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Ampel taumelt vorzeitigem Ende entgegen: Kein Geld, keine Antworten


Die Ampel nach dem Koalitionsausschuss
Tragikomik eines Kanzlers

MeinungVon Christoph Schwennicke

30.11.2023Lesedauer: 3 Min.
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Scholz, Lindner und HabeckVergrößern des Bildes
Leere Kassen, lange Gesichter: Auch nach dem Koalitionsausschuss haben Habeck (l.), Scholz und Lindner keine Antwort auf die Haushaltskrise. (Quelle: Michael Kappeler/dpa/Archiv/dpa-bilder)

Ampel ist, wenn ein Kanzler sagt: Fürchtet euch nicht – während im Haushalt fürs kommende Jahr ein Loch von 17 Milliarden klafft und die knappe Zeit tatenlos verrinnt. Diese Regierung hat jeden Kredit verloren.

Gründlich, zügig, planbar, sicher – das muss man erst mal bringen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, saß gestern Abend im Koalitionssauschuss und wagte sich heute Morgen schon vor sieben Uhr an einen kleinen Scherz. Gründlich, zügig, planbar und sicher würde die Ampelregierung den Haushalt des kommenden Jahres rechtsfest machen, sagte sie im Deutschlandfunk. Ein Haushalt, in den das Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen Krater von 17 Milliarden Euro gerissen hat und der gleichwohl in wenigen Tagen verabschiedet sein muss.

Schon bei der ersten ungelenken Videobotschaft des Kanzlers vor ein paar Tagen, dann noch einmal bei seiner Regierungserklärung am vergangenen Dienstag wurden Erinnerungen an den legendären irakischen Verteidigungsminister wach, der im Irakkrieg in Bagdad stehend behauptete, nirgendwo seien amerikanische Panzer – als deren Schemen und Abgasschwaden schon hinter ihm zu sehen waren. "Comical Ali" wurde der Mann fortan genannt.

Sein Bruder im Geiste ist deutscher Bundeskanzler und nicht weniger tragikomisch. Fürchtet euch nicht! Denn siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird: Für euch ändert sich nichts, intoniert Olaf Scholz pastoral weihnachtlich bei den raren Gelegenheiten, in denen er sich seit dem Karlsruher Urteil überhaupt erklärt. Ebenso tapfer bis karikaturesk verbreiten Koalitionäre wie Britta Haßelmann Durchhalteparolen.

Der Ampel fehlt jeder Kredit – finanziell und politisch

Gründlich, zügig, planbar, sicher? Diese Regierung wirkt wie der Mann, der aus dem 18. Stock fällt und im fünften auf die Frage von jemandem am Fenster, wie es denn so gehe, antwortet: Bis hierher ist alles gut gegangen.

Der zerstrittenen Ampel fehlen nicht nur Milliarden an Krediten. Es geht ihnen auch jeden Tag weiterer politischer Kredit verloren. 15 Tage hat sie gebraucht, um das Loch zu vermessen, das Karlsruhe da in die Planung des kommenden Jahres gerissen hat. Darüber hinaus hat sie den Staatssekretär rausgeschmissen, der ihre Buchungstricks an der Schuldenbremse vorbei umgesetzt hat. Jenseits dessen: Wortwolken und Ratlosigkeit.

Soziales für die Sozialdemokraten, Grünes für die Grünen und weder Steuererhöhungen noch Lösen der Schuldenbremse für die FDP: Die Scholzonomics sind beendet, und damit der letzte Rest an innerem Zusammenhalt, den die Ampel schon vor der dem Karlsruher Urteil kaum hatte. Es gibt keinerlei Indiz dafür, auf welchen gemeinsamen seriösen Weg sich die Koalition nun begeben will. Und das ganze Land schaut ihr bei der täglichen Hilflosigkeit zu.

Neuwahlen werden immer wahrscheinlicher

Es ist daher kaum noch vorstellbar, dass diese Bundesregierung das reguläre Ende der Legislaturperiode 2025 erreicht. Die Bruchstelle ist schon markiert. In der FDP läuft derzeit ein Partei-Plebiszit darüber, ob die Liberalen das Bündnis mit Grünen und Roten verlassen sollen. Es ist zwar nicht bindend, zugleich aber ist es kaum vorstellbar, dass Parteichef Christian Lindner es einfach ignoriert, wenn die Mehrheit der Parteimitglieder sich dafür entscheidet, die Regierung zu verlassen.

Das einzige Argument, das für einen Verbleib in der Regierung ernsthaft ins Feld geführt werden kann, verliert derzeit mit jedem Tag an Kraft: Wenn die FDP auch in der Ampel in den Umfragen unter die fünf Prozent rutscht (an der Marke hängt sie gerade), dann ist es jedenfalls eine Überlegung wert, bei einem Auszug aus dem ungeliebten Bündnis wieder mehr Wähler-Unterstützung zu erfahren, als für diesen Akt bei Neuwahlen abgestraft zu werden. Parteichef Lindner hat vorsorglich schon mehrfach hinterlegt, dass er sehr wohl auch ein zweites Mal sagen kann: Lieber nicht regieren als falsch regieren.

Am 8. Juni findet regulär die Europawahl statt. Nach Lage der Dinge sind die Parteien gut beraten, ihre Agenturen dafür zu sensibilisieren, dass aus einem Europawahlkampf ganz schnell ein Bundestagswahlkampf werden kann.

Verwendete Quellen
  • Eigene Überlegungen
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