Papst bei Missbrauchsgipfel "Das Volk Gottes schaut auf uns"

Heute beginnt der Missbrauchsgipfel im Vatikan, der Papst eröffnete die Tagung mit mahnenden Worten. Opferverbände erwarten konkrete Ergebnisse, doch sie könnten enttäuscht werden.
Der Papst beginnt das historische Missbrauchstreffen mit einer deutlichen Warnung. Die Zeit der "vorhersehbaren Verurteilungen" sei vorbei. Nun muss sich die katholische Kirche bewegen. Aber mit ihr auch die gesamte Gesellschaft.
Papst Franziskus hat von den Spitzen der katholischen Kirche zu Beginn des Antimissbrauchsgipfels "konkrete und wirksame Maßnahmen" gefordert. "Das Volk Gottes schaut auf uns und erwartet von uns keine einfachen und vorhersehbaren Verurteilungen", sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche am Donnerstag in der Synodenaula des Vatikans. "Hören wir den Schrei der Kleinen, die Gerechtigkeit verlangen." Der Papst erinnerte die Chefs der Bischofskonferenzen der Welt an ihre Verantwortung und verlangte "Mut und Konkretheit", um das "Übel" des sexuellen Missbrauchs zu bekämpfen.
Erwartungen an den Vatikan sind hoch
An dem historischen Treffen nehmen bis Sonntag neben den etwa 110 Chefs der nationalen Bischofskonferenzen auch Vertreter der römischen Kurie und von Orden teil. "Die Jungfrau Maria möge uns erleuchten, um diese schweren Wunden zu heilen, die der Skandal der Pädophilie sowohl den Kleinen als auch den Gläubigen zugefügt hat", sagte der Papst.
Die Erwartungen sind hoch, dass Franziskus endlich einen Weg aus der Krise findet. Der deutsche Kardinal Reinhard Marx erhofft sich von dem Treffen Impulse nicht nur für die Kirche, sondern für die gesamte Gesellschaft. "Ein Ziel muss sein, dass alle Bischöfe begreifen, das ist eine Herausforderung, der wir uns alle stellen müssen. Überall, in der Kirche und in der Gesellschaft natürlich auch", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in Rom. Das "furchtbare Übel des sexuellen Missbrauchs" müsse überwunden werden.
Opferverbände verlangen, dass der Papst seine immer wieder angekündigte Null-Toleranz-Politik jetzt wirklich durchsetzt. Gefordert wird eine Änderung des Kirchenrechts dahingehend, dass pädophile Geistliche nicht mehr als Priester arbeiten dürfen. Kritische Theologen sprechen sich darüber hinaus für eine Gewaltenteilung und stärkere Zusammenarbeit mit staatlichen Ermittlern aus.
Opfer kritisieren, nicht teilnehmen zu dürfen
Die Zeit der "salbungsvollen Worte" sei vorbei, sagte Matthias Katsch vom deutschen Opferschutzverband Eckiger Tisch. Er war verärgert, dass der Papst bei einem Vorabtreffen zwischen Opfern und dem Vorbereitungskomitee am Mittwoch nicht dabei war. "Das Treffen selbst war enttäuschend, weil die Organisatoren eigentlich nicht recht sagen konnten, was der Zweck war." Auch andere Opfer kritisierten, von der Konferenz ausgeschlossen zu werden.
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Der erste Tag des Gipfels begann mit einem Gebet. In Arbeitsgruppen sollen bis Sonntag die drei Themen Verantwortung, Rechenschaftspflicht und Transparenz besprochen werden. Die Konferenz endet mit einer Messe und einer Abschlussrede des Papstes in der prächtigen Sala Regia im Vatikan. Bindende Beschlüsse können die etwa 190 Teilnehmer auf der Konferenz nicht fassen. Auch eine Abschlusserklärung steht nicht auf der Agenda.
- Nachrichtenagenturen AFP, dpa