Kommt die Cannabis-Freigabe nur in Modellregionen?
Gras legal in speziellen LΓ€den kaufen wie in einigen Bundesstaaten in den USA? In Deutschland wird es so etwas wohl so schnell nicht geben.
Die geplante Cannabis-Legalisierung in Deutschland kommt mΓΆglicherweise schrittweise und kΓΆnnte weniger umfassend ausfallen als im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vereinbart. Medienberichten zufolge gibt es zumindest in der SPD und im SPD-gefΓΌhrten Bundesgesundheitsministerium Γberlegungen, das Vorhaben wegen rechtlicher Bedenken zunΓ€chst zurΓΌckhaltender zu gestalten.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kΓΌndigte am Freitag auf Nachfrage neue VorschlΓ€ge fΓΌr die geplante Legalisierung an, ohne allerdings Einzelheiten zu nennen. Man sei bei dem Gesetz auf einem guten Weg und werde ΓΌberarbeitete VorschlΓ€ge "in KΓΌrze" vorstellen, sagte er in Berlin.
Modellprojekte statt flΓ€chendeckender Legalisierung?
Nach Informationen von "Zeit Online" sehen Lauterbachs ΓΌberarbeitete VorschlΓ€ge fΓΌr das Gesetz vor, den Verkauf von Cannabis zunΓ€chst befristet auf vier Jahre in einigen Modellregionen in speziell festgelegten LΓ€den zu erproben und dies wissenschaftlich zu begleiten.
Bei entsprechendem Erfolg lieΓe sich diese regionale Legalisierung von Cannabis dann in der kommenden Wahlperiode auf ganz Deutschland ausweiten und verstetigen, heiΓt es in dem Bericht. Daneben kΓΆnnten der Eigenanbau und die GrΓΌndung sogenannter Cannabisclubs erlaubt werden β Vereine, in denen sich Menschen zusammentun, um Cannabis anzubauen.
DafΓΌr spricht sich laut "Spiegel" auch die SPD-Spitze aus. In einem Beschluss des Parteivorstands heiΓt es dem Bericht zufolge: Man unterstΓΌtze Lauterbach und die Bundesregierung "bei praktikablen Schritten hin zur Legalisierung". Genannt werden etwa Modellprojekte.
Ministerium spricht von hochkomplexem Verfahren
Vor einigen Wochen hatte Lauterbach bereits gesagt, dass die ursprΓΌnglichen VorschlΓ€ge zur Legalisierung (Eckpunkte), die er im Herbst vorgelegt hatte, "mittlerweile etwas verΓ€ndert" worden seien. Einen konkreten Gesetzentwurf fΓΌr das Vorhaben hatte der Minister eigentlich bis Ende MΓ€rz angepeilt. Am Freitag hieΓ es dazu aus dem Bundesgesundheitsministerium, es kΓΆnne kein Termin genannt werden. Es handele sich um ein hochkomplexes Verfahren.
In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, GrΓΌne und FDP vereinbart: "Wir fΓΌhren die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten GeschΓ€ften ein." In seinen Eckpunkten hatte Lauterbach vorgeschlagen, die Droge und den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) kΓΌnftig rechtlich nicht mehr als BetΓ€ubungsmittel einzustufen. Erwerb und Besitz von bis zu 30 Gramm "Genusscannabis" sollen straffrei, privater Eigenanbau in begrenztem Umfang erlaubt und ein Verkauf an Erwachsene in "lizenzierten FachgeschΓ€ften" und mΓΆglicherweise auch Apotheken ermΓΆglicht werden.
Umfassende Legalisierung offenbar nicht umsetzbar
Von Anfang an wurde aber befΓΌrchtet, dass das Vorhaben an internationalem Recht scheitern kΓΆnnte oder zumindest davon ausgebremst wird. So haben sich die Staaten des Schengen-Raums beispielsweise im "Schengener DurchfΓΌhrungsΓΌbereinkommen" dazu verpflichtet, "die unerlaubte Ausfuhr von BetΓ€ubungsmitteln aller Art einschlieΓlich Cannabis-Produkten sowie den Verkauf, die Verschaffung und die Abgabe dieser Mittel mit verwaltungsrechtlichen und strafrechtlichen Mitteln zu unterbinden".
Lauterbach hatte Mitte MΓ€rz zwar gesagt, er habe von der EU-Kommission sehr gute RΓΌckmeldungen zu dem Vorhaben bekommen. Die SPD-Spitze geht dem "Spiegel" zufolge nun aber davon aus, dass eine umfassende Legalisierung "aus europarechtlichen GrΓΌnden offensichtlich kurzfristig nicht umsetzbar" ist.
CDU sieht Jugendliche gefΓ€hrdet
Lauterbach, der ursprΓΌnglich selbst gegen eine Cannabis-Legalisierung war, diese nun als zustΓ€ndiger Minister in der Ampel aber umsetzen muss, Γ€uΓerte sich am Freitag am Rande einer Konferenz mit den ostdeutschen MinisterprΓ€sidenten inhaltlich nicht nΓ€her zum Thema. Er wiederholte lediglich, das Ziel der Reform sei nicht, den Cannabis-Konsum in Deutschland auszudehnen, sondern den Konsum, der schon da sei, zu kontrollieren und den Schwarzmarkt und die KriminalitΓ€t zu bekΓ€mpfen. Es gehe um besseren Kinder- und Jugendschutz. "Daran arbeiten wir, und dafΓΌr werden wir einen umfassenden Vorschlag vorlegen."
Aus Sicht der Union sind die bisher bekannten PlΓ€ne das Gegenteil von Jugendschutz. "Die geplante Legalisierung von Cannabis suggeriert eine neue Form von Freiheit, von Unbedenklichkeit, die gefΓ€hrlich ist", sagte die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andrea Lindholz (CSU). Sie kritisierte: "Niemand spricht darΓΌber, welches AusmaΓ der Cannabis-Konsum jetzt schon angenommen hat und welche GesundheitsschΓ€den anhaltender Cannabis-Konsum gerade bei jungen Menschen anrichten kann." Deutschland drohe zum "Drogenumschlagplatz Nummer Eins in Europa zu werden".
- Nachrichtenagentur dpa