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Bäcker in der Kritik wegen stereotyper Deko auf Faschingsgebäck


"Reproduktion kolonialistischer Vorstellungen"
Bäcker in der Kritik wegen stereotypem Faschingsgebäck

Von dpa, t-online
16.02.2023Lesedauer: 3 Min.
Der Heilbronner Bäcker Ralf Herrmann steckt eine Dekorationsfigur in einen Faschingskrapfen. Die Antidiskriminierungsstelle kritisiert die Pappstecker teils als stigmatisierend kritisiert.Vergrößern des BildesEin Heilbronner Bäcker steckt eine Dekorationsfigur in einen Faschingskrapfen: Die Antidiskriminierungsstelle kritisiert die Pappstecker teils als stigmatisierend. (Quelle: Uwe Anspach/dpa)
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Die Heilbronner Antidiskriminierungsstelle kritisiert einen Bäcker wegen Deko auf Gebäckstücken. Darauf erfährt der Mann Zuspruch – und die Stelle einen Shitstorm.

Ein Heilbronner Bäcker hat seine Faschingskrapfen unter anderem mit der Pappfigur einer schwarzen Frau, die einen Bastrock und eine Knochenkette trägt, dekoriert. Eine Kundin der Bäckerei beschwerte sich bei der lokalen Antidiskriminierungsstelle über die Gestaltung des Gebäcks. Die Antidiskriminierungsstelle legte dem Bäcker daraufhin schriftlich nahe, "das Dekorationsmaterial diskriminierungssensibel abzuändern".

Der Bäcker will die figürlichen Stecker aber weiter verwenden. "Ich werde nicht darauf verzichten, weil die Deko nicht rassistisch ist", betont Ralf Herrmann am Donnerstag. Er habe bereits 100 E-Mails aus ganz Deutschland erhalten, die ihn ermunterten, nicht von seinem Kurs abzurücken.

Die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) fordert hingegen ein sofortiges Ende der umstrittenen Dekoration: "Spätestens dann, wenn sich Menschen durch so eine Darstellung herabgewürdigt fühlen, muss sie verschwinden", sagt Verbandssprecher Tahir Della. Bei ihm laufe das Telefon heiß, weil Menschen sich durch das Karnevalsgebäck erniedrigt fühlten. Die Faschingszeit biete generell Platz für Stereotypen. Er höre immer wieder den Satz: "Ich bin doch keine Verkleidung."

Shitstorm gegen Antidiskriminierungsstelle

Ein Dorn im Auge ist der Heilbronner Antidiskriminierungsstelle vor allem die Darstellung der halbnackten schwarzen Frau mit Bastrock und Knochenkette. Damit würden schwarze Menschen in Zusammenhang mit einer wilden, unzivilisierten Lebensweise und Kannibalismus gebracht, erläutert Geschäftsführerin Mirjam Sperrfechter. Es handele sich um eine Reproduktion kolonialistischer Vorstellungen. "Die Bilder, die dabei entstehen, haben jedoch nichts mit der realen Lebenswelt von Schwarzen und indigenen Menschen zu tun."

Infolge der Veröffentlichung des Briefes an den Bäcker kam es zu einem Shitstorm gegen die Antidiskriminierungsstelle. Sperrfechter zeigt sich von der Schärfe der Kommentare erschrocken: "Weder ich persönlich noch die Antidiskriminierungsstelle haben jemals einen Shitstorm oder überhaupt Mails und Anrufe erhalten, die auch nur annähernd in die Richtung kommen, wie wir das momentan erleben." Gegen Beleidigungen mit strafrechtlicher Relevanz werde man rechtlich vorgehen.

Bäckermeister Herrmann betone, er sei nur in diesem einen Punkt mit der Antidiskriminierungsstelle uneins, ansonsten sei das eine notwendige Einrichtung. Er distanzierte sich von Beleidigungen der Institution und der Forderung der AfD, sie ganz aufzulösen. Geschäftsführerin Sperrfechter warnte vor einer Aneignung des Themas durch rechte Gruppen, die damit Hass und Hetze schürten, gleichzeitig aber auch zeigten, dass eine solche Stelle nicht überflüssig sei.

"Harmloser Schmuck"

Bäckermeister Herrmann verweist darauf, dass er bereits im vergangenen Jahr den aus seiner Sicht harmlosen Schmuck ohne jedwede Beschwerde benutzt habe. Insgesamt habe er 14 Arten von Pappfiguren vom Chinesen bis zum Seeräuber im Sortiment. Ihm stelle sich die Frage, wo Grenzen gezogen werden: "Juckt es wirklich in den USA irgendjemanden, wenn sich hier Kinder als Indianer oder Cowboy verkleiden?" Wenn das nicht mehr möglich sei – "dann kann man Fasching ja ganz abschaffen".

Das ist nach Ansicht von ISD-Sprecher Tahir Della gar nicht nötig. Traditionen existierten nicht um ihrer selbst willen. Es müsse ständig überprüft werden, ob sie noch in die Zeit passten und niemanden beleidigten. "Dazu muss man ja nicht die ganzen Umzüge über den Haufen schmeißen."

Für die ISD ist die Diskussion um kulturelle Aneignungen durch Nicht-Schwarze nicht neu. Dulde man Rassismus im Kleinen, sinke die Hemmschwelle, schwarze Menschen zu beleidigen. "Der Bäckermeister wird seine Ware genauso gut verkaufen, wenn er auf abschätzende Motive verzichtet", meint Della.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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