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Klimafolgen von Vulkan-Eruption: Es könnte kalt werden


Klimafolgen von Vulkan-Eruption
Es könnte kalt werden

spiegel-online, Axel Bojanowski

Aktualisiert am 10.10.2014Lesedauer: 3 Min.
Der isländische Vulkan Bárdarbunga spuckt seit August Lava. Der Ausbruch erreicht historische Dimensionen:Vergrößern des BildesDer isländische Vulkan Bárdarbunga spuckt seit August Lava aus. (Quelle: ap-bilder)
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Der isländische Vulkan Bardarbunga spuckt seit August Lava. Der Ausbruch erreicht historische Dimensionen: Nur selten gelangte so viel Schwefelgas in die Luft - es könnte sogar das Klima abkühlen.

Es wird unheimlich. Seit Ende August brodelt am isländischen Vulkan Bardarbunga Lava aus einer kilometerlangen Spalte. Zunächst beobachteten Experten die etwa 50 Meter hohen Glutfontänen mit Erleichterung, denn der Berg baut Druck ab - eine große Eruption könnte vermieden werden, so lautete die Hoffnung.

Inzwischen aber bereiten die Schwefelgase, die der Ausbruch in riesigen unsichtbaren Wolken übers Land schickt, immer größere Sorge. In der Luft wandeln sie sich mit Wasser zu Säure, die bereits Spuren hinterlässt, wie Fotos von landwirtschaftlichen Geräten mit zerfressenem Lack nahelegen.

Auch Menschen sind bedroht: Bewohner in Windrichtung müssen ihre Häuser geschlossen halten, um ihre Atemwege zu schützen. Nie zuvor seit Beginn der Messungen in den Siebzigerjahren wurden in Island solch hohe Werte von Schwefeldioxid (SO2) in der Luft gemessen.

Erinnerung an Katastrophen

Allmählich rückt ein weiteres Problem in den Blickpunkt: das Klima. Die ausgestoßene Gasmenge erreiche bereits historische Dimensionen, berichtet die Umweltbehörde des Landes, die Icelandic Environmental Agency. Täglich schössen bis zu 60.000 Tonnen SO2 aus den Lavaspalten.

Rund zwei Millionen Tonnen SO2 hat der Bardarbunga demnach bereits ausgestoßen. Nur die größten Eruptionen übertreffen diese Menge. Und der Vulkan scheint sich nicht zu beruhigen. Der Schwefeldunst legt sich wie ein Schleier vor die Sonne, in großen Mengen kühlt er das Klima. Für das bloße Auge bleibt er meist unsichtbar, Satelliten aber erfassen die SO2-Wolken, die bis auf das europäische Festland treiben.

Sie wecken Erinnerungen an Katastrophen. Am schlimmsten war es 1783 und 1784, als der isländische Vulkan Laki ebenfalls aus einer Spalte monatelang Lava und Gase spuckte. Ein Säurenebel legte sich über Nordwesteuropa. Zudem wurde der Kontinent von einem kalten Winter und Missernten heimgesucht. In Island starb ein Viertel der Bevölkerung an den Folgen der Eruption, auch in anderen Ländern kamen Tausende Menschen um.

Heiße Luftwirbel über dem Berg

Der Laki hat Schätzungen zufolge 122 Millionen Tonnen SO2 ausgestoßen, also mehr als das Sechzigfache der bisherigen Menge des Bárdarbunga. Und der Laki-Ausbruch verlief weitaus dynamischer, täglich setzte er rund 500.000 Tonnen SO2 frei. Die Eruption des Bárdarbunga müsste also noch weitaus stärker werden und lange andauern, um ähnlich bedrohlich zu werden wie das Jahrtausendereignis von 1783/84.

Mit den größten Ausbrüchen des 20. Jahrhunderts aber kann der Bardarbunga schon jetzt konkurrieren. Der mexikanische El Chichón etwa schickte 1982 sieben Millionen Tonnen SO2 in die Luft, woraufhin sich das Klima weltweit abkühlte. Beim Ausbruch des philippinischen Pinatubo 1991 gelangten 20 Millionen Tonnen SO2 in die Atmosphäre. Die bodennahe Temperatur kühlte weltweit zwei Jahre durchschnittlich um ein halbes Grad ab - ein seltener Klimasturz.

Bis Weihnachten könnte der Bardarbunga die SO2-Menge des El Chichón übertreffen. Dennoch dürfte seine Klimawirkung einstweilen erheblich geringer ausfallen. Denn während El Chichón und Pinatubo Aschewolken bis in die Stratosphäre schleuderten, schwebt der Schwefeldunst des Bardarbunga großteils in Bodennähe. Dort waschen Niederschläge die Partikel aus der Luft; in der regenfreien Stratosphäre hingegen halten sich die Gase jahrelang.

Der Bardarbunga müsste mithin ein Vielfaches an SO2 ausspucken, um das Klima dauerhaft abkühlen zu können. Zwei Besonderheiten jedoch könnten seinen Effekt stärken: In hohen Breiten wie Island liegt die Stratosphäre mehrere Kilometer flacher als in den Tropen - Gase gelangen schneller hinein. Zudem entfachen auch Spalteneruptionen wie am Bardarbunga heiße Luftwirbel über dem Vulkan, die Gase bis in die Stratosphäre treiben können.

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