Freitagsgebete im Ramadan dΓΌrfen nicht generell verboten werden

Im Fastenmonat Ramadan treffen die Gottesdienst-Verbote wegen Corona Muslime besonders hart. Das Bundesverfassungsgericht sieht das Infektionsrisiko. Ein Verbot ohne jede Ausnahme geht aber zu weit.
Freitagsgebete im muslimischen Fastenmonat Ramadan dΓΌrfen auch in der Corona-Krise nicht generell verboten werden. Im Einzelfall mΓΌsse es mΓΆglich bleiben, nach eingehender PrΓΌfung eine Ausnahmegenehmigung zu bekommen, entschied das Bundesverfassungsgericht.
Die Karlsruher Richter setzten im Eilverfahren auf Antrag eines religiΓΆsen Vereins aus Niedersachsen die Regelung in der dortigen Corona-Verordnung auΓer Kraft. Diese hatte keine MΓΆglichkeit fΓΌr Ausnahmen vorgesehen. (Az. 1 BvQ 44/20)
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Zumindest angesichts der derzeitigen Gefahrensituation sei "nicht erkennbar, dass eine einzelfallbezogene positive EinschΓ€tzung in keinem Fall erfolgen kann", hieΓ es zur BegrΓΌndung. Die Entscheidung gilt nicht nur fΓΌr Moscheen, sondern auch fΓΌr Kirchen und Synagogen.
Verein bot umfangreiche Vorkehrungen an
Der Verein mit rund 1.300 Mitgliedern hatte umfangreiche Schutzvorkehrungen angeboten. So sollten mehrere Freitagsgebete nacheinander abgehalten werden, um die Veranstaltungen klein zu halten. Die GlΓ€ubigen sollten verpflichtet sein, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen. Der Sicherheitsabstand zwischen ihnen sollte viermal grΓΆΓer sein als momentan beim Einkaufen gefordert.
Das NiedersΓ€chsische Oberverwaltungsgericht hatte trotzdem ein wesentlich hΓΆheres Ansteckungsrisiko gesehen. Beim gemeinsamen Beten und Singen sei mit einem hohen VirenausstoΓ zu rechnen. Gerade im Ramadan sei zu befΓΌrchten, dass die Kontrollen versagten und die AbstΓ€nde stΓ€ndig unterschritten wΓΌrden. Damit seien Gottesdienste eher wie Konzerte oder Sportveranstaltungen zu bewerten.
Anrag auf Ausnahmegenehmigung muss mΓΆglich sein
Das sehen die Verfassungsrichter differenzierter. EinkΓ€ufe und Gottesdienste seien tatsΓ€chlich nicht vergleichbar β schon allein deshalb, weil es bei den Glaubensgemeinschaften ganz andere Unterschiede bei GrΓΆΓe und Struktur gebe. Bei den Freitagsgebeten des Vereins zum Beispiel werde nach dessen Angaben gar nicht gesungen und der Imam bete laut vor. AuΓerdem seien alle Gemeindemitglieder den Verantwortlichen bekannt und kΓΆnnten einzeln eingeladen werden.
Die Richter kommen deshalb zu dem Schluss, dass es dem Verein zumindest mΓΆglich sein muss, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Bei der Entscheidung darΓΌber mΓΌssten die BehΓΆrden "das Gewicht des mit dem Verbot verbundenen Eingriffs in die Glaubensfreiheit" berΓΌcksichtigen - "das hier insbesondere hinsichtlich des Freitagsgebets im Fastenmonat Ramadan besonders groΓ ist".
Der Beschluss nennt aber auch Punkte, die gegen eine Genehmigung sprechen kΓΆnnen. So komme es darauf an, ob die Einhaltung der Auflagen und BeschrΓ€nkungen effektiv kontrolliert werden kΓΆnne. Auch die ΓΆrtlichen Gegebenheiten sowie die Struktur und GrΓΆΓe der Glaubensgemeinschaft sollen eine Rolle spielen - genauso wie die Frage, wie stark die jeweilige Region vom Coronavirus betroffen ist.
- Nachrichtenagentur dpa