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Wetter: Warmer Wind in den Alpen – wenn der Föhn nicht nur Haare trocknet


Warmer Wind in den Alpen
Wenn der Föhn zum Orkan wird

MeinungEine Kolumne von Michaela Koschak

Aktualisiert am 23.11.2019Lesedauer: 4 Min.
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Föhnwolken über dem Mont Blanc in Frankreich: Die Luft in den Alpen wird am Wochenende wärmer – und stürmischer. (Symbolbild)Vergrößern des Bildes
Föhnwolken über dem Mont Blanc in Frankreich: Die Luft in den Alpen wird am Wochenende wärmer – und stürmischer. (Symbolbild) (Quelle: imago-images-bilder)

Haben Sie schon einmal etwas von einem Wetter-Föhn gehört? Der entsteht am Wochenende in den Alpen. Unsere Kolumnistin Michaela Koschak erklärt, was der meteorologische Effekt mit einem Haartrockner gemeinsam hat.

Einen Föhn kennt jeder und hat ihn wahrscheinlich auch regelmäßig in Gebrauch. Die meisten nehmen ihn zum Haaretrocknen, junge Mütter versuchen damit manchmal nach so einigen schlaflosen Nächten, ihre frischgeborenen Babys zu beruhigen. Mal klappt das ganz gut, mal ist es die verzweifelte letzte Hoffnung – bei meiner Tochter war es einige Wochen lang die Wunderwaffe. Aber auch beim Wetter gibt es den Föhn und der kann ebenfalls eine Wunderwaffe sein, wenn man im Herbst noch mal Frühlingsgefühle haben möchte.

Dennoch kann der meteorologische Föhn auch gefährlich werden, denn es ist ein lokaler Wind, der zum Teil Orkanstärke erreicht. Der Föhn entsteht, wenn feuchte Luft vor einem Gebirge aufsteigt. Dabei kühlt sich die Luft zunächst um 1 Grad pro hundert Meter ab, das nennt man trockenadiabatisch in der Fachsprache. Kalte Luft kann weniger Feuchtigkeit aufnehmen als warme Luft, deshalb bilden sich irgendwann auf der Luvseite des Gebirges Wolken.

Entstehung von Stauniederschlägen

Wenn die schwer genug sind, regnen sie sich ab. Da diese Wolken gegen die Berge gedrückt werden und nicht weichen können, regnet oder schneit es dabei manchmal langanhaltend und ergiebig, sogenannte Stauniederschläge entstehen. Ab einer bestimmten Höhe kühlt sich die Luft dann nur noch um 0,5 Grad pro hundert Meter ab – das nennt man dann feuchtadiabatisch im Fachjargon.

Wie ein Föhn zum Haaretrocknen besteht auch der Wetter-Föhn aus einigen Teilen, allerdings nicht aus Motor, Tülle, Kabel und Gehäuse. Beim Föhn in der Meteorologie gibt es zum Beispiel die Föhnmauer: Das ist genau die Grenzregion oben auf den Bergen, wo sich die Wolken wieder auflösen und es erneut schönes Wetter gibt, der Himmel nämlich aufklart.

Warmer und stürmischer Wind

In dieser Luft bilden sich meine Lieblingswolken, die sogenannten Föhnfische, unter den Meteorologen heißen sie Altocumulus-lenticularis-Wolken. Auf der Leeseite des Gebirges sinkt die Luft dann wieder ab, zunächst feuchtadiabatisch – das kennen Sie ja schon, das bedeutet um 0,5 Grad pro hundert Meter und später dann trockenadiabatisch, also um 1 Grad pro hundert Meter.

Die Luft erwärmt sich, je tiefer sie kommt, und kann dadurch wieder mehr Feuchtigkeit aufnehmen – das bedeutet, Wolken lösen sich auf. Es entsteht ein sehr warmer, trockener Wind. Eigentlich heißt nur dieser abwärts gerichtete, teils extrem warme, manchmal stürmische Wind auf der Leeseite des Gebirges Föhn.

Föhn lässt Schnee schmelzen

Vor allem im Winterhalbjahr können da erstaunliche Temperaturen erreicht werden. Wer an den Alpen wohnt, kennt das – manchmal sind bis zu 20 Grad am Alpenrand dabei möglich. Wer im Tal wohnt, genießt es, wenn er nicht mit Kopfschmerzen – wie so einige Menschen – auf die Föhnwetterlage reagiert.

Aber vor allem für Skifahrer ist der Föhn ziemlich nervig. Zum einen können Temperaturen von 15 bis 18 Grad auf Talabfahrten, die auf der Leeseite der Berge liegen, erreicht werden und den Schnee schmelzen lassen. Und zum anderen kann es manchmal extrem windig, stürmisch werden. Im äußersten Fall tritt Orkanföhn auf, wie zum Beispiel am diesem Samstag in den Schweizer Alpen. Schon in der Nacht zu Samstag sind hier Windspitzen von bis zu 120 Kilometern pro Stunde aufgetreten.

Starke Sturmböen in den Walliser Alpen

Am Samstag tobt der Föhnorkan in den Walliser Alpen über die Berner Alpen bis nach Vorarlberg vereinzelt in den exponierten Gipfellagen mit bis zu 190 Stundenkilometern – der Höhepunkt wird erreicht. In den klassischen Föhntälern sind Sturmböen bis 100 Kilometer pro Stunde möglich. Selbst im Rheintal und am Bodensee können 40 bis 70 Stundenkilometer in Spitzen erreicht werden. Im Laufe des Samstagabends lässt der Föhn allmählich nach und klingt am Sonntagvormittag ab.

Wie auch an diesem Wochenende entsteht der Föhn an den Alpen meist von Süden her. Diesmal drückt der Wind vor allem Richtung Piemont die Wolkentürme gegen die Berge und lässt hier große Massen an Schnee herunter. Vereinzelt sind bis in die Nacht zu Montag ein bis drei Meter Neuschnee möglich. Lawinen werden auch hier ein Thema sein, so wie vergangenes Wochenende etwas weiter östlich auf der Südseite der Alpen.

Der Föhn als Teekesselchen

Die Föhnwetterlage kann theoretisch an allen Gebirgen auftreten. Wir kennen sie hauptsächlich von den Alpen, aber auch am Harz, Erzgebirge und an der Eifel kommt es immer wieder zu Föhneffekten und außergewöhnlich hohen Temperaturen am Leerand des Gebirges.


Also, kleine Unterschiede gibt es zwischen dem Föhn für die Haare und dem Föhn des Wetters – aber das würde jetzt meine Tochter sagen: "Mama, ein Teekesselchen ist es trotzdem!"

Michaela Koschak ist Wetter- und Klimaexpertin und kennt sich mit der Atmosphäre bestens aus. Wenn Sie manchmal unsicher sind, was es mit der Klimakrise und dem Wetter auf sich hat, lesen Sie die Kolumne unserer Diplom-Meteorologin. Je mehr Sie zum Thema wissen, desto weniger verfallen Sie in Panik und desto bewusster und schonender gehen Sie mit der Umwelt um.

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