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Aus Türkei abgeschoben: IS-Anhängerin an Flughafen Frankfurt verhaftet


Abgeschobene Frau am Flughafen verhaftet
Warum die IS-Anhängerinnen oft unbehelligt bleiben

Von dpa, afp, nhr, lw

Aktualisiert am 16.11.2019Lesedauer: 4 Min.
Ankunft in Berlin: Aus der Türkei abgeschoben Personen werden am Flughafen Tegel von der Polizei in Empfang genommen.Vergrößern des BildesAnkunft in Berlin: Aus der Türkei abgeschoben Personen werden am Flughafen Tegel von der Polizei in Empfang genommen. (Quelle: Christoph Soeder/dpa)
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Die Türkei hat zwei mutmaßliche IS-Anhängerinnen nach Deutschland gebracht. Eine Beschuldigte wurde festgenommen. Die juristische Verfolgung der Frauen gestaltet sich jedoch schwieriger als die der Männer. Warum?

Nach ihrer Abschiebung aus der Türkei sind zwei mutmaßliche IS-Anhängerinnen in Deutschland eingetroffen. Die beiden Frauen seien am Freitagabend gegen 21.34 Uhr mit einer türkischen Linienmaschine in Frankfurt angekommen, sagte ein Sprecher der Bundespolizei auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Sie seien einer Einreisekontrolle unterzogen worden. Aus Sicherheitskreisen hieß es, Beamte des Bundeskriminalamts seien an Bord gewesen. Eine der beiden Frauen wurde noch am Flughafen verhaftet.

Die deutsche Staatsangehörige Nasim A. sei der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland verdächtig, teilte die Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Zudem werde ihr Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz sowie in einem Fall Kriegsverbrechen gegen das Eigentum vorgeworfen.

Frau heiratete IS-Kämpfer in Syrien

Ein Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof sollte im Laufe des Tages über einen Haftbefehl und Untersuchungshaft entscheiden. Nach Angaben der Justiz war A. Ende 2014 nach Syrien gereist, um dort im Herrschaftsgebiet der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) zu leben. Spätestens Anfang 2015 heiratete sie demnach einen IS-Kämpfer, mit dem sie in den Irak zog. Dort hielten sich die Beschuldigte und ihr Ehemann von 2015 bis 2016 in der Stadt Tall Afar auf und bewohnten ein Haus des IS.

Die Beschuldigte soll den Haushalt verrichtet haben, während ihr Mann für den IS kämpfte. Dafür erhielt A., die eine Kalaschnikow besessen haben soll, auch Geldzahlungen vom IS. Später siedelte das Paar nach Syrien um, wo A. wieder den Haushalt führte. Anfang 2019 wurde die Beschuldigte von kurdischen Sicherheitskräften gefangen genommen und in das Flüchtlingslager Al-Hol gebracht. Nach dpa-Informationen gelang es der 1998 geborenen Frau, von dort aus zu fliehen. Sie saß demnach zuletzt in der türkischen Stadt Gaziantep in Abschiebungsgewahrsam.

Strafrechtliche Verfolgung in Deutschland nicht immer möglich

Außerdem sollte eine gebürtige Hannoveranerin ins Flugzeug gesetzt werden. Sie soll sich aus dem inzwischen aufgelösten syrischen Gefangenenlager Ain Issa in Richtung Türkei abgesetzt haben. In einer Meldung der privaten türkischen Nachrichtenagentur DHA war in beiden Fällen von "ausländischen Terroristenkämpfern" mit deutscher Staatsbürgerschaft die Rede.

Nicht jeder, der ins Herrschaftsgebiet des IS gereist ist, kann in Deutschland auch strafrechtlich verfolgt werden. Bei den Männern war die Sache bisher oft relativ klar: Rückkehrer wurden von der Bundesanwaltschaft verhaftet und angeklagt, weil sie in Syrien oder im Irak als Kämpfer in Gefechte gezogen waren, Gegner erschossen, Gefangene misshandelt oder sich an Hinrichtungen beteiligt hatten.

Abgrenzung im Einzelfall kann schwierig sein

Bei den Frauen ist es schwieriger. Strafbar ist die Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) setzt diese "eine gewisse formale Eingliederung" voraus. Dafür braucht es keine Beitrittserklärung wie einen Treueeid. Der oder die Verdächtige muss aber eine Stellung einnehmen, "die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht". Die Abgrenzung im Einzelfall kann schwierig sein.

Rückkehrerinnen konnten festgenommen werden, weil sie ihre Kinder ins Kriegsgebiet verschleppt, für den IS Wachdienste übernommen oder bei Hinrichtungen zugeschaut hatten. Im Juni 2018 verhängte der BGH Untersuchungshaft gegen eine Deutsche, die nach Syrien gereist war, um ein höherrangiges IS-Mitglied zu heiraten. Sabine S. hatte andere Frauen aufgefordert, es ihr gleichzutun, und Enthauptungen im Namen des Islam gerechtfertigt. Das ließ die Richter "auf eine einvernehmliche Aufnahme in den IS schließen".

Neun Personen aus Türkei nach Deutschland abgeschoben

Insgesamt hat die Türkei diese Woche neun Menschen, die sie als mutmaßliche Anhänger der IS-Terrormiliz und Islamisten bezeichnete, nach Deutschland abgeschoben. Als Erste kamen am Donnerstag sieben Mitglieder einer deutsch-irakischen Familie in Berlin an. Der Vater der Familie aus Hildesheim wurde nach der Ankunft festgenommen. Es bestanden deutsche Haftbefehle unter anderem wegen des Verdachts des Betruges, wie Senatssprecher Martin Pallgen in Berlin mitteilte.

Nach dpa-Informationen hatte der älteste Sohn der Familie in Hildesheim früher Kontakt zu dem inzwischen verbotenen "Deutschen Islamkreis" um den Hassprediger Abu Walaa. Der ebenfalls aus dem Irak stammende Prediger steht zusammen mit vier weiteren mutmaßlichen Islamisten in Celle vor Gericht. Sie sollen Jugendliche als Kämpfer für den IS rekrutiert haben.

Die am Donnerstag abgeschobene Familie, die aus den Eltern, zwei Söhnen, zwei Töchtern und einem Enkelkind besteht, befindet sich laut Pallgen nicht mehr in Berlin. Zu ihrem neuen Aufenthaltsort machte er keine Angaben.

Merkel: Stellen sicher, dass von Personen keine Gefahr ausgeht

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat versichert, die deutschen Behörden würden gewährleisten, dass von Islamisten und mutmaßlichen IS-Anhängern, die die Türkei abschiebt, keine Gefahr ausgeht. Diese Menschen würden im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum von Bund und Ländern einer Sicherheitsbewertung unterzogen. "Dementsprechend wird dann natürlich sichergestellt, dass von diesen Personen keine Gefahr ausgeht."


Die Türkei hatte am Montag öffentlich die Abschiebung mehrerer deutscher mutmaßlicher IS-Anhänger angekündigt. Anfang Oktober waren türkische Truppen in Nordsyrien einmarschiert und gegen die Kurdenmiliz YPG vorgegangen. Die von der YPG geführten Syrischen Demokratischen Kräfte SDF bewachen in Nordsyrien immer noch Tausende IS-Gefangene. Nach Angaben pro-kurdischer Medienaktivisten hat die SDF trotz des türkischen Einmarsches noch die Kontrolle über alle IS-Gefangenenlager, mit Ausnahme von Ain Issa.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
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