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Wahl in Sachsen-Anhalt: Warum einige Umfragen so weit daneben lagen


Demoskopen-Debakel? Warum einige Umfragen so weit daneben lagen


07.06.2021Lesedauer: 3 Min.
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Der große Gewinner am Sonntagabend: Sachsen-Anhalts MinisterprÀsident Reiner Haseloff. Einen so klaren Sieg für die Union hatten die wenigsten erwartet.
Der große Gewinner am Sonntagabend: Sachsen-Anhalts MinisterprÀsident Reiner Haseloff. Einen so klaren Sieg für die Union hatten die wenigsten erwartet. (Quelle: Fabian Bimmer/Reuters-bilder)

Der Zweikampf auf AugenhΓΆhe zwischen der Union und der AfD fiel am Sonntag in Sachsen-Anhalt aus. Dabei hatten Umfragen ihn vorausgesagt. Wie kommen diese Unterschiede zustande?

Was schien am Abend der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt nicht alles mΓΆglich, wenn man die Umfragen der Wochen zuvor zurate zog: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen von CDU und AfD, wenn nicht sogar ein Sieg der Rechtspopulisten. Eine Fortsetzung des HΓΆhenfluges der GrΓΌnen, die auf ein historisch starkes Abschneiden hoffen durften.

Am Ende trat davon nichts ein. Das Kopf-an-Kopf-Rennen? Fiel aus, die Union gewann haushoch. Der grΓΌne HΓΆhenflug? Ausgebremst, die GrΓΌnen blieben knapp unter sechs Prozent. Wieder einmal zeigte sich, was Demoskopen immer wieder anmahnen: Dass Umfragen allenfalls Tendenzen aufzeigen, keineswegs aber Ergebnisse vorwegnehmen. Gleichwohl war die Diskrepanz diesmal erheblicher als sonst. Woher rΓΌhrt das? Und welche Rolle spielten die konkreten Gegebenheiten in Sachsen-Anhalt?

Wie werden Umfragen erhoben?

Um sich diesen Fragen zu nÀhern, lohnt ein kurzer Exkurs: Im Prinzip funktionieren Umfragen so, dass Demoskopen aus einer kleineren Gruppe von Befragten das Wahlverhalten der gesamten Bevâlkerung zu ermitteln versuchen. Diese so genannten Stichproben sollen die gesellschaftliche Zusammensetzung so reprÀsentativ wie mâglich abbilden. Heißt: Senioren, hâhere und niedrigere Einkommen, Frauen und MÀnner oder Menschen aus Ost und West kommen mâglichst ihrem Anteil an der Bevâlkerung entsprechend in der Probe vor. Je nach Grâße der Stichprobe gibt es eine Fehlertoleranz. Ist die Stichprobe grâßer, sinkt der Schwankungsbereich und umgekehrt.

Nun fΓΌgen die Umfrageinstitute in den Erhebungen bestimmte Gewichtungen ein, um etwa Ungenauigkeiten in der Stichprobe auszugleichen. Jedes Umfrageinstitut macht dies auf eigene Weise, weshalb nicht selten ganz unterschiedliche Ergebnisse entstehen kΓΆnnen, auch wenn die Erhebungen im gleichen Zeitraum stattfanden.

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Verzerrungen entstehen auch dadurch, dass etwa AnhΓ€nger radikaler Parteien in Umfragen mit ihrer tatsΓ€chlichen PrΓ€ferenz hinterm Berg halten, wie der Politikwissenschaftler und Parteienforscher Thorsten Faas von der Freien UniversitΓ€t Berlin mit Blick auf die AfD betont: "FΓΌr die Demoskopen ist die Partei schwieriger einzuschΓ€tzen als andere, weil es vielleicht WΓ€hler gibt, die ihre AfD-Wahl nicht offen sagen in einer Umfrage. Es gibt aber auch AfD-WΓ€hler, die seltener an Umfragen teilnehmen. Man muss an der Stelle ja auch sehen: Selbst die sonst extrem prΓ€zisen 18-Uhr-Prognosen lagen bei der AfD gestern deutlicher daneben, als wir das gewohnt sind. Und der hohe Briefwahlanteil macht alles noch schwieriger."

Entscheidung auf den letzten DrΓΌcker

Wahlen in der jΓΌngeren Vergangenheit haben gezeigt, dass sich mehr und mehr Unentschlossene erst sehr spΓ€t, vielleicht erst in der Kabine, fΓΌr eine Partei entscheiden. FΓΌr die Demoskopen werden prΓ€zise Vorhersagen damit umso schwieriger. Zugleich beeinflussen die Umfragen selbst das Wahlverhalten. Sagen die Erhebungen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus, kann das Unentschlossene zur Abstimmung motivieren – wie es jetzt wohl in Sachsen-Anhalt der Fall war.

Parteienforscher Faas: "Solche Umfragen senden wichtige Signale an strategische WΓ€hlerinnen und WΓ€hler, die auf dieser Basis versuchen, ihre Wahlentscheidungen zu optimieren – und eben zu verΓ€ndern. Und plΓΆtzlich sind Umfragen, die eben vielleicht noch richtig waren, falsch, haben sich selbst quasi ad absurdum gefΓΌhrt. Gerade in einer Situation, in der im Raum steht, dass die AfD vielleicht stΓ€rkste Partei wird, kann man sich leicht vorstellen, dass 'staatstragende' Parteien und ihre WΓ€hlerinnen und WΓ€hler genau das zu verhindern versuchen."

Hinzu komme ein Trend, so Faas, der in diesem Wahljahr schon hΓ€ufiger zu beobachten gewesen sei: Am Ende entstehe rund um beliebte Regierungschefs ein regelrechter Sog, der vor allem zulasten kleiner Koalitionspartner geht. Davon habe am Sonntag die Union mit MinisterprΓ€sident Reiner Haseloff massiv profitiert, wΓ€hrend SPD und GrΓΌne doch schwΓ€cher als erwartet abschnitten.

"Beliebte MinisterprΓ€sidentinnen und MinisterprΓ€sidenten ziehen auf der Zielgeraden", sagt Faas. "Wenn man so will, sind sie die letzten Fixpunkte in einer ansonsten auch politisch sehr bewegten, unΓΌbersichtlichen Welt. Denn wie Wahlen ausgehen, welche Koalitionen sich bilden, das ist ja kaum vorhersehbar in diesen Zeiten."

Verwendete Quellen
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