t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomePolitikDeutschlandAußenpolitik

Luftbrücke für Gaza: Wem nutzt der Nahost-Vorschlag von Friedrich Merz?


Luftbrücke für Gaza
Die Antwort ist eindeutig


29.07.2025 - 15:02 UhrLesedauer: 1 Min.
Regierung startet Luftbrücke und erhöht Druck auf IsraelVergrößern des Bildes
Hilfsgüter über den Ruinen von Gaza: So will die Bundesregierung den darbenden Menschen helfen. (Quelle: Jehad Alshrafi/AP/dpa/dpa-bilder)
News folgen

Gemeinsam mit Jordanien ruft Deutschland eine Luftbrücke ins Leben, um den hungernden Menschen im Gazastreifen zu helfen.

Das Prozedere ist eingeübt. Bereits von Mitte März bis Ende Mai 2024 hatte sich die deutsche Luftwaffe an Hilfsflügen für die Bevölkerung des Gazastreifens beteiligt. Damals wie heute war Jordanien die Basis der Lieferungen aus der Luft. Nun möchte Bundeskanzler Friedrich Merz Maschinen der Bundeswehr von dort aus aufsteigen und an Fallschirmen Paletten mit Hilfsgütern über den Ruinen von Gaza niedergehen lassen.

315 Tonnen Lebensmittel, Wasser, Hygieneartikel und andere Hilfsgüter wurden so 2024 über dem Küstenstreifen abgeworfen. Doch sie retteten nicht nur Leben. Mehrere Menschen am Boden wurden von den schweren Paletten erschlagen. Deshalb wird diskutiert:

Ist der Plan einer deutsch-jordanischen Luftbrücke für den Gazastreifen sinnvoll?

Pro
Christoph SchwennickeBereichsleiter Exklusiv

Lasst es Essen regnen auf Gaza

Die Debatte um den Nutzen einer Luftbrücke für Gaza ist unsinnig, und die Argumente dagegen tragen nicht von hier bis da. Natürlich lassen sich nicht die gleichen Mengen an Nahrung und Medikamenten aus Flugzeugen abwerfen, wie Kolonnen von 40-Tonnern sie in das Elendsgebiet karren könnten. Und natürlich können bei herabfallenden schweren Brocken aus der Luft Unfälle passieren. Es kann auch sein, dass Leute dabei ertrinken, wenn sie aufs offene Meer hinausschwimmen, weil ein Paket am Fallschirm im Wasser und nicht auf festem Boden gelandet ist.

Aber stellen wir die Debatte doch mal mit einem kleinen Gegencheck vom Kopf auf die Füße: Was würden wohl Eltern sagen, die ihrem Kind ohnmächtig beim Verhungern zuschauen müssen, wenn man sie vor die Wahl stellte: gar nichts per Lastwagen oder lieber ein bisschen was aus der Luft – das euch aber auf den Kopf fallen kann? Die Antwort wäre eindeutig.

Es ist Bundeskanzler Friedrich Merz daher zugutezuhalten, dass er die Initiative ergriffen hat und sich Deutschland an der Luftbrücke aktiv beteiligt. Damit ist nicht nur etwas gegen das eigene Ohnmachtsgefühl getan angesichts einer israelischen Regierung, die in ihrer Rachsucht nach dem furchtbaren Massaker der Hamas vor knapp zwei Jahren jeden Rest an Mitmenschlichkeit und Erbarmen für unschuldige Menschen verloren zu haben scheint.

Jeder Sack Mehl oder Reis hilft, egal, auf welchem Wege er in das geschundene Gebiet gelangt. Die Amerikaner haben seinerzeit, als die Russen den Westteil Berlins abschnüren und aushungern wollten, einen Flughafen zur Verfügung gehabt – zugegeben, das ist ein Riesenunterschied. Und doch gab es damals ebenso Stimmen, die sagten: Das kann nie klappen, Berlin aus der Luft zu versorgen. Und geklappt hat es eben doch.

Und wer sagt, das sei doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein und bringe nichts, soll sich einmal mit einem Thermophysiker unterhalten. Der wird ihm sagen: Ein kleines bisschen kühler macht der Tropfen den Stein eben doch. Mehrere davon erst recht. Möge also bitte so schnell wie möglich Hilfe vom Himmel fallen in Gaza.

Kontra
Philipp Michaelis
Philipp MichaelisBereichsleiter Aktuelles

Jetzt kommt unser Luftbrückchen

Wie könnte man dagegen sein, den Menschen im Gazastreifen zu helfen? Und sei es auch nur ein wenig? Jeder Mensch guten Willens und friedlicher Gesinnung verdient es, dass die internationale Staatengemeinschaft alle Hebel in Bewegung setzt, um dort Leben zu retten. Auch Deutschland, und auch mit einer Luftbrücke, so ineffektiv sie auch sein mag.

Forsch formuliert: Diese Luftbrücke soll nicht nur die Palästinenser unter Benjamin Netanjahus Fuchtel versorgen, sondern auch Friedrich Merz. Mit einer Handlungsoption nämlich. Der Bundeskanzler ist eingemauert. Die deutsche Staatsräson im Rücken, Israel im Kampf gegen die Unmenschen der Hamas niemals im Stich zu lassen. Und vor Augen die Unerträglichkeit der Lage im Gazastreifen, wo zehntausendfach gelitten, gehungert und gestorben wird. Merz kann weder vor noch zurück. Er verliert, wie auch immer er sich zu der Hölle auf palästinensischem Boden positioniert. Also entschwebt er gen Himmel.

Seine Luftbrücke aber ist nicht mehr als Symbolpolitik und der Aktionismus eines Kanzlers, der wenig tun kann. Der sich eigentlich aus der Verantwortung der deutschen Geschichte heraus bedingungslos an die Seite Israels stellen will. Und deshalb glaubt, sich nicht entschlossen genug gegen die unmittelbar Verantwortlichen für das Grauen in Gaza positionieren zu können. So laviert er von Worthülse zu Worthülse und garniert sie mit einer Maßnahme, die wenigen nutzt und vor allem einem nicht schadet: ihm selbst.

Sie ist ein Sinnbild für die Haltung dieser Bundesregierung im Nahostkonflikt: Von oben draufschauen, aber bloß nicht hineingehen. Über den Dingen schweben und um Himmels willen nicht (an-)greifbar werden. Dass wahllos angeworfene Hilfsgüter am Ende sogar eine Gefahr für die leidende Bevölkerung sein könnten, macht die Luftbrücke sogar zynisch.

Zuletzt: Wenn diese Luftnummer alles ist, was Deutschland zum Nahostkonflikt einfällt, dann wäre der Kanzler gut beraten gewesen, sie nicht mit großem Gestus und tiefem Timbre in der Stimme einzufliegen. Ein bescheidenes "Übrigens: Die Maschinen fliegen schon seit Tagen" wäre angemessener gewesen als ein vollmundiges: Jetzt kommt unser Luftbrückchen.

 
 
 
 
 
 
 

Teilen Sie Ihre Meinung mit
Welche Meinung zum Thema haben Sie? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Neueste Artikel


Bleiben Sie dran!
App StorePlay Store
Auf Facebook folgenAuf X folgenAuf Instagram folgenAuf YouTube folgenAuf Spotify folgen


Telekom