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Zum journalistischen Leitbild von t-online.11 Tumorarten besonders betroffen Übergewicht erhöht Krebsrisiko schon vor Krankheitsanzeichen

Ein paar Pfunde zu viel? Das könnte gesundheitsschädlicher sein als gedacht. Eine neue Studie zeigt: Übergewicht erhöht das Krebsrisiko schon, bevor es der Arzt im Blutbild erkennt.
Adipositas – also starkes Übergewicht – schadet nicht erst dann, wenn Blutzucker und Leberwerte aus dem Ruder laufen. Eine aktuelle Studie der Universität Regensburg zeigt: Das Krebsrisiko steigt bereits an, bevor klassische Beschwerden wie etwa eine Fettleber auftreten.
Neuer Blick auf Adipositas und Krebsrisiko
Die Forscher haben dafür Daten von mehr als 450.000 Erwachsenen aus einer britischen Datenbank analysiert. Über zwölf Jahre beobachteten sie, wie sich das Körpergewicht auf die Gesundheit der Teilnehmer auswirkte. In dieser Zeit traten über 47.000 Krebsfälle auf.
Wichtig zu wissen
Die Studie unterscheidet zum ersten Mal zwei Typen von Übergewicht: Die sogenannte "präklinische Adipositas" beschreibt Menschen mit zu viel Körperfett, aber ohne nachweisbare Stoffwechselstörungen. Bei der "klinischen Adipositas" hingegen liegt bereits eine krankhafte Veränderung vor – etwa in Form einer Fettleber oder Insulinresistenz.
Das Ergebnis: Schon bei präklinischer Adipositas war das Risiko, an Krebs zu erkranken, deutlich erhöht. Bei klinischer Adipositas stieg es sogar noch weiter. Dabei betonten die Studienautoren, dass nicht allein der Body-Mass-Index (BMI) entscheidend sei – also das Verhältnis von Körpergröße zu Gewicht –, sondern vielmehr die Stoffwechselgesundheit.
In Zahlen ausgedrückt: Präklinische Adipositas war für 5,5 Prozent, klinische Adipositas für 4,3 Prozent aller durch Adipositas bedingten Krebsfälle verantwortlich.
Tipp
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Welche Krebsarten betroffen sind
Besonders auffällig war der Zusammenhang bei elf Krebsarten im Fall der präklinischen Adipositas. Dazu zählten Tumoren des Verdauungstrakts, der Harnwege, der Fortpflanzungsorgane und der Schilddrüse.
Noch weitreichender waren die Effekte bei klinischer Adipositas: Hier zeigte sich ein starker Zusammenhang mit zwölf Krebsarten – unter anderem Leberkrebs, Darmkrebs, Bauchspeicheldrüsen- und Gebärmutterkrebs. Auch Lungenkrebs trat bei Betroffenen häufiger auf.
Interessanterweise fanden die Wissenschaftler aber auch eine umgekehrte Beziehung: Männer mit präklinischer oder klinischer Adipositas erkrankten seltener an nicht-tödlichem Prostatakrebs. Die Ursache dafür ist noch unklar.
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Früher handeln, besser behandeln
Michael Leitzmann vom Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin an der Universität Regensburg sagt: "Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass Adipositas die Krebsentstehung bereits vor klinisch messbaren Veränderungen antreibt." Es sei daher wichtig, frühzeitig zwischen präklinischer und klinischer Adipositas zu unterscheiden.
Derjenige, bei dem präklinische Adipositas früher erkannt werde, könne gezielter behandelt werden – zum Beispiel durch Gewichtsreduktion, gesunde Ernährung oder mehr Bewegung. Auch Medikamente könnten dann rechtzeitig zum Einsatz kommen. Die Forscher fordern deshalb, dass Ärzte künftig nicht nur den BMI berücksichtigen, sondern auch Stoffwechselparameter wie Blutzucker oder Leberwerte standardmäßig prüfen.
- thelancet.com: "Excess adiposity and cancer: evaluating a preclinical-clinical obesity framework for risk stratification" (Englisch)
- Pressemitteilung der Universität Regensburg
- aerzteblatt.de: "Adipositas erhöht das Risiko für Krebserkrankungen sehr frühzeitig"
- dkfz.de: "Übergewicht steigert das Krebsrisiko"
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.