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Zoo Krefeld: Händler verkauft Himmelslaternen ohne Hinweis auf Verbot


Händler verkaufen Tausende Himmelslaternen ohne Verbotshinweis

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 14.01.2020Lesedauer: 4 Min.
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Eine brennende Himmelslaterne hat offenbar den verheerenden Brand im Affenhaus des Krefelder Zoos ausgelöst: Als Partyspaß werden die Laternen ohne Hinweise auf das Verbot verkauft.Vergrößern des Bildes
Eine brennende Himmelslaterne hat offenbar den verheerenden Brand im Affenhaus des Krefelder Zoos ausgelöst: Als Partyspaß werden die Laternen ohne Hinweise auf das Verbot verkauft. (Quelle: dpa-bilder)

Deutschlandweit dürfen keine Himmelslaternen mehr aufsteigen. Nach dem Brand im Zoo Krefeld rücken sie in den Blickpunkt: Wieso wurden sie bisher im großen Stil verkauft?

Sie stiegen beschrieben mit guten Wünschen fürs neue Jahr in den Himmel – und brachten mutmaßlich Orang-Utans, Flachlandgorillas und einigen anderen Tieren im Zoo Krefeld den Tod: fünf Himmelsballons aus Reispapier mit einem Brennelement mit offenem Feuer, im Internet gekauft. Einer davon setzte offenbar ein Plexiglas-Dach am Affenhaus in Brand, obwohl es deutschlandweit verboten ist, sie aufsteigen zu lassen. Anbieter verkaufen die Ballons ohne jeden Hinweis. Am Dienstag setzte das große Aufräumen ein.

Familie glaubte, Laterne sei erlaubt

Auch die Familie, die offenbar mit ihren Laternen den Brand ausgelöst hat, dachte sich nichts dabei. Die Laternen habe sie im Netz gekauft und sei davon ausgegangen, dass die Benutzung zu Silvester erlaubt ist, hieß es am Donnerstag in einer Pressekonferenz zum Brand. Sie wurden auch zum Teil auf den Verpackungen beworben als der "ideale Ersatz für lautes Feuerwerk".

"Es ist sehr anständig von der Familie, dass sie sich umgehend gemeldet hat und zu der Verantwortung bekennt", sagte Kripo-Sprecher Gerd Hoppmann. "Auf ihnen lastet jetzt großer Druck." Vier von fünf Laternen, die die Familie aufsteigen ließ, wurden gefunden.

real.de stoppte Verkauf schon am Morgen

Die Supermarktkette Real reagierte auf die Nachricht am schnellsten: Auf dem Online-Marktplatz von real.de, über den mehr als 5.000 Händler wie bei Ebay Artikel verkaufen können, wurden die Himmelslaternen der verschiedenen Anbieter am Donnerstagmorgen aus dem Sortiment genommen. "Ausgelöst durch die Diskussion im Zusammenhang mit dem tragischen Brandunglück in Krefeld haben wir entschieden, dass diese Artikel von Drittanbietern nicht länger Teil unseres Angebotes sind", so Sprecher Markus Jablonski.

Der erste Suchtreffer dort hatte zu Angeboten von trendmaus.de geführt – und hinter der "Trendmaus" steckt ein Unternehmen, das zuletzt in Deutschland im Netz unter den führenden Unetrnehmen beim Verkauf der leuchtenden Himmelskörper gewesen sein dürfte: die Alsino GmbH & Co. KG aus Fröndenberg im Kreis Unna.

"Schaffen Sie unvergessliche Momente in Ihrem Leben!", warb das Unternehmen auch am Donnerstag noch mit einem Foto von glühenden Himmelslaternen. Die Firma reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme: Die Geschäftsführung der dahinterstehenden Alsino Verwaltungs GmbH sei derzeit im Urlaub, so ein Mitarbeiter. Einer der Geschäftsführer steht zudem an der Spitze eines Unternehmens, das als Importeur Himmelslaternen auch an andere Händler verkauft. Verkauf und Besitz sind auch völlig legal – das Verbot betrifft nur, sie ihrer Bestimmung entsprechend zu nutzen.

Unternehmen warb auf den großen Plattformen

Wer bei real.de, Ebay oder Amazon nach Himmelslaternen suchte, kam in den vergangenen Tagen nicht an Alsino vorbei. Bei Amazon und Ebay wurden die Himmelslaternen des Unternehmens auch beworben, um auf den ersten Plätzen zu erscheinen. Ein Zähler von Ebay, der alle bisherigen Verkäufe anzeigt, meldet Tausende Verkäufe von Sets mit den Skylaternen, trendmaus.de hat demnach allein dort in den vergangenen Jahren eine fünfstellige Zahl an Ballons verkauft. Am Donnerstag Nachmittag verschwanden die Angebote aber auch dort Zug um Zug. Auch auf der eigenen Homepage waren sie nicht mehr verfügbar.

"DAS Highlight auf jeder Hochzeitsfeier, Geburtstagsparty und Firmenveranstaltung", hieß es zuvor in der Beschreibung bei Ebay. Hinweise zum Verbot in Deutschland? Fehlanzeige. "Entsprechen den europäischen Richtlinien", stand nur im Beschreibungstext. Bei Amazon fanden sich kritische Bewertungen, in denen Käufer auf den fehlenden Hinweis auf Verbote aufmerksam machten. Zwischenzeitlich hat das Unternehmen zumindest per Anwalt mitgeteilt, mit der Lieferung erhielten Kunden den Hinweis, sich über die gesetzliche Situation zu informieren.

Bei real.de verwies Sprecher Jablonski auf einen Warnhinweis zu Brandgefahren. Der fand sich in der Produktbeschreibung bei einem anderen Anbieter: "Wir empfehlen, die Himmelslaterne an einer Drachenschnur zu befestigen, um den Flug des Skyballons besser kontrollieren zu können." Bei diesem Anbieter erfuhren Kunden auch vor dem Kauf: "Das Benutzen von Himmelslaternen ist in Deutschland in fast allen Bundesländern verboten. Bitte informieren Sie sich über die Bestimmungen in Ihrem Bundesland!"

Verbot gilt auch in Mecklenburg-Vorpommern

Allerdings gibt es in Deutschland offenbar kein Bundesland, in dem die Ballons aufsteigen dürfen. Die 16 Bundesländer sind für die Verbote jeweils selbstständig verantwortlich. In der Wikipedia fand sich ein Hinweis, dass das 2009 überall erlassene Verbot in Mecklenburg-Vorpommern gelockert worden sei.

Diese Information hatte sich auch direkt nach dem Brand weit verbreitet. "Wir wissen nicht, woher das kommt", sagte eine Sprecherin des Schweriner Innenministeriums zu t-online.de. "Es ist in Mecklenburg-Vorpommern verboten und wird geahndet, wie in anderen Bundesländern auch." Den Ballon mit offenem Feuer an eine Drachenschnur angebunden aufsteigen zu lassen, sei ebenso verboten.

Bei der Deutschen Flugsicherung hat die Zahl der Anfragen zu Himmelslaternen stark nachgelassen, seit sie durch die Länder wegen Brandgefahr verboten wurden: 300 gab es im Jahr 2019, erklärte eine Sprecherin t-online.de. Zuständig ist die Behörde für die sogenannten kontrollierten Lufträume, also das direkte Umland der großen Flughäfen.

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In diesen Fällen werden Anträge sofort abgelehnt. In den anderen Fällen hat die Flugsicherung keine Entscheidungsbefugnis. Antragsteller erhalten die Information, sich an die Ordnungsbehörden zu wenden. "Außerdem weisen wir sowohl auf unserer Website als auch in den Informationsschreiben auf die Brandgefahr und die Tatsache hin, dass in den allermeisten Bundesländern die Himmelslaternen verboten sind." Auch die Flugsicherung hat aber keine Erkenntnis, ob und wo in Deutschland es noch erlaubt sein könnte.

Feuerwehrverband: "Verbot hat sich bewährt"

Auch der Deutsche Feuerwehrverband hat keine Erkenntnisse, wo in Deutschland das Aufsteigen legal ist. "Das Verbot hat sich auch sehr bewährt und seinen Zweck erfüllt", so Carsten Pix, Referent für Feuerwehrwesen bei dem Verband. Spektakuläre Brände durch Himmelskörper seien ihm seit dem Verbot nicht bekannt – bis zum Brand im Krefelder Zoo.

Dieser Artikel wurde mit der Information aktualisiert, dass Himmelslaternen nicht nur bei real.de aus dem Sortiment verschwinden. Nachträglich eingefügt wurden auch Klarstellungen, dass die Zahl des Zählers bei Ebay sich nicht allein auf den Silvesterzeitraum bezieht und dass das Unternehmen nach seinen Angaben Kunden mit den Himmelslaternen auch Hinweise liefert, die rechtliche Situation zu beachten.

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