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Erzbistum Köln: Streit um Werbekampagne mit NDW-Star


Streit um Kampagne für Erzbistum Köln
Ein NDW-Star wollte die Kirche retten – und fühlt sich geprellt

  • Jonas Mueller-Töwe
Von Jonas Mueller-Töwe

14.07.2021Lesedauer: 3 Min.
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Clemens Maria Haas im Jahr 2004 und Erzbischof Rainer Maria Woelki (Montage): Haas sieht sich geprellt, Woelkis Erzbistum sieht keinen Vergütungsanspruch.Vergrößern des Bildes
Clemens Maria Haas im Jahr 2004 und Erzbischof Rainer Maria Woelki (Montage): Haas sieht sich geprellt, Woelkis Erzbistum sieht keinen Vergütungsanspruch. (Quelle: HR Schulz/P. Back/Future Image/imago-images-bilder)

Die Missbrauchsaffäre sorgt in Köln für viele Kirchenaustritte. Ein Musiker wollte mit einer Kampagne helfen – verwirklicht wurde sie nie. Nun sieht er sich um Vorleistungen gebracht.

Wäre es nach Clemens Maria Haas gegangen, dann würden Plakate und Fernsehspots für das Christentum in Deutschland werben. Von Litfaßsäulen und per Handy-App würde der Slogan "Christ – Meine Freiheit" ausgegeben, kurze Video-Spots wären bei Facebook mit Sturmgeräuschen und monumentaler Filmmusik untermalt. Bezahlt hätte die großangelegte Kampagne das Erzbistum Köln. Um Kirchenaustritte zu verhindern.

Dass es nicht dazu kam, ist offensichtlich. Warum es nicht dazu kam, ist nicht bekannt. Lediglich, dass das Erzbistum schlussendlich kein Interesse an der Idee hatte. Trotzdem gibt es einen Streit um die Rechnung. Den macht nun Haas öffentlich, der sich vom Erzbistum geprellt sieht. Denn während er sich beauftragt fühlte, eine Imagekampagne für die Katholische Kirche zu konzeptionieren, sah das Erzbistum das ganz anders.

"Die ganze Geschichte zeigt ein großes Maß an Überheblichkeit, Unmenschlichkeit und Arroganz", sagte Haas t-online. Er habe 2015 einen hohen Betrag an Vorleistungen für die Kampagne erbracht, die nie das Licht der Welt erblickte. Seiner Firma sei ein "gigantischer Schaden" entstanden. "Das zeigt, dass im Bistum, in der Schaltzentrale eines der reichsten Bistümer der Welt, eine unchristliche Kälte herrscht."

Das Erzbistum hingegen gibt auf Anfrage von t-online an, bei Exposés handele "es sich üblicherweise um eine (unentgeltliche) Vorleistung zur Erlangung eines Auftrags". Aus dem dokumentierten Schriftverkehr ergebe sich kein Hinweis auf einen Vertragsabschluss. "Die Zahlung eines Honorars wurde nie besprochen oder vereinbart." Man habe Haas darauf hingewiesen, dass er den Rechtsweg beschreiten könne. Das hat er bis heute nicht getan.

Von "Katharine, Katharine" zur Kirche

Der Musiker Haas ist der Öffentlichkeit eher weniger als PR-Stratege bekannt. Vielmehr erinnern sich ältere Semester noch an seine Band "Steinwolke", die mit ihrem Song "Katharine, Katharine" in den frühen Achtzigerjahren einen Hit landete. Jüngere könnten ihn als Italien-Auswanderer bei der TV-Show "Goodbye Deutschland" auf Vox gesehen haben.

2015 jedoch erhielt der Verein "Neues Potsdamer Toleranzedikt" den "Politikaward" für eine von Haas und seinem Werbebüro SanVentura konzipierte Kampagne gegen "Hass-Propaganda" im Internet. Ein Erfolg, an den der Unternehmer noch kurz darauf anknüpfen wollte. Er suchte Kontakt zum Erzbistum Köln.

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"Ich wollte dem Kardinal wirklich helfen, da ich als sehr aktiver und gläubiger Christ mit Überzeugung handele", sagte Haas t-online. Nichtsdestotrotz sei er davon ausgegangen, dass seine Arbeit auch bezahlt werde. Schließlich habe das Erzbistum ihm nach "regem Kontakt" mit mehreren Mitarbeitern und persönlichem Austausch mit Kardinal Rainer Maria Woelki, wie Haas schildert, schriftlich und mündlich den Auftrag erteilt, ein Konzept zu erstellen. Eine E-Mail dazu liegt t-online vor, eine etwaige Vergütungsvereinbarung enthält sie nicht.

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Haas machte sich aber an die Arbeit. Das Konzept, das t-online ebenfalls vorliegt, sah großflächige Werbebotschaften in drei Phasen vor. Angesprochen werden sollten "kirchenferne Menschen, darunter Style- und Trendsetter, und nach dem neuesten spirituellen Kick suchende Großstädter". Ziele waren demnach "ein neues Image für das Christentum, so ausgefeilt und fest wie das einer modernen Marke", die "Gewinnung neuer Mitglieder" und die "Verhinderung von Kirchenaustritten".

Um das zu erreichen, stellte sich Haas in Phase eins Plakate vor, "ganz wie die Ankündigung eines neuen Hollywood-Blockbusters". In den Werbefilmen der Phase zwei sollten "fast mystisch anmutende Kathedralen in einer Hollywood-Optik vorgestellt" werden. Man bediene sich ganz bewusst "der optischen und musikalischen Dramaturgie monumentaler Spielfilme". Phase drei sollte dem Konzept zufolge dann unter anderem "Online-Games", Festival-Events und "Kirchen-Tour-Trucks" enthalten.

Auf Gegenliebe stieß die Idee offenbar nicht. "Nach einer Sichtung und Bewertung teilte das Erzbistum Köln Herrn Haas am 20. April 2015 mit, dass kein Interesse an der im Exposé vorgestellten Kampagnenidee besteht", sagte ein Sprecher des Erzbistums auf Anfrage von t-online. Haas gibt das ungefähr so wieder: "Melden Sie sich nie wieder und wegen dem Geld: Klagen Sie doch vor Gericht."

Im ersten Quartal 2021 waren Angaben des Amtsgerichts Köln zufolge 3.300 Menschen im katholisch geprägten Köln aus der Kirche ausgetreten, wo das Erzbistum seit Langem durch eine Vertrauenskrise erschüttert wird. Das entspricht einem Zuwachs von rund 30 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum im bisherigen Rekordjahr 2019. Für die Monate Juni und Juli wurden jeweils 1.800 Termine zum Kirchenaustritt angeboten, die schnell ausgebucht waren. Nach Konfessionen schlüsselt das Amtsgericht die Austritte nicht auf.

Verwendete Quellen
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
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