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Tagesanbruch: Gündogan und Özil – Wann leisten die beiden endlich Abbitte?


Tagesanbruch
Was heute Morgen wichtig ist

Meinung von Florian Harms

Aktualisiert am 15.05.2018Lesedauer: 6 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
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Quelle: AKP

Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages:

WAS WAR?

Herr Gündogan ist Fußballspieler und möchte keine Politik machen. Sagt er. "Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen." Sagt er in seinem Namen und im Namen von Herrn Özil, der auch Fußball spielt und auch keine Politik machen möchte. Die Frage ist dann allerdings, warum Herr Gündogan und Herr Özil, die beide keine Politik machen wollen, trotzdem Politik machen. Denn nichts anderes war ihr Auftritt mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan: ein lupenreiner politischer Publicity-Termin.

  • Ist es den beiden entgangen, dass Erdogan sich gerade mitten im Wahlkampf befindet und ihm jedes Foto mit Prominenten hilft, am 24. Juni seine Macht zu verteidigen?
  • Haben die beiden übersehen, dass Erdogan viele seiner politischen Gegner schikaniert, diffamiert, verfolgen und verhaften lässt?
  • Wissen die beiden nicht, dass der Profifußball im Land ihrer beschworenen "Wurzeln" immer auch eine politische Komponente hat, dass Spieler und Vereine von Erdogans Regierungspartei AKP unter Druck gesetzt werden, sie zu unterstützen? Haben Sie keine zwei Sekunden darüber nachgedacht, welche Wirkung ihre Selfies vor diesem Hintergrund entfalten?
  • Haben die beiden vergessen, dass die Türkei sich ebenso wie Deutschland um die Ausrichtung der Europameisterschaft 2024 bewirbt, mithin in direkter sportpolitischer Konkurrenz zu Deutschland steht?

Nein, so naiv sind Herr Gündogan und Herr Özil sicher nicht. Deshalb sollten sie sich nun nicht umständlich herausreden, sondern sich hinstellen und einräumen, dass sie einen Fehler gemacht haben. Dann ist die Sache schnell vergessen.

Ach ja, eines noch: Schön wäre es, die beiden würden am 17. Juni um 17 Uhr nicht für "ihren Präsidenten" spielen, sondern für das Land, das sie aufgestellt hat. Andernfalls können sie gern in der Kabine bleiben. mehr

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Es gibt Tage, da fokussiert sich eine weltpolitische Entwicklung auf einen Moment. Wie in einem Brennglas. So einen Moment gab es gestern, und zwei Fotos dokumentieren seine Bedeutung. Auf dem ersten Bild ist Ivanka Trump zu sehen, die Tochter des US-Präsidenten, wie sie lächelnd neben einer Schautafel an der neuen amerikanischen Botschaft in Jerusalem posiert. Auf der Tafel prangt in Versalien der Name ihres Vaters. Seht her, sagt dieses Bild, dieser Präsident hält, was er im Wahlkampf versprochen hat, er erfüllt Amerikas Verbündetem einen sehnlichen Wunsch, und es ist ihm egal, dass er damit Millionen Araber provoziert.

Auf dem anderen Bild ist ein Palästinenser zu sehen, der einen Toten in den Armen hält. Das Opfer soll von israelischen Soldaten erschossen worden sein. War es der Bruder, der Sohn, ein Freund? Wir wissen es nicht, aber wir sehen das Gesicht des Palästinensers: verzerrt von Schmerz und Trauer.

Zwei Bilder, nur wenige Dutzend Kilometer voneinander entfernt aufgenommen. Zwei Szenen, die illustrieren, wie nah Triumph und Niederlage, Freude und Zorn beieinanderliegen – und auch das: Hybris und Verantwortungslosigkeit. Solidarität mit Israel ist richtig – aber die Verlegung der amerikanischen Botschaft war eine politische Torheit. Weil sie in dieser brisanten Weltregion, in der jedes Interesse immer auch ein Gegeninteresse kennt, nur die eine Seite belohnte und die andere vor den Kopf stieß. Weil sie nicht mit einem Entgegenkommen für die Palästinenser einherging, weil sie den Nahost-Konflikt weiter verschärft, weil sie die absehbare Gewalteskalation in Kauf nahm. Ja, die Toten dieses blutigen Montags sind die Opfer der Scharfmacher im Nahen Osten. Aber es sind auch Trumps Tote.

Wie tief die Ursachen des Nahost-Konflikts reichen, erklärt der Orientexperte Daniel Gerlach im Interview mit meinem Kollegen Daniel Schreckenberg – und kommt überraschenderweise zu dem Schluss: "Den Nahost-Konflikt kann man selbstverständlich lösen." mehr

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WAS STEHT AN?

In diesen Tagen wird viel über den Rechtsstaat gesprochen und dabei oft beklagt, dass dieser in Deutschland gefährdet sei. Schaut man sich die Fakten an – etwa Kriminalitätsstatistiken und Zahlen zu Gerichtsverfahren und Polizeieinsätzen – bewahrheitet sich dies nicht.

Es scheint sich eher um ein gefühltes Phänomen zu handeln. Das ist allerdings kaum weniger alarmierend. Wenn immer mehr Bürger das Vertrauen in die Rechtsprechung verlieren, erodiert eine tragende Säule unseres Gesellschaftssystems. Ich spreche nicht von einem theoretischen Problem, sondern von einem sehr realen, wie aus einer repräsentativen Umfrage hervorgeht, über die t-online.de exklusiv berichtet.

Was mich ebenso beunruhigt: 80 Prozent der Befragten haben ein eher geringes oder überhaupt kein Vertrauen mehr in die politischen Parteien. Nur 33 Prozent geben an, noch Vertrauen in die Arbeit der Bundesregierung zu setzen. Wie soll man das anders werten denn als ein Armutszeugnis für unsere Politiker? mehr

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Apropos Armutszeugnis: Der neue bayerische Ministerpräsident Markus Söder jedenfalls glaubt, dass er dringend etwas tun muss, um dem Rechtsstaat mehr Geltung zu verschaffen. Deshalb propagiert er ein neues Polizeiaufgabengesetz, das der Landtag heute verabschieden will. Recht und Ordnung jederzeit zu gewährleisten, ist sicher eine gute Sache, aber wer sich dieses Gesetz genauer ansieht, bekommt den Eindruck: Da erhalten die Organe des Staates plötzlich viel mehr Rechte als die Bürger. Da darf die Polizei auf einmal Dinge tun, die man sonst eher in autoritären Staaten erwarten würde. Kein Wunder, dass viele Menschen vehement gegen das Gesetz protestieren. Den neuen bayerischen Regenten beeindruckt das nicht. Er will vor der anstehenden Landtagswahl zeigen, wie bärenstark er ist. Ob er sich da mal nicht verrechnet. Auch in Bayern haben die Menschen ein sehr feines Gespür für Sinn und Unsinn. mehr

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Drängeln, Rasen, Pöbeln: Die Sitten im Straßenverkehr werden immer rauer. In vielen Autos fahren deshalb Dashcams mit. Die Mini-Kameras auf dem Armaturenbrett, die alles aufzeichnen, sind jedoch heftig umstritten. Den einen liefern sie wertvolle Beweise, etwa bei einem Unfall. Andere sehen darin einen Eingriff in die Privatsphäre. Auch die Gerichte sind sich bis heute uneinig, ob sie Dashcam-Aufnahmen als Beweise zulassen oder nicht.

Das könnte sich nun ändern: Zum ersten Mal hat sich der Bundesgerichtshof mit den Kameras befasst – und heute will er sein Urteil sprechen. Zwar geht es dabei um einen ganz konkreten Fall. Experten erwarten aber ein Grundsatzurteil. Damit Millionen Autofahrer endlich wissen, woran sie sind. Wie die Karlsruher Richter urteilen und was das für Sie bedeutet, erfahren Sie im Laufe des Tages von unserem Autoredakteur Markus Abrahamczyk.

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WAS LESEN?

Höhlenmenschen. Ein Wort genügt, und das Bild im Kopf ist da. Es ist kalt, es ist feucht. Ein übergeworfenes Fell gehört dazu, die Keule auch. Und natürlich gibt es sie nicht mehr. Wenn Ihnen auch ein solches Bild im Kopf erscheint, dann lassen Sie mich Ihnen sagen: Alles falsch. Jedenfalls was die Höhlenmenschen betrifft, die im Süden Chinas leben. Immer noch. Während gefährlicher Zeiten im vergangenen Jahrhundert, noch bevor die Kommunisten die Macht ergriffen, machten sie sich zu einem abgelegenen Berg auf, um herumziehenden Banditen zu entgehen – und versteckten sich nicht am, sondern im Berg. Dort blieben sie, lebten unbehelligt, aber in Armut, in einer gigantischen Höhle, die ganze Häuser beherbergt. Achtzehn Familien sind es noch, ein paar Touristen kommen inzwischen auch und bessern die Kasse auf. Den Behörden gefällt das nicht. Man schielt auf das Geld der Besucher, die Bewohner jedenfalls sollen raus – aber sie gehen nicht. Ein Höhlenmensch lässt sich nämlich die Butter nicht vom Brot nehmen. mehr

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Mein Favorit heißt Finken. Der Dinkel-Sonnenblumen-Laib ist aber auch köstlich. Und natürlich das Rundstück mit Walnüssen. Keine Frage: Deutsches Brot ist eine Delikatesse. Finde ich. Und finden offenbar auch viele Menschen in anderen Ländern, jedenfalls wird in vielen Ländern mit Broten nach deutschen Rezepten geworben. Die Unesco hat die deutsche Brotkultur sogar als Weltkulturerbe anerkannt. Doch, hat sie. Aber was macht deutsches Brot eigentlich so besonders und was ist das überhaupt: ein gutes Brot? Mein Kollege Henning Seelmeyer hat einen Mann gefragt, der es wissen muss: Bernd Kütscher ist nicht nur Bäckermeister, sondern auch Direktor der Akademie Deutsches Bäckerhandwerk. Wer dieses Interview gelesen hat, weiß, worauf er künftig beim Bäcker achten sollte. Damit auch wirklich Delikatesse drin ist, wo Delikatesse draufsteht. mehr

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WAS AMÜSIERT MICH?

Überhaupt nicht amüsiert mich, dass ich an dieser Stelle gestern offenbar einen fehlerhaften Link veröffentlicht habe. Wenn Sie also noch mal schauen möchten, wie Herr Toru aus vielen kleinen Strichen Kunstwerke erschafft, dann klicken Sie bitte hier. Ich hoffe, nun funktioniert es.

Und wenn Sie Herrn Toru zur Genüge bewundert und noch zehn Sekunden Zeit für Frau Dushime haben, dann schauen Sie bitte hier, wie eine charmante Antwort auf Herrn Lindners Bäckerfantasien aussieht. Das amüsiert mich in der Tat.

Ich wünsche Ihnen einen charmanten Tag.

Ihr Florian Harms
Chefredakteur t-online.de
E-Mail: harms.chefredaktion@t-online.de

Mit Material von dpa.

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