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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Raketensystem "Golden Dome" Trump will wohl eine weitere Verbindung zu Musk kappen

Die US-Regierung denkt angeblich darüber nach, das Raketenabwehrsystem "Golden Dome" ohne Beteiligung von Elon Musk zu bauen. Das dürfte das Projekt noch unwahrscheinlicher machen als ohnehin schon.
Wenn Israel einen "Iron Dome" hat, muss es für Donald Trump schon ein "Golden Dome" sein: In Anlehnung an das bekannte System Israels, das Luftangriffe aus kurzer Distanz abhält, hatte Trump verkündet, ein engmaschiges Flugabwehrsystem über den ganzen USA aufzuspannen. Das System soll Raketen abfangen, selbst wenn sie von der anderen Seite der Welt oder aus dem Weltraum abgefeuert würden, hatte der US-Präsident Ende Mai verkündet.
Das Projekt galt schon zu diesem Zeitpunkt als sehr ambitioniert. Jetzt soll sich Trump allerdings auch noch nach neuen Partnern für das System umsehen: Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters erkundigt sich das Weiße Haus nach Alternativen zu Elon Musks Unternehmen SpaceX, nachdem die Beziehung der beiden in den vergangenen Wochen in die Brüche gegangen war.
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Trumps mögliche Suche nach Alternativen passt in das Bild der vergangenen Monate: Nachdem Musk Trump im Wahlkampf unterstützt hatte und zum Start im Weißen Haus zu einem seiner engsten Berater wurde, scheint Trump mittlerweile zu versuchen, die Verbindungen zu Musk zu kappen. Doch für den "Golden Dome" könnte das bedeuten, dass das Projekt noch mehr zu einem Luftschloss verkommt.
SpaceX, Palantir, Anduril
Der bisherige Plan der US-Regierung sah vor, dass das Raketensystem bis Januar 2029 in Betrieb gehen kann – und damit zum Ende von Trumps Legislaturperiode als US-Präsident. Federführend bei dem Raketenschild sollten neben SpaceX der Softwareanbieter Palantir des Tech-Investors Peter Thiel und der Rüstungskonzern Anduril sein. Als Kosten wurden 175 Milliarden Dollar veranschlagt.
Das System soll weit über das hinausgehen, was das Vorbild "Iron Dome" leistet: Laut Verteidigungsminister Pete Hegseth solle der "Golden Dome" nicht nur Raketen und Marschflugkörper abfangen können. Er soll die USA auch vor Drohnen und Hyperschallraketen schützen, unabhängig davon, ob es sich um eine konventionelle oder eine nukleare Rakete handelt. Das bedeutet, dass der Schild nicht ein einzelnes Programm ist, sondern ein Zusammenspiel aus etlichen Schutzsystemen, die auf völlig unterschiedliche Waffensysteme reagieren müssten.
Musks Unternehmen SpaceX käme dabei eine Schlüsselrolle zu: Die Weltraumfirma ist weltweit aktuell führend, wenn es um den Start eigener Satelliten geht. Für das Unternehmen Starlink, das ebenfalls Musk gehört, hat SpaceX bereits mehr als 9.000 Satelliten ins All geschossen. Für den Schutzschirm bräuchte es ein riesiges Netz an weiteren Himmelskörpern, die dann tatsächlich auch aus dem All Bedrohungen abfangen könnten. David Burbach, Professor am US Naval War College im Bundesstaat Rhode Island, sagte der Zeitschrift "New Scientist", die Zahl der erforderlichen Satelliten würde alles übertreffen, was bislang ins All geschossen wurde.
Teurer als geplant?
Welche Unternehmen das abseits von SpaceX leisten können, ist unklar. Denn mit Musks Satellitenstarts kann die Konkurrenz bislang nicht mithalten. Laut der Agentur Reuters soll das Weiße Haus etwa das Satellitennetzwerk Kuiper kontaktiert haben, das zum Handelskonzern Amazon gehört. Kuiper hat bislang allerdings erst 78 Satelliten erfolgreich ins All gebracht und plant, die Zahl auf insgesamt 3.000 zu erhöhen. Das Weiße Haus soll zudem mit verhältnismäßig kleineren Unternehmen wie Rocket Lab oder Stoke Space im Gespräch sein. Dazu kommen die großen Rüstungskonzerne Northrop Grumman, Lockheed Martin oder L3Harris.
Doch neben der Frage nach den entscheidenden Herstellern steht der "Golden Dome" vor weiteren Problemen: Erwartet wird etwa, dass das Projekt deutlich teurer als die veranschlagten 175 Milliarden Dollar werden könnte. Das Congressional Budget Office, eine unabhängige US-Behörde, hatte laut "New Scientist" errechnet, das Projekt könnte stattdessen bis zu 542 Milliarden Dollar kosten. Zum Vergleich: Für das aktuelle Jahr beträgt das Budget des US-Verteidigungsministeriums insgesamt rund 850 Milliarden Dollar.
Parallelen zu Reagans "Star Wars"?
Neben den Partnern und den Finanzen könnte der Trump-Regierung auch der eigene Zeitplan Probleme bereiten. Die US-Regierung möchte, dass der Schutzschild bis Januar 2029 in Betrieb genommen wird. Verantwortlich dafür ist aktuell der General Michael Guetlein, der die Space Force leitet, das Weltraumprogramm des US-Militärs.
Laut Reuters soll Guetlein bereits innerhalb der nächsten 120 Tage einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung entwickeln. Verschiedene Militärexperten sind allerdings sehr skeptisch, dass das Projekt innerhalb von wenigen Jahren in Betrieb genommen werden kann. Experte Michael Burbach hält es für "nahezu unmöglich", dass der "Golden Dome" ab 2029 mit allen Fertigkeiten eingesetzt werden kann, die das Weiße Haus bislang versprochen hat.
Trump selbst hatte angekündigt, er werde mit dem System an die Arbeit von Ronald Reagan anknüpfen: Schon in den Achtzigern hatte der damalige Präsident die Idee verfolgt, ein Raketenabwehrsystem im Weltraum zu installieren. Die sogenannte "Strategic Defense Initiative" (SDI) erwies sich allerdings ebenfalls als sehr kostspielig oder unerschwinglich. Das Projekt wurde nie abgeschlossen und wurde in Anlehnung an eine bekannte Science-Fiction-Filmreihe mit dem Namen "Star Wars" verspottet.
- Eigene Recherche
- Nachrichtenagentur Reuters
- newscientist.com: "Trump’s ‘golden dome’ defence project could spur a space arms race" (Englisch)
- defense.gov: "Secretary of Defense Pete Hegseth Statement on ‘Golden Dome for America’" (Englisch)
- military.com: "‘Star Wars’ Golden Dome: Trump Pushes US Missile Shield Despite Funding and Technology Hurdles" (Englisch)
- cbo.gov: "Projected Costs of U.S. Nuclear Forces, 2021 to 2030" (Englisch)
- comptroller.defense.gov: "FY 2025 Budget Request Overview Book" (Englisch)
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