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CSU-Chef Markus Söder: Zum Glück kann er nicht Kanzler werden


Was für ein Segen, dass Markus Söder nicht Kanzler werden kann

Eine Kolumne von Christoph Schwennicke

20.09.2021Lesedauer: 4 Min.
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Markus Söder: "Country und Western. Shampoo und Spülung. Hase und Reh. All in one. CSU.", schreibt Christoph Schwennicke.Vergrößern des Bildes
Markus Söder: "Country und Western. Shampoo und Spülung. Hase und Reh. All in one. CSU.", schreibt Christoph Schwennicke. (Quelle: imago-images-bilder)

Viele glauben, der CSU-Chef wäre der bessere Kanzlerkandidat der Union. Doch das ist ein Trugschluss: Söders ständige Stänkereien gegen Laschet zeigen, dass er sich nicht im Griff hat. Und so jemand sollte nicht Deutschland regieren.

In Bayern gibt es ein Fabelwesen, das die Einheimischen Wolpertinger nennen. Der Wolpertinger kann leicht variieren, aber meistens erscheint er in Gestalt eines Hasen mit Geweih zwischen den Ohren und Entenflügeln auf dem Rücken.

Der Wolpertinger unter den Parteien kommt auch aus Bayern und heißt CSU.

Die CSU ist immer alles in einem: Country und Western, würden die Blues Brothers sagen. Sie ist Regionalpartei, aber auch Bundespartei, sie ist Opposition und Regierung, sie versteht sich als eine eigene Bundestagsfraktion und dann auch wieder als Bestandteil der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU.

Sie ist Kleinpartei, wenn es von Vorteil ist, und wirke es auch noch so daneben. Denn was bitte hatte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt eigentlich beim sogenannten Vierkampf der kleineren Parteien zwischen FDP, Linken und AfD verloren? Genauso selbstverständlich sitzt die CSU aber am Wahlabend dann auch wieder in der Elefantenrunde. Und natürlich inklusive Landesgruppenchef in jedem Koalitionsausschuss.

Country und Western. Shampoo und Spülung. Hase und Reh. All in one. CSU.

Der politische Wolpertinger mit dem größten Geweih heißt Markus Söder. Der Platzhirsch unter den Wolpertingern legt seine Rolle noch breiter aus als die seiner Partei. Davon kann der Unionskanzlerkandidat Armin Laschet ein Klagelied singen.

Wer einen Parteifreund wie Markus Söder hat, dem kann auch der schlimmste reale politische Gegner keinen Schauer mehr über den Rücken jagen.

Christoph Schwennicke ist Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft Corint Media. Er arbeitet seit mehr als 25 Jahren als politischer Journalist, unter anderem für die "Süddeutsche Zeitung" und den "Spiegel". Zuletzt war er Chefredakteur und Verleger des Politmagazins "Cicero".

Söder spielt nach wie vor ein abgeschmacktes Spiel mit dem Kanzlerkandidaten der Union, also der Einheit, die CDU und CSU eigentlich bilden. An einem Tag ist er immer noch Kontrahent und der bessere Kandidat, am nächsten Tag dann glühendster Unterstützer. Vor dem CSU-Parteitag lässt er seinen mitunter ins Blasierte spielenden Chefintellektuellen, Generalsekretär Markus Blume, sagen, dass die Union natürlich mit einem Kanzlerkandidaten Söder besser dastünde als mit Laschet.

Dann lässt er Laschet zum CSU-Parteitag antreten, bei dem der strukturell freundliche Rheinländer gezwungen ist, ebenso gute Miene zu diesem Spiel zu machen wie seinerzeit Angela Merkel, als Horst Seehofer sie bei einem CSU-Parteitag minutenlang auf der Bühne stehen und warten ließ wie eine Kellnerin, die die Maßkrüge servieren möchte und auf das Ende der Rede warten muss. Drei Tage später musste Laschet auch noch einen ganzen Teller Nürnberger Bratwürste mit dem Mann essen, der nicht müde wird zu bekunden, mit wem die Union als Kanzlerkandidat besser gefahren wäre.

Eine bisweilen toxische Kombination

Es vergeht kein Wahlkampfauftritt des Franken, bei dem er nicht auf die Rückwärtsgewandtheit der Medien abhebt, die immer noch Laschets deplatziertes Lachen im Flutgebiet von Erftstadt thematisieren – um es damit selbst auch in Erinnerung zu halten. Es vergeht kein Wahlkampfauftritt, bei dem er nicht erwähnt, dass seine Kandidatur um die Kandidatur verarbeitet und geklärt und die Sache vergessen sei – um sie damit zugleich wieder in Erinnerung zu rufen, und also auch den Gedanken zum Schwingen bringt, wie man nun wohl mit einem Söder dastünde.

Was Söder da macht, das sind nicht mehr bloß "Schmutzeleien", wie der in dieser Hinsicht auch nicht zimperliche Seehofer das einmal genannt hat. Das sind ausgemachte Sauereien. Die in Söders Persönlichkeit wurzeln. Er kann nicht anders.

Niemand wird Markus Söder einen großen politischen Instinkt absprechen. Aber die Kunst der Politik besteht darin, diesen Instinkt zu haben und sich nicht vom Impuls sofort hinfortreißen zu lassen. Söder ist nicht nur instinktsicher. Er ist zudem komplett impulsgesteuert. Instinkt und Impuls im freien Lauf: Das ist eine bisweilen toxische Kombination.

Man kann es auch noch einfacher sagen: Söder hat sich nicht im Griff. Und wenn er es versucht, wird er dennoch wieder rückfällig. Es gehört eigentlich zu den gelernten Lektionen der Christsozialen aus der Zeit von 2015/2016 und der Flüchtlingskrise, dass die Union nichts gewinnen kann, wenn die CSU sich wie eine Oppositionspartei gegenüber der gemeinsamen Politik in Berlin verhält, ja geradezu Amok läuft.

Söder wird nach der Wahl auf andere zeigen

Söder hatte sich fest vorgenommen, das nie wieder zu tun und rühmte seither Angela Merkel, als sei nie etwas zwischen ihnen gewesen. Jetzt könnte es sein, dass er sich tatsächlich, wie immer wieder bekundet, vorgenommen hat, nicht mehr gegen Laschet zu sticheln und zu stänkern. Aber er hält das nicht durch. Er wird spätestens nach wenigen Tagen oder Wochen rückfällig. Dabei Parallelen zum Suchtverhalten zu sehen, ist nicht völlig daneben. Denn wenige sind in dem Maße selbst- und geltungssüchtig wie Markus Söder.

Es ist deshalb unterm Strich, bei all seiner politischen Gabe sowie seiner enormen Willens- und Durchsetzungskraft, besser für dieses Land, dass er nicht die Möglichkeit bekommen hat, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden. Es gibt abschreckende Beispiele genug aus Ländern, in denen zu sehr impulsgesteuerte Persönlichkeiten Staats- oder Regierungschef geworden sind. Den richtigen Instinkt hatte Donald Trump übrigens oft auch.

Die politische Quittung für sein egomanisches und scheinheiliges Agieren hat Söder in Bayern schon bekommen. Auf unter 30 Prozent sind die Umfragen der CSU regelrecht abgestürzt. Und das liegt nicht in erster Linie an Laschet. Sondern an Söder, der damit schon als der erste Wahlverlierer feststeht einer Bundestagswahl, die erst am kommenden Sonntag stattfindet. Was Söder nicht davon abhalten wird, bei einem schwachen Wahlergebnis mit allen verfügbaren Fingern in eine andere Richtung zu deuten.

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