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Korruption bei CSU: Ex-Abgeordneter Eduard Lintner verurteilt


"Ein Fall des klassischen Stimmenkaufs"
CSU-Politiker wegen Korruption zu Freiheitsstrafe verurteilt

Von dpa
Aktualisiert am 30.07.2025 - 16:54 UhrLesedauer: 3 Min.
Prozess gegen Ex-Bundestagsabgeordneten LintnerVergrößern des Bildes
Das Urteil gegen den Ex-CSU-Abgeordneten Lintner ist gesprochen. (Quelle: Leonie Asendorpf/dpa/dpa-bilder)
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Um Entscheidungen im Europarat zu beeinflussen, soll Aserbaidschan Abgeordnete bestochen haben. Ein CSU-Mann hat die Weiterleitung von Geld eingeräumt. Nun gibt es ein Urteil in dem Fall.

Im Korruptionsprozess rund um die sogenannte Aserbaidschan-Affäre ist der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Eduard Lintner zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Das Münchner Oberlandesgericht folgte der Argumentation der Generalstaatsanwaltschaft, dass sich der heute 80-Jährige der Bestechung von Mandatsträgern schuldig gemacht hat. Die Verteidigung hatte vergeblich auf Freispruch plädiert.

Aserbaidschan soll sich laut Anklage jahrelang – und das erfolgreich – bemüht haben, Entscheidungen in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (Pace) mithilfe von Geldzahlungen zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Und zwar teils auch mithilfe Lintners, der bis 2010 Pace-Mitglied war. Zudem saß Lintner 33 Jahre lang im Bundestag und war ab 1991 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und damit Teil der von Bundeskanzler Helmut Kohl geführten Bundesregierung. Nach der verlorenen Bundestagswahl schied Lintner 1998 aus dem Amt.

Gericht: Lintner handelte aus Eigeninteresse

Nach Überzeugung des Gerichts spielte Lintner eine maßgebliche Rolle, als Aserbaidschan sich die Stimmen einer inzwischen verstorbenen CDU-Bundestagsabgeordneten kaufte. Lintner habe dabei "wesentliche objektive Beiträge geleistet", sagte der Vorsitzende Richter Jochen Bösl. Er habe eine Hauptrolle gespielt und an der Vereinbarung auch ein Eigeninteresse verfolgt: "Er hat ein wirtschaftliches Interesse an der Aufrechterhaltung seiner Geschäftsbeziehung zu den Aserbaidschanern gehabt."

Tatsächlich hatte Lintner am Ende die Weiterleitung von aserbaidschanischen Geldzahlungen an die CDU-Frau eingeräumt. Diese sollte dafür Entscheidungen im Sinne Aserbaidschans beeinflussen, nachdem Lintner selbst nicht mehr Mitglied des Europarats war. Erste Zahlungen aus Aserbaidschan an die CDU-Politikerin flossen auch über eine Firma Lintners, ein Beratervertrag sollte dies zusätzlich verschleiern.

Das Gericht geht in seinem Urteil davon aus, dass Lintner bei der entscheidenden Vereinbarung zwischen der CDU-Politikerin und der aserbaidschanischen Seite im Herbst 2014 in einem Hotel in Straßburg dabei war. Bei dem Treffen seien die Geldzahlungen vereinbart worden – und die Vereinbarung habe zeitlich unbegrenzt, also "bis auf Weiteres", gelten sollen, sagte der Vorsitzende Richter Bösl. Tatsächlich ist schon das Anbieten oder Versprechen eines "ungerechtfertigten Vorteils" strafbar.

"Abgeordnete hat sich kaufen lassen"

Dies ist deshalb entscheidend, weil das Gericht die Vorwürfe gegen Lintner damit nicht als verjährt ansieht. Zum einen, weil die Vereinbarung immer weiter gegolten habe. Und das, obwohl nur die ersten Geldzahlungen an die CDU-Frau über Lintners Firma flossen – anschließend wurde auf Barzahlung umgestellt. Zum anderen, weil das Gericht vom entscheidenden Treffen im September ausgeht. Die Verteidigung hatte dagegen argumentiert, die ursprüngliche Vereinbarung sei schon Anfang 2014 getroffen worden, und damit vor einer Verschärfung des Abgeordnetenbestechungs-Paragrafen im Strafgesetzbuch.

"Das war ein Fall des klassischen Stimmenkaufs", sagte der Vorsitzende Richter. Der CDU-Politikerin sei Geld dafür geboten worden, dass sie ihr Abstimmungsverhalten an den Interessen der Geldgeber ausrichtet und sich für das Land einsetzt, sowohl in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats als auch im Bundestag. Hier habe sich tatsächlich eine Abgeordnete "kaufen lassen", sagte Bösl. "Die hat Geld dafür gekriegt, dass sie im Sinne Aserbaidschans abstimmt."

Das Gericht entschied in seinem Urteil zudem, dass bei den Erben der CDU-Politikerin gut 111.000 Euro eingezogen werden sollen – die Summe, die sie mindestens erhalten haben soll. Lintner selbst erhielt neben der Bewährungsstrafe eine Geldauflage von 10.000 Euro.

Lintner sah normalen Lobbyismus

Der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete hatte seine Rolle vor Gericht mit den Worten verteidigt: "Ich habe das Ganze für die Art von Lobbyismus gehalten, die bis heute praktisch allgegenwärtig ist." Ganz am Ende des Prozesses bekräftigte er erneut, er sei sich keiner Straftat bewusst gewesen.

Bösl sagte dazu, normaler Lobbyismus sei möglicherweise das, was Lintner schon früher für Aserbaidschan getan habe. Tatsächlich lagen frühere Geldzahlungen Aserbaidschans an Lintner in Millionenhöhe für umfangreiche Lobbyarbeit nach Worten Bösls nicht im strafbaren Bereich.

Verfahren gegen weiteren Ex-Abgeordneten abgetrennt

Neben Lintner waren in dem Prozess zunächst auch der Ex-CDU-Bundestagsabgeordnete Axel Fischer aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land und zwei weitere Beschuldigte angeklagt. Fischer, dem Bestechlichkeit vorgeworfen wird, hat die Vorwürfe bestritten – wie Lintner anfangs auch. Es gilt die Unschuldsvermutung. Nach einer Erkrankung Fischers und einer längeren Unterbrechung wurde das Verfahren gegen ihn abgetrennt – dieses muss später ganz neu starten. Das Verfahren gegen die zwei weiteren Mitbeschuldigten wurde gegen Zahlung von Geldauflagen vorläufig eingestellt.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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