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Putins fünfte Kolonne trommelt zum Sturm auf Deutschland


Tagesanbruch
Putins fünfte Kolonne in Deutschland

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 26.08.2022Lesedauer: 5 Min.
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Demonstranten beim Besuch des Bundeskanzlers gestern in Magdeburg.Vergrößern des Bildes
Demonstranten beim Besuch des Bundeskanzlers gestern in Magdeburg. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa-bilder)

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"Quinta columna" nennen die Spanier gesellschaftliche Gruppen, die mit einer feindlichen Macht sympathisieren und diese durch subversive Aktionen unterstützen. Die deutsche Übersetzung lautet fünfte Kolonne und meint dasselbe. Im Kalten Krieg gab es linke Aktivisten und Publizisten, die sich als fünfte Kolonne des Kremls betätigten, indem sie die kommunistische Unterdrückungsmaschinerie schönredeten.

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Heute marschiert die fünfte Kolonne nicht nur links, sondern auch rechts. Und wird immer stärker. Weil viele Bürger von den geballten Krisen – Energiepreise, Inflation, drohende Rezession, Klima, Corona – verunsichert sind, wittern die Agitatoren Morgenluft und rüsten sich für den Generalangriff auf den Staat.

Bundeskanzler Olaf Scholz bekam kürzlich einen Vorgeschmack davon, als ihm in Neuruppin ein paar hundert Schreihälse "Volksverräter" und "Hau ab" entgegenblökten. Doch das war wohl erst der Anfang. Staatsverächter, Verfassungsfeinde und Ewigempörte rotten sich vielerorts in Deutschland zusammen, um Front gegen alles zu machen, was ihnen missfällt: die Politik der Ampelregierung, die Sanktionen gegen Russland, vermeintlich parteiische Journalisten und liberale Kulturschaffende. Angestachelt und immer häufiger orchestriert werden diese Leute von der Partei, die permanente Destruktion zu ihrem Programm erkoren hat: der AfD. Unser Rechercheur Lars Wienand beschreibt, wie AfD-Kader Pöbelproteste gegen den Kanzler organisieren. Parteichef Tino Chrupalla will den "Volkszorn" über hohe Gaspreise auf die Straße bringen und kündigt einen "heißen Herbst" an. Auch die rechten "Montagsdemonstrationen" versucht die AfD wiederzubeleben; Anfang Oktober plant sie eine Großkundgebung in Berlin unter der Parole "Nord Stream 2 statt Gasumlage". Putin könnte es nicht besser formulieren. Die fünfte Kolonne leistet ganze Arbeit.

Das besorgt die Sicherheitsbehörden. "Durch die Vielzahl der Krisen kann es jetzt zu einer multiplizierten Gefechtslage kommen", sagt der Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer im Gespräch mit meiner Kollegin Lisa Becke – und prophezeit: "Die Corona-Spaziergänge waren teilweise auch gewalttätig – doch im Vergleich dazu, worauf wir uns im Herbst einstellen müssen, waren das Kindergeburtstage. Russische Falschinformation und Propaganda machen zusätzlich Feuer unter dem Kessel. Das Ziel: Zweifel an der Legitimität und Funktionsfähigkeit des Staates zu säen."

Verstehen Sie mich bitte nicht falsch, liebe Leserin und lieber Leser, es liegt mir fern, Ihnen an diesem schönen Freitagmorgen Angst einjagen zu wollen. Aber besorgniserregende Entwicklungen sollte man nicht ignorieren. Die Zeiten sind hart, die Herausforderungen groß und die guten Nachrichten rar, alles richtig. Auch braucht man keine Lupe, um die handwerklichen Mängel in den Beschlüssen der Ampelkoalition zu finden. Darüber kann man sich ärgern und man kann es auch mit Nachdruck kritisieren.

Doch wer sich für einen Augenblick vorstellt, er stünde auf dem Mond und würde auf die Erde hinunterschauen, sähe sogleich, dass es uns in Deutschland immer noch ziemlich gut geht. Dass wir das Corona-Schlamassel trotz vielerlei Entbehrungen bisher vergleichsweise glimpflich überstanden haben. Dass der Staat immer noch genug Geld hat, um die Folgen der Energiekrise abzufedern. Und dass die Regierenden sich bemühen, die Energieversorgung erstens unabhängig vom russischen Regime und zweitens klimaverträglich zu organisieren. Dafür war Scholz' und Habecks Reise nach Kanada ein wichtiger Schritt.

Die Nummer mit dem Mond habe ich mir übrigens nicht selbst ausgedacht, die ist viel älter: Ein antiker griechischer Philosoph soll seine Schüler zu dem Gedankenexperiment animiert haben. Denn mit Abstand sieht man die Dinge meistens objektiver, als wenn man mittendrin steckt. Falls Sie also in den kommenden Wochen einem Schreihals aus Putins fünfter Kolonne begegnen, dürfen sie ihm gern eine Mondreise wünschen. Vielleicht bleibt er ja gleich dort.


Recht gegen rechts

In Berlin beginnt der Prozess gegen den Extremisten Nikolai Nerling. Der als "Volkslehrer" bekannte Videoblogger soll auf Youtube rechtsextreme Filme verbreitet haben, außerdem werden ihm Hausfriedensbruch, Beleidigung, Sachbeschädigung und Körperverletzung vorgeworfen.


Die nächste ARD-Affäre

Nach dem RBB-Debakel stehen ARD und ZDF unter Rechtfertigungsdruck: Viele Bürger bezweifeln, dass die Gebührenmilliarden von den Anstalten sorgsam und transparent investiert werden. Die jüngste Recherche des Portals "Business Insider" verstärkt nun einen weiteren Verdacht gegen die Öffentlich-Rechtlichen: In Schleswig-Holstein sollen Führungskräfte des NDR mit Politikern gekungelt und Journalisten an kritischer Berichterstattung gehindert haben. Der Fall schlägt hohe Wellen, vertieft die Krise der ARD und macht eine Generalreform des Systems nur noch dringender. Meine Kollegen Liesa Wölm und Philip Buchen geben Ihnen den Überblick.


Günstig gondeln

38 Millionen verkauften Fahrscheine: "Eine der besten Ideen, die wir hatten" nennt Olaf Scholz das 9-Euro-Ticket. Leider läuft es kommende Woche aus. Finanzminister Christian Lindner sieht im Bundeshaushalt keinen Spielraum für eine Fortsetzung; für eine nahtlose Nachfolgeregelung ist es ohnehin zu spät. Wie also soll es weitergehen?

Heute beraten die Verkehrsminister der Länder über die Zukunft des ÖPNV. Grüne Ressortchefs aus dem Westen, wie Hessens Tarek Al-Wazir und Oliver Krischer aus NRW, plädieren für ein möglichst rasches Dauerbilligticket. Ihre Kollegen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, Martin Dulig (SPD), Lydia Hüskens (FDP) und Susanna Karawanskij (Linke), verlangen vor allem ein besseres ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum. Einig sind sich die Landesminister eigentlich nur in einem Punkt: Zahlen soll vor allem der Bund.


Willkürjustiz

Sie ist Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und gilt als Stimme Afrikas in der Gegenwartsliteratur: Die Schriftstellerin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga genießt weltweit Respekt. Weniger jedoch in ihrer Heimat Simbabwe. Weil sie dort an einer regierungskritischen Demonstration teilgenommen hat, muss sich die Autorin seit zwei Jahren in einem zermürbenden Prozess verantworten – Aufruf zur Gewalt, Friedensbruch und Bigotterie lauten die absurden Anklagepunkte. Heute wird in Harare das Urteil erwartet. Im Fall eines Schuldspruchs drohen der 63-Jährigen mehrere Jahre Haft.

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Was lesen?

Nicht nur Tiere, auch Bauern sollen künftig besser Leben. Wie das funktioniert, erklärt Landwirtschaftsminister Cem Özdemir im Interview mit unseren Reportern Fabian Reinbold und Johannes Bebermeier.


Der Enthüllungsbericht eines Hackers wühlt die USA auf: Unser USA-Korrespondent Bastian Brauns berichtet über einen brisanten Fall.


Die Auslosung der Champions-League-Gruppen hat zwei Knaller ergeben: Die Bayern treffen auf ihre ehemalige Torkanone Robert Lewandowski und dessen neuen Klub FC Barcelona, Dortmund bekommt es mit seinem Ex-Star Erling Haaland und dessen neuem Verein Mancester City zu tun. Unser Kolumnist Stefan Effenberg analysiert diese und alle weiteren Paarungen – und sieht besonders für ein Team Schwierigkeiten.


Deutschland wollte sich von seiner besten Seite zeigen – stattdessen endeten die Olympischen Spiele 1972 in München in einer Tragödie. Unser Zeitgeschichteredakteur Marc von Lüpke beschreibt die Hintergründe der brutalen Tat.


Das Omikron-Vakzin von Biontech kommt bald auf den Markt, Moderna hat bereits eines: Welchen Schutz die neuen Corona-Impfstoffe bieten, erklärt Ihnen meine Kollegin Sandra Simonsen.


Was amüsiert mich?

Oh, nächste Woche ist schon der 1. September, der Tankrabatt läuft aus!

Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen. Ich wünsche Ihnen einen entspannten Tag.

Herzliche Grüße,

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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