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Annaberg-Buchholz gibt Flüchtlingen Wohnungen


"Das ist die beste Form der Integration"
Sächsischer Ort gibt Flüchtlingen Wohnungen

dpa, Jörg Schurig

Aktualisiert am 17.08.2015Lesedauer: 3 Min.
Annaberg-Buchholz heißt Flüchtlinge auf seine ganz eigene Art willkommen.Vergrößern des BildesAnnaberg-Buchholz heißt Flüchtlinge auf seine ganz eigene Art willkommen. (Quelle: dpa-bilder)
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Bis 2014 lebten nur 16 Ausländer in Annaberg-Buchholz im Erzgebirge. Ein Jahr später sind es 251 Flüchtlinge aus 16 Nationen. Die Einheimischen hoffen, dass sie bleiben. Dabei lassen sie sich auch nicht von der islamfeindlichen Stimmung in Sachsen beeindrucken.

Denn das Bundesland ist die Hochburg der islamfeindlichen Pegida und anderer Rechtspopulisten, die Stimmung gegen die Asylbewerber machen. Die 20.000-Einwohner-Stadt hat sich allerdings etwas einfallen lassen.

Annaberg-Buchholz hat alle Flüchtlinge in stadteigenen Wohnungen untergebracht. "Die Erfahrungen zeigen uns, dass dieser Weg der richtige ist", sagt Bürgermeister Thomas Proksch und hofft, dass andere Kommunen dem Beispiel folgen.

Proksch, für Bau und Wirtschaft zuständig, muss von Amts wegen eigentlich praktisch denken. "Natürlich wäre eine zentrale Unterbringung der Betroffenen in einem Heim kostengünstiger. Wir müssen aber überlegen, was uns wichtiger ist. Und das sind Integration und Akzeptanz." Seine Kollegin Manuela Dietz, im Rathaus für die Bereiche Bildung und Soziales mitverantwortlich, pflichtet ihm bei: Fehlende Integration komme mit all ihren Problemen am Ende teurer zu stehen.

Einheimische betreuen die Neuankömmlinge

Die Flüchtlinge wohnen über die ganze Stadt verstreut. Schnell fanden sich Einheimische, die sich zur Betreuung der Asylsuchende bereit erklärten. "Wir versuchen ihnen im Alltag zu helfen, beispielsweise bei Behördengängen und Arztbesuchen", berichtet Carola Lange. Sie leitet den "Unterstützerkreis" für Flüchtlinge.

Lange und ihre rund 40 Mitstreiter aus Kirchen und Schulen, Vereinen und Einrichtungen möchten auch für jene Einwohner der Stadt Ansprechpartner sein, die mit den Flüchtlingen zusammenleben. Der gemeinsame Grillabend gehört mancherorts schon zum guten Umgangston. Denn gerade die Freizeitgestaltung sei ein wichtiges Anliegen: "Die Leute haben nichts zu tun. Das ist das größte Problem der Flüchtlinge. Die können nur warten."

Flüchtlinge wollen arbeiten

Lange berichtet von Betroffenen, die schon ein Jahr im Erzgebirge sind und noch immer keinen Termin beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatten. Und sie erzählt davon, wie gern die Asylbewerber Deutsch lernen und auch arbeiten möchten. Zwei von ihnen hat die Stadt jetzt in ihrem Betriebshof auf Basis einer geringfügigen Beschäftigung unter die Fittiche genommen.

Sie leisten gemeinnützige Arbeit, Mitarbeiter des Betriebshofes haben eine Patenschaft übernommen. Proksch kann sich vorstellen, noch mehr Asylbewerber auf diese Weise einzubinden: "Das ist die beste Form der Integration", sagte der Amtschef.

Freilich tauchen auch immer mal wieder kleine Missverständnisse auf. Dass eine Frau unlängst mit vollständiger Kleidung im Waldbad ins Wasser ging, hat in der Stadt schnell die Runde gemacht. Proksch verschweigt nicht, dass ein paar Bewohner auch abfällige Bemerkungen machen. "Das sind meist diejenigen, die immer etwas zu meckern haben."

Stadt fühlt sich von Politik im Stich gelassen

Proksch hält mit einem ganz anderen Problem nicht hinterm Berg. Mitunter fühle man sich von Land und Bund "im Stich gelassen", so der Kommunalpolitiker. "Von den Versprechungen der großen Politik ist bei uns noch nichts angekommen", sagt der Bürgermeister. Den Worten müssten aber nun endlich Taten folgen. Dass Annaberg beispielsweise über Nacht eine DaZ-Klasse (Deutsch als Zweitsprache) einrichten musste und dabei nicht die gewünschte Unterstützung der Bildungsagentur erhielt, findet Proksch unbedingt verbesserungswürdig.

Die Zuschüsse des Landes für die Flüchtlinge reichten nicht aus. Und auch bei den Sachkosten, die dem "Unterstützerkreis" bei seiner Arbeit entstehen, gelte es einen Ausgleich zu machen: "Man kann nicht erwarten, dass jedes Jahr dafür die Weihnachtskollekte geopfert wird." Außerdem wünscht sich Proksch eine schnelle Information, wer nun bleiben darf oder nicht.

"Wünschen uns dass die Menschen bleiben"

Proksch hofft darauf, dass die bereits integrierten Flüchtlinge bei Erhalt eines Aufenthaltstitels dann auch wirklich in Annaberg-Buchholz bleiben. "Wir wünschen uns, dass die Leute hier sesshaft werden." Noch sei in Annaberg-Buchholz die Bereitschaft zur Aufnahme von Flüchtlingen vorhanden: "Wir sind aber keine Insel der Glückseligen. Die Stimmung kann auch kippen. Das ist uns klar."

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