Fast alle Täter männlich Studie: Mehr als ein Viertel aller jungen Frauen erlebt Missbrauch

Erfahrungen mit sexuellem Missbrauch sind weitverbreitet, wie eine Studie zeigt. Die Opfer sind oft junge Menschen und die Täter häufig männliche Verwandte.
In Deutschland hat nach einer repräsentativen Umfrage etwa jeder achte Mensch mindestens einmal im Kindes- und Jugendalter sexualisierte Gewalt erfahren. Besonders betroffen wären Frauen, von ihnen machte etwa jede Fünfte Missbrauchserfahrungen, wie die am Montag veröffentlichte Studie von Infratest dimap ergab. Die Täter sind demnach fast ausschließlich Männer.
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Den Ergebnissen zufolge machten 20,6 Prozent der Frauen und 4,8 Prozent der Männer in Kindheit und Jugend Missbrauchserfahrungen. Von den befragten jungen Frauen der Altersgruppe von 18 bis 29 Jahren machten sogar 27,4 Prozent – also mehr als jede Vierte – Missbrauchserfahrungen.
Weniger als fünf Prozent der Täter sind Frauen
Der Koordinator der Studie, Harald Dreßing, erklärte, die Ergebnisse wiesen "auf ein erhebliches Dunkelfeld hin, das im Vergleich zu früheren Untersuchungen nicht abgenommen hat, obwohl das Bewusstsein um die Problematik gewachsen ist und Präventionsmaßnahmen in Deutschland ausgeweitet wurden". Fast durchgehend gaben die Betroffenen Männer als Täter an – nur 4,5 Prozent der Befragten erlebten sexualisierte Gewalt durch eine Frau.
Die Täter stammten den Angaben zufolge am häufigsten aus dem Bereich der Familie und dem Verwandtenkreis. Männer erfuhren demnach deutlich häufiger sexualisierte Gewalt in Sport- und Freizeiteinrichtungen, im kirchlichen Kontext sowie im Rahmen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe. Als Rückschluss aus diesen Ergebnissen erklärte das Forschungsteam, dass differenzierte Schutzkonzepte notwendig seien.
Opfer berichten von Scham – und schweigen
In fast einem Drittel der Fälle spielten digitale Kanäle wie Social Media oder Messengerdienste eine wichtige Rolle. Hier sei es zur ungewollten Zusendung von Pornos oder zur Aufforderung zu sexuellen Handlungen gekommen. Mit 37,4 Prozent ein gutes Drittel der Betroffenen hatte bisher noch nicht über die Erlebnisse gesprochen – meist gaben die Befragten Angst und Scham als Grund an.
Die repräsentative Befragung wurde vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit initiiert und lief im Rahmen des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit zusammen mit der Kinder-und Jugendpsychiatrischen Klinik in Ulm und dem Kriminologischen Institut Heidelberg. Den Angaben zufolge handelt es sich um die erste bundesweite repräsentative Studie, die nicht nur die Häufigkeit sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche untersucht, sondern auch die Kontexte der Taten und deren Folgen beleuchtet.
An der Befragung nahmen gut 3000 Menschen im Alter von 18 bis 59 Jahren teil. Den Angaben zufolge sind die Ergebnisse repräsentativ.
- Nachrichtenagentur AFP