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Luise aus Freudenberg: Wer schützt die mutmaßlichen Täterinnen vor Hass?


Nach Mord an Zwölfjähriger
Hass auf TikTok: Wer schützt die mutmaßlichen Täterinnen?

Von Nilofar Eschborn

Aktualisiert am 17.03.2023Lesedauer: 3 Min.
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Polizisten am Tatort: Hier wurde die Leiche des Mädchens gefunden. (Quelle: dpa)

Unter diesem Clip sammelt sich Hass im Sekundentakt: Eine der Mörderinnen der zwölfjährigen Luise soll ihn gepostet haben. Jetzt wird das Mädchen geschützt.

"Mörderin", "Psycho", "wie konntest du nur": Anfeindungen wie diese und weitergehende Rachedrohungen häufen sich derzeit unter einem Clip, den eine der beiden mutmaßlichen Mörderinnen der zwölfjährigen Luise aus Freudenberg am Sonntag auf der Videoplattform TikTok veröffentlicht haben soll.

Die Zwölfjährige war seit Samstag vermisst und am Sonntag tot in der Nähe eines Radweges in Rheinland-Pfalz nahe der Landesgrenze zu Nordrhein-Westfalen gefunden worden. Anschließend gestanden zwei Mädchen im Alter von zwölf und 13 Jahren, das Mädchen getötet zu haben. Das gaben Ermittler am Dienstag bekannt. Hier lesen Sie mehr zum aktuellen Stand der Ermittlungen.

Hasskommentare im Sekundentakt

Unter dem nun aufgetauchten Video häuften sich in den vergangenen Stunden Hasskommentare – und das im Sekundentakt. Ob es sich bei dem Profil tatsächlich um das von einem der geständigen Mädchen handelt, ist offiziell nicht bestätigt. Um die Hassrede nicht zu befeuern, veröffentlicht t-online an dieser Stelle weder Screenshots des Profils noch Hinweise auf den Profilnamen.

Hunderte Nutzerinnen und Nutzer scheinen allerdings fest davon auszugehen, eine der Schuldigen gefunden zu haben. "Wie krank, dass man so unfassbar normal wirken kann, aber dazu fähig ist", kommentiert eine Nutzerin. Andere äußern sich skeptischer: "Woher wollt ihr wissen, dass sie es war?"

Offenbar wurden einige Kommentare auch bereits gelöscht: Beobachtungen von t-online zeigen, dass die Zahl der Kommentare deutlich schwankt. Waren es am Mittwoch um 10.15 Uhr noch mehr als 900 Kommentare, sind es rund zehn Minuten später nur noch 847 Kommentare. Doch der Strom an Hassbeiträgen reißt nicht ab: Rund drei Stunden später, um 13.23 Uhr, waren es mehr als 1.000 Kommentare.

Polizeisprecher: Mädchen sind vor Hatespeech geschützt

Wie werden die mutmaßlichen Täterinnen jetzt vor einer psychischen Belastung wie dieser, die sich im virtuellen Raum abspielt, geschützt? Im Gespräch mit t-online erklärt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Hagen: "Wir haben von den Anfeindungen gegen die Mädchen in sozialen Medien mitbekommen und sie im Auge." Ohne zu bestätigen, dass es sich um das beschriebene Profil handelte, sagte er weiter: "Die Kinder befinden sich derzeit in einem geschützten Raum, der auch den Schutz vor derartigen Reaktionen in sozialen Medien umfasst."

Darauf angesprochen, dass die Anzahl der Kommentare derzeit deutlich schwankt, erklärt der Sprecher, man treffe entsprechende Maßnahmen, gegen die Hasskommentare vorzugehen, dennoch habe man die Einschränkung der Kommentare nicht vollständig in der Hand. Man habe Kontakt mit TikTok aufgenommen, aber eine schnelle Umsetzung scheitere daran, dass das Unternehmen im Ausland sitze.

Kinderpsychiaterin: Auf keinen Fall Kommentare lesen

Auch die Kinderpsychiaterin Yonca Izat empfiehlt in Bezug auf Social Media, dass die Betroffenen auf keinen Fall Hasskommentare lesen sollen. "Es ist eine nachvollziehbare Reaktion der Umwelt, die da eine klare Grenzsetzung macht und sagt: Das ist inakzeptabel. Aber es ist fragwürdig, wenn man jetzt mit einer ähnlichen Aggression auf die beiden Mädchen reagiert", so Izat.

Den gesellschaftlichen Wunsch nach Rache, indem Menschen verbal aggressiv den Kindern gegenüber werden, halte sie für bedenklich. "Davor müssen die Mädchen geschützt werden." Hier lesen Sie das Interview mit der Kinderpsychiaterin in voller Länge.

Betroffene leben vorerst nicht mehr bei ihren Familien

Wie der zuständige Kreis Siegen-Wittgenstein inzwischen mitteilte, leben die beiden tatverdächtigen Mädchen nicht mehr bei ihren Eltern. Sie seien "außerhalb des häuslichen Umfeldes untergebracht", berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

Kontakt zu ihren Eltern hätten die Mädchen aber weiter. "Der Kontakt zur Familie ist aufgrund des jungen Alters der Mädchen für die Entwicklung einer gelingenden Unterstützung sehr bedeutsam und wird insofern unterstützt", teilte der Kreis mit. Auch für die beiden Tatverdächtigen handle es sich um eine "ganz außergewöhnliche Situation, die viel Empathie und umsichtiges Agieren erfordert", sagte Kreis-Jugenddezernent Thomas Wüst zu dpa. Ob die Mädchen nun mit einer Anklage vor Gericht rechnen müssen, lesen Sie hier.

Auch mit der Familie der getöteten Zwölfjährigen steht der Kreis in Kontakt. "Sobald die Familie von Luise dies wünscht, steht das Kreisjugendamt der Familie jederzeit zur Unterstützung zur Verfügung", teilte die Verwaltung mit.

Verwendete Quellen
  • Tiktok-Profil einer der mutmaßlichen Täterinnen
  • Telefonat mit einem Sprecher des Polizeipräsidiums Hagen am 15. März 2023
  • Auszug aus dem t-online-Interview mit der Kinderpsychiaterin Yonca Izat
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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