentur dpa