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"Markus Lanz" – Baum: Uns wird nicht die Wahrheit über Corona gesagt


Corona-Debatte bei "Markus Lanz"
FDP-Urgestein: "Wieso sagen sie uns nicht die Wahrheit?"

Carsten Drees

Aktualisiert am 18.12.2020Lesedauer: 4 Min.
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Der ehemalige Innenminister Gerhart Baum: Der FDP-Politiker meint, dass Merkel und Söder ehrlicher kommunizieren sollten, dass die Pandemie noch lange andauert und auch das Impfen Schwierigkeiten mit sich bringtVergrößern des Bildes
Der ehemalige Innenminister Gerhart Baum: Der FDP-Politiker meint, dass Merkel und Söder ehrlicher kommunizieren sollten, dass die Pandemie noch lange andauert und auch das Impfen Schwierigkeiten mit sich bringt (Quelle: imago-images-bilder)

Steht der Schutz der Gesundheit über allem und was ist das für ein Leben, wenn es nur noch darum geht, den Tod zu verhindern? Ist die Wissenschaft gescheitert und wie wirkt Corona auf die Psyche? Schwierige Fragen, die man bei "Lanz" erörtern wollte.

Ein letztes Mal in diesem Jahr lud Markus Lanz Gäste zu sich ein und drehte thematisch unter der alles zusammenhaltenden Klammer "Corona" das ganz große Rad: Der Bogen spannte sich vom Umgang mit der Pandemie und der Akzeptanz innerhalb der Bevölkerung über die psychischen Auswirkungen bis zu den ganz universellen Themen Ethik, Gott, Wissenschaft als Ersatz-Religion, Leben nach dem Tod und Ewigkeit.

"Wer den Tod verdrängt, verpasst das Leben" – mit dieser These stellt Lanz den Theologen und Psychiater Dr. Manfred Lütz vor. Der Gedanke dahinter: Wenn wir uns angesichts eines grassierenden Virus unserer Sterblichkeit wieder stärker bewusst werden, leben wir möglicherweise intensiver. Neben Lütz sitzt der Journalist und Bestseller-Autor Kester Schlenz, der schon lange vor der Pandemie unter psychischen Problemen litt und in der Sendung den Fokus darauf lenken sollte, wie sich die Pandemie psychisch auf die Gesellschaft auswirkt.

"Das schlimmste Weihnachten? Das ist übertrieben"

Der Talk beginnt aber mit dem ehemaligen Bundesinnenminister Gerhart Baum, der durchblicken lässt, dass er dank der Erfahrungen im Luftschutzkeller zum Ende des Zweiten Weltkrieges besser auf einen Ausnahmezustand wie die aktuelle Pandemie vorbereitet ist.

Er spricht von einer Ohnmacht, die er dieses Jahr in der Politik verspürt hat und die ihn an die Kriegs- und Nachkriegsjahre erinnerte. Lanz konfrontiert ihn darauf mit dem bekannten Laschet-Zitat, in dem der Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens davon sprach, dass uns das "härteste Weihnachten, das die Nachkriegsgenerationen je erlebt haben" ins Haus steht. Baum quittierte diese Aussage mit einem knappen: "Das ist übertrieben".

Mit Kester Schlenz befindet sich ein Mensch in der Runde, der sehr lange unter seinen Angststörungen, Panikattacken und Depressionen gelitten hat und in diesem Jahr das erste Mal eine Vorstellung davon bekam, wie es ist, nicht der gefühlt Einzige mit diesen Problemen zu sein, sondern ein ganzes Land plötzlich in Angst zu sehen.

Alles in allem kam das Thema, wie sich die Pandemie auf die Psyche auswirkt und was Corona mit bereits psychisch Erkrankten macht, ein wenig zu kurz in der Sendung. Immerhin wurde aber noch von Dr. Lütz herausgearbeitet, dass das Verspüren von Angst ein normaler und sogar gesunder Vorgang ist. Angst in einer solchen Situation ist demnach die erwartbare Reaktion und sollte nicht direkt mit einer psychischen Erkrankung verwechselt werden.

Buchautorin und Philosophin Thea Dorn, die die Runde komplettierte, relativierte zunächst ihre Aussage von Ende Oktober. Damals sagte sie, dass sie versuche, sich "nicht von den Infektionszahlen-Hysterien anstecken zu lassen". Das sieht sie heute anders und im Laufe der Sendung waren sich darüber hinaus alle Gäste einig, dass das Korrigieren der eigenen Meinung auch für Wissenschaftler und Politiker absolut legitim ist. Lanz sprach diesbezüglich von einer "Salami-Taktik" und meinte damit, dass Politiker wie Merkel von Ende Oktober an ihre Aussagen zu weiteren, härteren Maßnahmen von Woche zu Woche korrigiert hätten, was aber für die Gäste keinerlei Problem darstellte.

Für Dorn stammt der klügste Satz eines Politikers in diesem Jahr von Gesundheitsminister Jens Spahn, der sagte, dass wir einander in einigen Monaten viel verzeihen müssen. In der Folge stand die Philosophin öfters in der Runde auf verlorenem Posten, wenn sie beispielsweise der Kanzlerin unnötige Polemik und Überspitzung vorwarf.

"Wieso sagen sie uns nicht die Wahrheit?"

Der FDP-Politiker Baum war oft der mit den konkretesten Aussagen, beispielsweise wenn er darauf verwies, dass der Staat selbstverständlich das Recht habe, Grundrechte einzuschränken und das schließlich ja auch tue, beispielsweise bei den Auflagen für Demonstrationen. Allerdings wurde es in der Runde unruhig, als er fragte, wieso die Politiker wie Söder und Merkel uns nicht die Wahrheit sagen würden.

Gerhart Baum: "Ich habe das Gefühl, dass uns nicht die Wahrheit gesagt wird. Wieso sagen sie uns nicht die Wahrheit?"

Konkret findet er, dass die Regierenden darüber informieren müssten, dass die Pandemie noch lange andauert und auch das Impfen Schwierigkeiten mit sich bringt. Über Erklärungsansätze, was denn nun "die Wahrheit" wäre, näherte sich die Runde dann existenziellen Fragen zu Gott, Gesundheit als höchstem Gut, einem Leben nach dem Tod und Dr. Lütz sprach schließlich von der Wissenschaft als Ersatz-Religion. Seiner Meinung nach sei die Wissenschaft "dramatisch gescheitert" – eine Meinung, mit der er in der Runde ziemlich isoliert war.

Mit Sätzen wie "Wer liebt, kennt Gott" und "Eigentlich sind Christen Agnostiker" verabschiedete sich Lütz dann auch endgültig aus dem weltlichen Teil der Talk-Runde.

Abschließend fragt Markus Lanz dann noch, wieso man den Leuten seitens der Politik nicht schlicht erkläre, was sie zu tun haben, damit man ein schönes Weihnachten verbringen kann. Dr. Lütz spricht in dem Zusammenhang von einem Kommunikationsproblem, was Kester Schlenz aber direkt im Keim erstickte, indem er sagte, dass die AHA-Regeln nun wahrlich nicht hochkomplex wären.

So endet die letzte Lanz-Sendung des Jahres ein wenig unbefriedigend, weil dort sehr intelligente Menschen zusammensaßen, die dennoch so manch wenig intelligente Plattitüde von sich gaben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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