t-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



Menü Icon
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such Icon
HomePolitikAuslandUSA

USA: Diese Idee steckt hinter dem Corona-Fahnenmeer in Washington


700.000 Covid-19-Tote in den USA
Diese Idee steckt hinter dem Corona-Fahnenmeer

  • Bastian Brauns
Von Bastian Brauns, Washington

Aktualisiert am 03.10.2021Lesedauer: 3 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Steigende Zahlen: Noch immer sterben Tausende an CoronaVergrößern des Bildes
Steigende Zahlen: Noch immer sterben Tausende an Corona

Mit einer riesigen Installation will die US-Künstlerin Suzanne Firstenberg der hunderttausenden Corona-Toten gedenken. Jetzt soll das Projekt enden, doch die Todeszahlen steigen.

Wie sanfte Wellen auf dem Meer bewegt der milde Washingtoner Herbstwind die sich scheinbar in endlose Weiten erstreckenden, weißen kleinen Fähnchen. Hier auf der National Mall rund um das Monument haben die Menschen in den vergangenen Wochen eindrucksvoll zu spüren bekommen, dass die inzwischen über 700.000 Corona-Toten in den USA mehr als nur eine traurige Zahl und letztlich Statistik sind.

Empfohlener externer Inhalt
X
X

Wir benötigen Ihre Einwilligung, um den von unserer Redaktion eingebundenen X-Inhalt anzuzeigen. Sie können diesen (und damit auch alle weiteren X-Inhalte auf t-online.de) mit einem Klick anzeigen lassen und auch wieder deaktivieren.

Seit Monaten hat die Künstlerin Suzanne Brennan Firstenberg daran gearbeitet, den vielen Toten und deren Angehörigen einen Ort des Gedenkens zu geben. Dank vieler Spenden und gemeinsam mit zahlreichen freiwilligen Helfern brachte sie die bis heute noch immer stetig anwachsende Installation “In America: Remember" mitten in die US-Hauptstadt. An einen Ort, der ansonsten von vielen Kriegsdenkmälern gesäumt wird. Heute, am 3. Oktober, endet Firstenbergs Aktion, die einst "aus Wut heraus" entstanden sei, wie sie erzählt.

Mit einem Hut schützt sich die blonde Frau vor der immer noch recht heißen Sonne. Sie trägt einen purpurroten Mundschutz aus Samt. "Ich konnte es einfach nicht fassen, wie unsere Regierung all das zulassen konnte", sagt sie und meint das Agieren der Trump-Regierung.

Dass Menschen in diesem unvorstellbaren Ausmaß zu leiden und teils einsam zu sterben hatten, brachte sie zu dem Entschluss, diesen Garten des Gedenkens für die Opfer von Covid-19 zu ersinnen. Jeden Tag aufs Neue setzten Helfer seit Wochen tausende Fähnchen in diesen grünen, hier so bedeutungsschwangeren Rasen. Immer wieder, wenn die neuen Todeszahlen bekannt gegeben wurden, rückten sie aus und setzten nach.

Tatsächlich ähnelt Firstenbergs weißes Meer aus inzwischen mehr als 700.000 kleinen Fähnchen dem nur ein paar Kilometer weit entfernten Nationalfriedhof in Arlington, wo Reihe um Reihe mehr als 250.000 weiße Marmorgrabsteine an Generationen von gefallenen oder gestorbenen US-Helden erinnern. "Diese Assoziation wollte ich ganz bewusst hervorrufen", sagt die Künstlerin. Denn inzwischen geht es ihr weniger um ihre Wut, sondern vielmehr um angemessene Würde für die Opfer.

Dazu haben auch viele Angehörige beigetragen. Beim Schlendern durch das Fahnenmeer halten Besucher immer wieder inne und bücken sich. Auf vielen der weißen Wimpel haben Angehörige und Freunde von Opfern des Virus mit schwarzen Stiften Widmungen hinterlassen. Viele hatten ihre Wünsche auch über eine Webseite eingereicht. Freiwillige haben sie dann übertragen. Fast überall ist zu lesen, wie schmerzlich die Gestorbenen von ihren Familien vermisst werden.

Neben Firstenberg steht ein großer Mann. "Ohne diesen Kerl wäre das alles niemals möglich gewesen", ruft sie. Er sei eigentlich der wichtigste Mensch gewesen. Tatsächlich hat Chuck Whealton mit Kunstinstallationen normalerweise gar nichts zu tun. Bei Ruppert Landscape, einer Landschaftspflegefirma aus dem Nachbarstaat Maryland ist er dafür verantwortlich, dass die Parkanlagen an der National Mall in Washington bewässert werden, der Rasen akkurat geschnitten wird und saftig grün bleibt.

Als er von Firstenbergs Projekt hörte, begann er vor Monaten in seiner Garage zu tüfteln. Aus Bewässerungsrohren fertigte er quadratische Gitter, mit deren Hilfe seine Mitarbeiter die weißen Fähnchen im exakt gleichen Abstand zueinander in den Boden stecken konnten. Ob er Fotos vom Bauen seiner Prototypen in der Garage habe, fragt ihn Firstenberg. Er nickt und sagt, er müsse danach suchen. "Das Smithsonian will Teile der Installation nach dem Ende der Aktion übernehmen", sagt sie. Für eine Ausstellung in dem berühmten Museum wären auch Fotos des Making-Ofs eine tolle Sache.

"Wir haben unsere Mitarbeiter für das Projekt kostenlos zur Verfügung gestellt", sagt Chuck Whealton. Das sei ihr kleiner Beitrag für dieses temporäre Denkmal. Er selbst habe niemanden aus seinem Familienkreis an das Virus verloren. Aber er habe viele Freunde und Bekannte, die trauerten.

Angebracht an einer großen Box am Rande des Fahnenmeeres sind die aktuellen Todeszahlen zu lesen. Vor rund einer Woche war dort noch die Zahl 687.167 zu lesen. Inzwischen lautet die offizielle Anzahl: 701.047. Suzanne Firstenberg selbst hat die Nummern immer wieder ausgetauscht. Ihre Fahnen werden nun abgebaut. Im Smithsonian's National Museum of American History sind bereits einige hinter Glas zu besichtigen.

Zwar ist in den USA die aktuelle Corona-Welle dabei, endlich abzuflachen. Doch noch immer sterben täglich Menschen, während sich die aktuelle Regierung teils vergeblich abmüht, die Impfquote weiter zu steigern.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Interview mit Suzanne Firstenberg und Chuck Whealton
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

t-online - Nachrichten für Deutschland


TelekomCo2 Neutrale Website