"Die scheinen das vergessen zu haben" Holocaustüberlebende übt Kritik an ostdeutschen AfD-Wählern

Viele Deutsche ziehen falsche Schlüsse aus der Geschichte, findet eine Holocaustüberlebende. Auch den künftigen Bundeskanzler kritisiert sie.
Die Holocaustüberlebende Eva Umlauf hat sich wenige Tage vor dem 80. Jahrestag des Kriegsendes besorgt über den gesellschaftlichen Umgang mit der deutschen Vergangenheit geäußert. In einem Gespräch mit dem "Spiegel" kritisierte sie, dass viele Deutsche sich in Erzählungen über eigene Kriegserlebnisse selbst bemitleideten und dabei zentrale historische Zusammenhänge außer Acht ließen. Erst die Gräueltaten der Nazis hätten dazu geführt, dass Deutschland überhaupt bombardiert wurde. Diese Form der "Täter-Opfer-Umkehr" empfinde sie als unerträglich.
Aus ihrer Sicht bleibt dabei oft unerwähnt, welche historischen Ursachen den Krieg und seine Folgen überhaupt ermöglichten. Zugleich sieht sie in dieser Verdrängung eine Ursache für ein mangelndes politisches Gespür. "Sie scheinen mir oft nicht in der Lage, zu sehen, was kommt", sagte Umlauf über viele ihrer Landsleute. Sie kritisierte, dass Geschichte zu wenig in den Blick genommen werde – mit spürbaren Folgen für die demokratische Kultur.
Embed
Besondere Kritik übte Umlauf an CDU-Chef Friedrich Merz und dessen Verhalten im Zusammenhang mit einer gemeinsamen Abstimmung der Union mit der AfD im Bundestag Ende Januar. "Wer so etwas wie Merz tut, kann das doch nur machen, wenn ihm das Gespür für die Geschichte fehlt. Und wenn er die AfD für nicht so gefährlich hält, wie sie es aber in Wirklichkeit ist", sagte sie dem "Spiegel".
Mit Blick auf Ostdeutschland äußerte Umlauf Unverständnis über die dort hohe Zustimmung zur AfD. "Die Leute, die in der DDR gelebt haben, wussten ja auch, wozu die Sowjetunion in der Lage war. Aber heute scheinen sie vergessen zu haben, wie viele Mauertote es gab, wie viele Kinder ins Heim mussten, weil ihre Eltern ins Gefängnis kamen", sagte sie. Wer sich daran erinnere, könne ihrer Meinung nach die AfD nicht wählen und sich zugleich über die eigene Lage beklagen. Sie ergänzte: "Ich meine damit nicht alle. Es gibt viele gescheite Leute. Aber der Großteil benimmt sich, als seien ihre Gehirne ausgeschaltet."
- spiegel.de: "Viele Nachkommen der Täter sind ihr Leben lang angelogen worden" (kostenpflichtig)
- Dieser Text wurde teilweise mit maschineller Unterstützung erstellt und redaktionell geprüft. Wir freuen uns über Hinweise an t-online@stroeer.de.